Wie viele Verfassungsbeschwerden gibt es im Jahr und wer kann sie erheben?

Das Bundesverfassungsgericht erhält im Jahr um die 6.000 Verfassungsbeschwerden. Die allermeisten davon werden schon durch Nichtannahme erledigt. Die Verfassungsbeschwerden werden von Grundrechtsträgerinnen und -trägern erhoben, das sind neben natürlichen Personen nach Art. 19 Abs. 3 GG auch inländische juristische Personen, soweit Grundrechte betroffen sind, die ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

 

Was sind Beispiele für aktuelle Verfassungsbeschwerden, die beim Bundesverfassungsgericht eingegangen bzw. die sogar entschieden worden sind?


November 2021:


Verfassungsbeschwerde bezüglich Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen in der „Bundesnotbremse“
Die im November 2021 entschiedenen Verfassungsbeschwerden gegen die für einen Zeitraum von gut zwei Monaten eingeführten bußgeldbewehrten Ausgangsbeschränkungen sowie bußgeldbewehrten Kontaktbeschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie blieben vor dem Bundesverfassungsgericht erfolglos.
Grund war: Die hier zu beurteilenden Kontakt- und selbst die Ausgangsbeschränkungen in der äußersten Gefahrenlage der Pandemie waren mit dem Grundgesetz vereinbar; insbesondere waren sie trotz des Eingriffsgewichts verhältnismäßig.
Soweit in diesem Verfahren weitere Maßnahmen des Gesetzes zur Eindämmung der Pandemie angegriffen wurden, wie etwa die Beschränkungen von Freizeit- und Kultureinrichtungen, Ladengeschäften, Sport und Gaststätten, war die entsprechende Verfassungsbeschwerde nicht zulässig erhoben.

 

Februar 2022:


„Klimaklagen“ gegen bestehende Klimaschutzgesetze der Bundesländer
Anfang diesen Jahres hat das Bundesverfassungsgericht die Anträge von Deutscher Umwelthilfe und mehreren jungen Menschen gegen die Klimaschutzmaßnahmen der Bundesländer oder deren gänzliches Fehlen zurückgewiesen. Dort wollten die Antragsteller geltend machen, dass ihre zukünftige Freiheit nicht ausreichend geschützt werde und hohe Belastungen auf sie zukommen würden, weil die Länder die Treibhausgase nicht gut genug reduzieren würden. Da aber nicht feststeht, welches Land wann wie viel CO2 einzusparen hat, mussten diese Verfassungsbeschwerden scheitern. Und allein die Tatsache, dass ein Landesgesetz hierzu fehlt, begründet noch keine Verfassungsbeschwerde, da eine Regelung auf Bundesebene hier ausreichend sei.



Februar 2022:


Verfassungsbeschwerde zum Volksbegehren Mietenstopp
In Bayern hat es ein Volksbegehren für einen sechsjährigen Mietenstopp gegeben. Dies ist jedoch nicht zustande gekommen, der Bayrische Verfassungsgerichtshof argumentierte, dem Land fehle hierfür die Gesetzgebungskompetenz. Das Mietrecht sei Sache des Bundes und bayrische Volksbegehren seien nur für Landesgesetze zulässig.
Die hiermit im Zusammenhang stehende Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, da die Beschwerde der Antragsteller unbegründet sei. So entschied das Bundesverfassungsgericht Anfang Februar 2022. Auch hier fanden die Unterstützer des Volksbegehrens also keine Unterstützung.

 

Ausstehend bis Mitte März 2022:


Verfassungsbeschwerde gegen die im Dezember 2021 beschlossene Impfpflicht für Beschäftigte im Gesundheitswesen
Beim Bundesverfassungsgericht sind seit Mitte Dezember 2021 insgesamt 74 Verfassungsbeschwerden von ca. 300 Beschwerdeführern gegen die Corona-Impfpflicht für Gesundheits- und Pflegepersonal eingegangen. Zuständig sind die Richterinnen und Richter des ersten Senats. Mit einer Entscheidung über zumindest die Eilanträge ist wohl bis spätestens Mitte März, wenn die Impfpflicht zu gelten beginnen soll, zu rechnen. Ab dann müssen Betroffene nämlich nachweisen, dass sie voll geimpft oder kürzlich genesen sind, oder aber ärztlich nachweisen, dass sie nicht geimpft werden können. Durch die Entscheidung über die Eilanträge kann ggfs. eine Aussetzung der Umsetzung erreicht werden, bis im Hauptverfahren eine abschließende Entscheidung getroffen wird. Bei der Entscheidung wird die Abwägung widerstreitender Interessen eine Rolle spielen: Die Impfpflicht soll alte und geschwächte Menschen vor einer Ansteckung schützen. Solche Menschen haben ein besonders hohes Risiko haben, dass die Krankheit schwer oder sogar tödlich verläuft.

Für allgemeine Informationen zur Verfassungsbeschwerde verweisen wir Sie gerne auf unseren gesonderten Blogbeitrag zu diesem Verfahren.

Ihr Team der Akademie Kraatz und der Assessor Akademie

 

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