Unsere hier dargestellten Erkenntnisse beruhen sowohl auf eigener als auch auf der Erfahrung unserer Teilnehmerinnen und Teilnehmer. 



Wie relevant ist aktuelle Rechtsprechung in Ihrem Jura Examen?

Sowohl im Studium als auch im Referendariat herrscht der Mythos vor, dass Du vor Deinem Examen "ganz viel" aktuelle Rechtsprechung gelesen, verstanden und sogar auswendig gelernt haben solltest, um Erfolg zu haben. Ist das wirklich so oder handelt es sich um einen weit verbreiteten Irrglauben?

Als erstes ist zu sagen: Die Systematik gründlich zu beherrschen ist wichtiger als um jeden Preis noch jede Rechtsprechung zu lesen, die vor dem Examenstermin veröffentlicht wird. Mit der Systematik und dem juristischen Handwerkszeug kann man jeden fremden Fall gut durchlösen und ist auf der sicheren Seite. Das kann man bei Rechtsprechungskenntnis nicht behaupten, diese wird im Zweifel in unbekannten Fällen nicht weiterhelfen.

Wenn man sich nur an auswendig gelernter Rechtsprechung festhält, läuft man zudem der Gefahr, die Argumente des BGH beispielsweise blind wiederzugeben, dabei hat das GJPA möglicherweise an einer kleinen Stellschraube im Sachverhalt gedreht und so den Fall für das Examen komplett umkonstruiert, sodass die gelernte Rechtsprechung bei der Lösung des Falles nicht weiterhilft.

Die Frage ist auch, was unter aktueller Rechtsprechung zu verstehen ist. Die Klausurersteller werden die neueren Rechtsprechungen nicht sofort in den Examensklausuren verarbeiten können, wenn sie es denn überhaupt tun. Falls eine Fallkonstellation im Examen an eine neuere Rechtsprechung anknüpft, ist diese auch mind. ein halbes Jahr alt, denn es braucht einige Zeit, eine Klausur auf Examensniveau zu erstellen und so ist es schon rein organisatorisch gar nicht möglich, dass die Prüfer einen Fall, der möglicherweise erst wenige Wochen vor Ihrem Examen entschieden wurde, abprüfen werden.

Aber aufgepasst: Anders ist dies natürlich in der mündlichen Prüfung. Hier ist der Prüfer je nach seinem Gemüt und Belieben frei, darüber zu entscheiden, auf welche Rechtsprechung er Bezug nimmt und wie er seinen Fragestil gestaltet. Hier sollten Sie also auch mit Bezugnahmen auf aktuellere Rechtsprechungen rechnen bzw. darauf eingestellt sein und sich nicht aus der Fassung bringen lassen. Aber auch hier werden Sie nicht durchfallen, wenn Sie von einer Entscheidung vielleicht noch nichts gehört haben, denn mit der richtigen Herangehensweise und den juristischen Auslegungsmethoden können Sie sich immer auch eigene Argumente herleiten, die Sie dem Prüfer präsentieren.

 

Zusammenfassung

Als Fazit können wir also festhalten, dass aktuelle Rechtsprechung, wenn Sie nur „weit genug“ zurück liegt und von den Klausurerstellern berücksichtig werden konnte, von einer gewissen Relevanz sein kann; allerdings sollten Sie, wenn Sie sich auf neuere Rechtsprechung vorbereiten möchten, keinesfalls andere wichtigere Lernaspekte wie das juristisch systematische Lösen unbekannter Fälle vernachlässigen.

Schauen Sie sich hierzu gerne auch unser entsprechendes YouTube-Video an:


Ihr Team der Akademie Kraatz

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