Sachverhalt

Gläubiger kauft bei Schuldner in München Porzellangeschirr und verlangt vom Schuldner, dass er diese nach Berlin sendet. Der Schuldner willigt ein und übergibt das Geschirr einer Transportperson, die es nach Berlin bringen soll. Auf der Fahrt zerstört die Transportperson fahrlässig das Geschirr.
Welche Ansprüche hat nun der Schuldner gegen die Transportperson?

 

Lösungsskizze

A. Anspruch des Schuldners gegen die Transportperson auf Schadensersatz gem. §§ 280 I, III 282 BGB iVm dem Grundsatz der Drittschadensliquidation

I. Schuldverhältnis = Frachtvertrag (+)

II. Pflichtverletzung (hier einer nicht-leistungsbezogenen Pflicht)
→ Transportperson hat die Pflicht, sorgfältig mit dem Eigentum des Schuldners umzugehen und dieses nicht zu beschädigen bzw. zu zerstören (Schuldner ist noch Eigentümer, da noch kein unmittelbarer Besitzerwerb beim Gläubiger)

III. Vertretenmüssen

IV. Schaden (-)
Schuldner hat keinen Schaden, da er vom Gläubiger den Kaufpreis für das Geschirr verlangen kann, und zwar trotz Zerstörung des Geschirrs durch seine Transportperson, weil die Preisgefahr nach der Gefahrtragungsregel des § 447 BGB mit der Übergabe an die Transportperson schon auf den Gläubiger übergegangen ist.

An dieser Stelle kommt der Grundsatz der Drittschadensliquidation ins Spiel.

So könnte der Schuldner den Schaden des Gläubigers geltend machen, wenn die Voraussetzungen der Drittschadensliquidation vorliegen.

1. Schuldner hat Anspruch, aber keinen Schaden (+), Schaden aufgrund Zerstörung des Geschirrs, kein Schaden, da Gefahr bereits auf Gläubiger übergegangen ist

2. Gläubiger hat einen Schaden, aber keinen Anspruch (?)
Gläubiger könnte einen Anspruch gegen den Schuldner aus §§ 280 I, III, 283 BGB haben, wenn die Transportperson Erfüllungsgehilfe des Schuldners iSd § 278 BGB wäre. Erfüllungsgehilfe ist, wer im Rechts- und Pflichtenkreis des Geschäftsherrn (Schuldner) tätig wird. Bei einer Schickschuld umfasst der Pflichtenkreis des Schuldners jedoch nur die Übergabe an eine geeignete Transportperson, nicht auch den Transport an sich. Damit hat der Schuldner seine Leistungspflicht bereits mit Übergabe an die Transportperson erfüllt, sodass die Transportperson auch kein Erfüllungsgehilfe ist.

3. Zufällige Schadensverlagerung aufgrund Gesetzes (Gefahrtragungsregel des § 447 BGB beim Versendungskauf)
Hier könnte sich der Schaden zufällig bereits auf den Gläubiger verlagert haben. Durch die Übergabe an die Transportperson geht die Preisgefahr nämlich bereits auf diesen über, der Schuldner ist ab diesem Zeitpunkt wegen § 447 BGB von der Gefahr des zufälligen Untergangs der Sache (Preisgefahr) entlastet.

Die Voraussetzungen der Drittschadensliquidation sind erfüllt, sodass der Schuldner den Schaden des Gläubigers gegenüber der Transportperson geltend machen kann.

V. Ergebnis:
Der Schuldner hat einen Schadensersatzanspruch gegen die Transportperson aus §§ 280 I, III, 282 BGB iVm dem Grundsatz der Drittschadensliquidation.


B. Anspruch des Schuldners gegen die Transportperson auf Schadensersatz aus § 823 I BGB iVm dem Grundsatz der Drittschadensliquidation

I. Rechtsgutsverletzung (+), Eigentum des Schuldners verletzt

II. Verletzungshandlung (+), Transport

III. Kausalität (+)

IV. Rechtswidrigkeit (+)

V. Verschulden

VI. Schaden

1. Der Schuldner hat einen Anspruch, aber keinen Schaden (+), s.o.

2. Der Gläubiger hat einen Schaden, aber keinen Anspruch (+), s.o.

3. Zufällige Schadensverlagerung aufgrund Gesetzes (Gefahrtragungsregel des § 447 BGB beim Versendungskauf)

VII. Ergebnis:
Der Schuldner hat einen Anspruch auf Schadensersatz gegenüber der Transportperson gem. § 823 I BGB iVm dem Grundsatz der Drittschadensliquidation.


Ihr Team der Akademie Kraatz und der Assessor Akademie 

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