Wann liegt eine Gesamtschuld tatbestandlich vor?

Eine Gesamtschuld liegt dann vor, wenn mehrer Personen eine Leistung in der Weise schulden, dass jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger die Leistung aber nur einmal zu fordern berechtigt ist, § 421 S. 1 BGB.

 

Was folgt aus dem Vorliegen einer Gesamtschuld für Gläubiger und Schuldner?

Der Gläubiger kann die Leistung von jedem Schuldner ganz oder nur teilweise fordern. Sämtliche Schuldner bleiben so lange zur Bewirkung der Leistung verpflichtet, bis die gesamte Leistung erbracht wurde, § 421 S. 2 BGB.



Was bewirkt die Leistung durch einen der Gesamtschuldner?

Die Bewirkung der Erfüllung durch einen Gesamtschuldner wirkt auch für die übrigen Schuldner, d.h. durch die Erfüllung durch nur einen Gesamtschuldner werden die übrigen Gesamtschuldner „wie durch Erfüllung“ frei, sind also nicht mehr zur Leistung verpflichtet. Allerdings besteht der Anspruch gegen die übrigen Gesamtschuldner fort, er steht nun jedoch dem leistenden Gesamtschuldner zu, § 426 II S.1 BGB. Durch seine Leistung ging die Forderung des Gläubigers zu Regresszwecken auf ihn über.

 

Gesetzliche Fälle der Gesamtschuld, von denen Sie gehört haben sollten

- § 769 BGB bei der Bürgschaft (Mitbürgen haften als Gesamtschuldner)
- § 840 I BGB bei der Haftung mehrerer aus unerlaubter Handlung
- § 2058 BGB bei der Haftung der Miterben für Nachlassverbindlichkeiten
- § 115 I S. 4 VVG bei der Haftung des Pflichthaftpflichtversicherers neben dem ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer)
- § 128 HGB bei der Haftung der persönlichen haftenden Gesellschafter einer Personengesellschaft



Ausgleich im Innenverhältnis der Gesamtschuldner

Wer als Gesamtschuldner eine Verpflichtung ganz oder zumindest zum Teil erfüllt, befreit insoweit die übrigen Gesamtschuldner im Außenverhältnis zum Gläubiger, § 422 I BGB.

Dem leistenden Gesamtschuldner stehen dann wegen seiner Leistung verschiedene Ausgleichansprüche zu:

→ Regressanspruch gegenüber den übrigen Gesamtschuldnern gem. § 426 I BGB (= eigenständige Anspruchsgrundlage)
Der Anspruch eines Gesamtschuldners gegen seine Mitschuldner entsteht schon im Zeitpunkt der Entstehung der Gesamtschuld an sich und ist dann erst einmal auf Mitwirkung jedes Mitschuldners auf Befriedigung des Gläubigers gerichtet. Nachdem ein Gesamtschuldner geleistet hat, wandelt sich der Anspruch inhaltlich um und ist dann auf anteilsmäßige Erstattung der Leistung gegenüber den anderen Gesamtschuldnern gerichtet.

→ § 426 II BGB regelt zur Bestärkung dieses Regressrechts des leistenden Gesamtschuldners, dass die im Außenverhältnis zum Gläubiger bestehenden Ansprüche des Gläubigers gegen die anderen Mitschuldner auf den Leistenden übergehen, und zwar in der Höhe der Ausgleichsquote (gesetzlicher Forderungsübergang = „cessio legis“). Die Ausgleichsquote ist die Höhe der Regressforderung des Leistenden und bestimmt sich nach der im Innenverhältnis vereinbarten vertraglichen Bestimmung.
Aus § 426 II BGB ergibt sich also ein zweiter Anspruch des Gesamtschuldners aus gesetzlich übergeleitetem Recht des Gläubigers.

→ jenseits der Regelungen zur Gesamtschuld aus §§ 421 ff. BGB können dem leistenden Gesamtschuldner vertragliche oder gesetzliche Ansprüche, z.B. aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherungsrecht, zustehen.

Ihr Team der Akademie Kraatz und der Assessor Akademie

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