An die institutionelle Garantie der kommunalen Selbstverwaltung knüpft die Beibehaltung bestimmter Pflichten an. Daraus ergibt sich die folgende Frage:


 

Welchen Aufgaben darf die Gemeinde sich nicht entledigen (also auf Private abwälzen), weil sie in ihren genuinen Aufgabenbereich fällt?

Diese Frage kann für die kommunalrechtliche Verwaltungsrechtsklausur höchst relevant werden. Sie sollten sich daher mit den Grundlagen der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung auskennen. 

 

Begriff der öffentlichen Einrichtung 

Eine öffentliche Einrichtung im Bereich der Leistungsvewaltung wird immer dann angenommen, wenn die Gemeinde im Bereich der Daseinsvorsorge einen Sachbestand im öffentliche Interesse unterhält und durch einen Widmungsakt der allgemeinen Benutzung zugänglich macht. Der Widmungsakt wirkt bei Einrichtungen anders als im Straßenrecht nicht dinglich, d.h. eine Einrichtung wird nicht aus einem zivilrechtlichen in ein öffentlich-rechtliches Nutzungsregime überführt. Die Widmung hat nur den Zweck, den zulassungspflichtigen Leistungszweck der kommunalen Einrichtung festzulegen. Die Festlegung des Leistungszwecks kann ebenfalls anders als im Straßenrecht, wo ein ausdrücklicher Verwaltungsakt notwendig ist, auch nur konkludent möglich sein, bspw. durch schlüssiges Handeln der Gemeinde, woraus ihr Wille erkennbar wird, die Einrichtung der allgemeinen Benutzung zur Verfügung zu stellen. 

Öffentliche Einrichtungen können Kindergärten, Schulen, Freibäder oder Märkte sein. 


 

Begriff der traditionellen Einrichtungen des örtlichen Wirkunsgkreises

Bei der Übertragung der Wahrnehmung von Selbstverwaltungsaufgaben auf Private ist zu beachten, dass die Verfassung in Art. 28 II 1 GG die kommunale Selbstverwaltungs garantiert. Diese Garantie hat verschiedene Wirkungsrichtungen: Zum einen hat die Gemeinde das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verwantwortung zu regeln. Dieser Aufgabenbereich ist den Gemeinden in eigener und freier Verantwortung zugesichert (Schutzwirkung). Zum anderen soll nicht nur vor Eingriffen von Bund und Ländern geschützt werden, sondern auch eine Pflicht zur gemeindlichen Wahrung und Sicherung des eigenen Aufgabenbestandes begründet werden (institutionelle Garantiewirkung). Die Gemeinde soll gebunden sein, den Kernbestand ihres Aufgabenbereichs in Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft aufrechtzuerhalten. Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft sind diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder zu ihr einen spezifischen Bezug haben. Sie betreffen das Zusammenleben und Zusammenwohnen der Menschen in der politischen Gemeinschaft. 


 

Was folgt daraus für die Übertragung von Aufgaben auf Private? 

Der Gesetzgeber hat in Bezug auf kommunale Einrichtungen festgelegt, dass die Gemeinde die Aufgabe hat, entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit die erforderlichen wirtschaftlichen, sozialen, sportlichen und kulturellen Einrichtungen für die Gemeindebewohner bereitszustellen. Er darf diese inhaltichen Vorgaben machen, sofern er sie aufgrund von Gemeinwohlbelangen für erforderlich hält. 

Folglich steht es nicht im freien Ermessen der Gemeinde, Selbstverwaltungsangelegenheiten aufzugeben oder abzugeben, also sich ihnen jederzeit zu entledigen. Bei Aufgaben des örtlichen Wirkungskreises muss die Gemeinde zum Wohle der Gemeindeangehörigen diese übernehmen. Sie wurden der Gemeinde zu diesem Zwecke anvertraut und der Inhalt der kommunalen Selbstverwaltung sieht nicht vor, dass dieser anvertraute Aufgabenbereich beliebig durch Entscheidung der Gemeinde unterlaufen werden kann (genuiner Verantwortungsbereich). Der Gemeinde soll es verwehrt sein, den Inhalt der Selbstverwaltungsgarantie selbst zu beschneiden. Damit ist eine vollständige Entlassung einer traditionellen Leistungseinrichtung des örtlichen Wirkungskreises in das Privatrecht nicht möglich. 

Will die Gemeinde dennoch Dritte in Angelegenheiten des örtlichen Wirkungskreises einbeziehen, muss sie sich Einwirkungsmöglichkeiten vorbehalten und so ihren Einflussbereich behalten. In welcher Form sie sich dabei ihren Einflussbereich auf die Aufgabenwahrnehmung vorbehält, steht in ihrem Ermessen. Dabei stehen ihr verschiedene Modelle zur Verfügung, siehe auch passender Blogbeitrag zum Thema der Organisationsformen öffentlicher Einrichtungen. Dabei muss in der Klausur genau differenziert werden, ob es sich tatsächlich um eine solche Angelegenheit handelt. Sie muss nämlich wie oben definiert gerade in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder einen spezifischen Bezug haben und das Zusammenleben der Einwohner in der politischen Gemeinschaft betreffen. Zur Veranschaulichung: Das ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn es um Einrichtungen mit kulturellem, sozialen und traditionsbildendem Hintergrund geht, die schon lange Zeit in der Alleinverantwortung der Gemeinde standen, nicht jedoch bei einer rein wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinde. Der Gemeinde obliegt besonders dann die Sicherung ihres Aufgabenbereichs, wenn es sich um die Gemeinde prägende ureigene Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft handelt, etwa ein tradtitionsreicher Weihnachtsmarkt. 


 

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