Auch das Mängelgewährleistungsrecht ist in seinen Rechtsfolgen auf die Beseitigung des Primäranspruchs gerichtet, so wie aus die Anfechtung. Wenn eine Sache mangelhaft ist, kann man seitens des Käufers auch einen Irrtum nach § 119 II BGB annehmen, da die Mangelhaftigkeit einer Sache als solche Eigenschaft gilt, die im Verkehr als wesentlich angesehen wird. Daher stellt sich auch zwischen diesen Rechtsinstituten, Anfechtung und Mängelgewährleistung, die Frage nach der Konkurrenz.

 

Konkurrenz von Anfechtung nach § 119 II BGB und Mängelgewährleistungsrecht

Bei einem Irrtum des Käufers über die Mangelhaftigkeit der Sache scheidet eine Anfechtung nach § 119 II BGB aus, das Regelungsregime des Mängelgewährleistungsrechts ist dann vorrangig.

Dafür sprechen mehrere Gründe:
 
  1.  Zum einen hat das Mängelgewährleistungsrecht mit § 438 BGB eine andere Verjährungsregelung als die Anfechtung. Nach § 438 I BGB verjähren die Gewährleistungsansprüche in 2 bzw. 5 Jahren ab Ablieferung der Sache, § 438 II BGB. Die Anfechtung nach § 119 II BGB ist bis zu 10 Jahre nach Abgabe der Willenserklärung möglich, § 121 II BGB.
     
  2. Weiterhin gilt im Mängelgewährleistungsrecht der Vorrang der Nacherfüllung. Wenn der Käufer bei Mangelhaftigkeit der Kaufsache anfechten könnte, würde das Fristsetzungserfordernis des §§ 437 Nr. 2, 323 I BGB und §§ 437 Nr. 3, 281 I BGB umgangen werden, was dem Verkäufer sein Recht zur zweiten Andienung nehmen würde.
     
  3. Außerdem ist die Mängelgewährleistung gem. § 442 I 1 und 2  BGB bei Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis des Mangels bei Vertragsschluss ausgeschlossen, sofern der Verkäufer den Mangel nicht arglistig verschwiegen oder eine Beschaffenheitsgarantie für die Sache übernommen hat. Eine ähnlichen Ausschlussgrund gibt es bei der Anfechtung nicht. Würde man eine Anfechtung also neben der Mängelgewährleistung zulassen, unterliefe man die Wertung des § 442 I 2 BGB.

Im Ergebnis stehen dem Käufer also bei Mangelhaftigkeit der Kaufsache nach Gefahrübergang nur die Mängelgewährleistungsrechte zu, nicht jedoch das Recht zur Anfechtung nach § 119 II BGB.


 

Konkurrenz von Anfechtung nach § 123 BGB und Mängelgewährleistungsrecht

Etwas anders gilt bei der Anwendbarkeit der Anfechtung nach § 123 BGB neben der Mängelgewährleistung. Die Anfechtung wegen Drohung oder arglistiger Täuschung gem. § 123 BGB ist neben den Regelungen der Mängelgewährleistung anwendbar.
 
Grund dafür ist, dass der arglistig täuschende Verkäufer nicht den Schutz des Mängelgewährleistungsrechts verdient. Außerdem bestehen bei Arglist besondere Regelungen für die Mängelgewährleistung, sodass deren besonderen Voraussetzungen und Wertungen gar nicht durch die Anfechtung gem. § 123 BGB „umschifft“ würden:
 
  1. So ist die Geltendmachung von Mängelgewährleistungsrechten bei grob fahrlässiger Unkenntnis des Käufers dann nicht ausgeschlossen, wenn der Verkäufer den Mangel an der Kaufsache arglistig verschwiegen hat. Insofern kann er sich auf seine Mängelgewährleistungsrechte berufen, die Wertung des § 442 I 2 BGB würde also im Falle der Anfechtung nach § 123 BGB nicht umgangen.
     
  2. Zudem sieht § 438 III BGB vor, dass bei arglistiger Täuschung die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB gilt, anders als in Fällen des § 438 I und II BGB.
     
  3. Auch die Pflicht zur Nachfristsetzung ist bei der arglistigen Täuschung gem. § 440 I Var. 3 BGB regelmäßig unzumutbar und damit entbehrlich, sodass auch das Recht zur zweiten Andienung durch Anwendung der Anfechtung nach § 123 BGB nicht umgangen würde.

Ihr Team der Akademie Kraatz und der Assessor Akademie

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