Was sind die Defizite, die das Jurastudium aufwirft und wie können Sie die Lücken, die daraus resultieren, vielleicht aus eigener Initiative füllen? Mit dieser Liste sollen Sie ein Gespür dafür bekommen, worauf es beim Juristsein neben dem Lernen ankommt, und was davon vielleicht nicht im Rahmen des Jurastudiums erlernt werden kann.

 

1. Fokus liegt auf der Vermittlung hochwissenschaftlichen „Theoriewissens“

In den Vorlesungen, die den Großteil der Lehre an der Uni ausmachen, wird den Studentinnen und Studenten von den Professoren juristisches Wissen vermittelt, das sich zum Teil auf wissenschaftlich höchstem Niveau bewegt. Das liegt in der Natur der Professoren, diese forschen auf ihrem Gebiet zu Spezialthemen, schreiben Rechtsgutachten, Kommentare, Aufsätze in anerkannter rechtswissenschaftlicher Literatur hierzu. Das führt jedoch zwangsläufig dazu, dass eine gewisse Entkoppelung vom Wissensstand der Studierenden stattfindet. Diese kommen in den allermeisten Fällen ohne jedes Basiswissen an der Universität an und haben als oberstes Ziel, Klausuren und schließlich Staatsexamen zu bestehen. Dafür nützt ihnen abstraktes Wissen allein nicht ausreichend viel, auch die eher praktisch orientierten AGs machen neben den Vorlesungen einen eher kleinen Teil der Lehre aus.

 

2. Zu wenig Klausurentraining / Anwendung des Gutachtenstils

Das Jurastudium enthält eigentlich wenig Klausuren. Studenten werden hier gerne widersprechen, denn die Klausuren, die geschrieben werden, sind anspruchsvoll genug und es braucht einiges an Zeit und Aufwand, sich adäquat darauf vorzubereiten. Doch oftmals sind die Klausuren so umfangreich und decken so viele Rechtsgebiete gleichzeitig und dafür nur an der Oberfläche ab, dass man sich gezwungen fühlt, nur auf Zeit zu lernen und nicht „fürs Examen“. Weil die Angst vor dem Durchfallen so groß ist und die Anzahl der Klausuren insgesamt so gering, ist es während des Studiums meist das einzige Ziel, sich einigermaßen erfolgreich von Klausurenphase zu Klausurenphase zu hangeln. Dabei kommen Grundkompetenzen des Jurastudiums wie die konsequente Anwendung des Gutachtenstils zu kurz.

 

3. Umgang mit Fällen wird nicht ausreichend geschult

Zwar werden in den Vorlesungen Beispielfälle zur Illustrieren des präsentierten Wissens angerissen und mündlich vorgestellt. Dies ist jedoch für die wenigsten Studenten nachvollziehbar, da sie noch gar nicht ausreichend mit dem Prüfungsaufbau eines Falles und die generelle Herangehensweise vertraut sind. Wird nur frei von Fällen berichtet und wie diese richterlich entschieden worden sind, ist es für sie also kaum möglich, die notwendigen Zuordnungen zu einzelnen Prüfungsschemata herzustellen. Vielmehr ist es – so wie es in den AGs und Tutorien gehandhabt wird – notwendig, entlang eines klaren Prüfungsschemas strukturiert durchzugehen, wo welcher rechtliche Aspekt aufgegriffen und durchgeprüft werden muss und an welcher Stelle der Fallprüfung genau das Wissen der Vorlesung eigentlich abgehandelt werden muss. Dieser konkrete Fallbezug fehlt in vielen Vorlesungen.

(Fortsetzung folgt.)

Ihr Team der Akademie Kraatz und der Assessor Akademie

RSS Feed abonnieren