In Teil 1 unserer Liste an Kompetenzen, die im Jurastudium zu kurz kommen, haben wir uns bereits mit den Punkten der Theorielastigkeit, des mangelnden Klausurentrainings sowie des unzureichenden Umgangs mit juristischen Fällen auseinandergesetzt. Im Folgenden werden wir diese Liste um weitere untergehende Aspekte ergänzen, die Sie für sich auf dem Schirm haben sollten:

 

4. Methodenlehre wird höchstens am Rande behandelt

Die juristische Methodenlehre bezeichnet die wissenschaftliche Beschäftigung mit juristischen Methoden zur Begründung einer rechtlichen Entscheidung bzw. die grundlegende Vorgehensweise bei der Bearbeitung von juristischen Sachverhalten. Da die allermeisten Studierenden vor ihrem Studium noch keine oder wenig Berührungspunkte mit der juristischen Praxis gehabt haben werden, wäre es für alle von Vorteil, wenn man ihnen eine Einführung in die Methodenlehre des Rechts geben würde. Sonst könnte es ggfs. Semester oder Jahre dauern, bis sich das juristische Denken und die Vorgehensweise in Fallösungen ihnen erschließt. Themen wie Gutachtenstil, Urteilsstil, juristische Auslesungsmethoden zur Ermittlung des Sinnes eines Rechtssatzes, Subsumtionstechnik oder Rechtsfortbildungsmethoden sollten allen Jurastudenten geläufig sein, da es sich um immer wiederkehrende Anwendungstechniken des deutschen Rechts handelt.

 

5. Kompetenz im Umgang mit Menschen / Teamarbeit kommt zu kurz

Man findet im gesamten Jurastudium keine Elemente der Teamarbeit. Jeder Versuch eines Professoren, der in der Vorlesung kurze Zwischenpausen zur Besprechung seiner Fragestellung mit den Sitznachbarn lässt, wirken gekünstelt und konstruiert. Theoretisch kann man es durch das Jurastudium schaffen, ohne ein einziges mal mit einem Kommilitonen gesprochen oder in einer Vorlesung anwesend gewesen zu sein. Das Training im Umgang mit unterschiedlichen Menschen sowie das Arbeiten in Teams fällt hierbei unter den Tisch und kann von den einzelnen Mitstudierenden höchstens noch privat oder in Sonderprojekten (Ehrenämter, Austauschprojekte, AGs, etc.) geübt werden. Das ist deswegen problematisch, weil es in vielen juristischen Berufszweigen später primär auf den richtigen Umgang mit Menschen, ein gutes Teamverhalten sowie die Nahbarkeit für seinen Gegenüber ankommt: Der Jurist arbeitet in erster Linie für andere – er soll dem Laien dazu verhelfen, sich seiner Rechte bedienen zu können und Recht hierzu transparent und allgemein nachvollzi‚ehbar anwenden.

 

6. Keine Präsentationen / Vorträge zu juristischen Themen

Ähnliches gilt für die Rhethorikkünste, die im Jurastudium keinesfalls geschult werden. Höchstens in wahlweisen Seminaren für Zusatzkompetenzen wird es angeboten, Kurse zum Thema Rhethorik zu buchen, in Vorträge gehalten werden. Auch hier muss man sagen, dass das selbstsichere Auftreten vor Mandanten‚ oder gar vor Gericht, generell aber das selbstbewusste und geübte Sprechen vor einer Mehrheit von Menschen, in den juristischen Berufszweigen zu den Kernkompetenzen gehören dürfte. Alles Wissen kann am Ende niemandem nutzen, wenn man es nicht an notwendiger Stelle angemessen artikulieren kann. Das stille Lernen an der Universität, wo selbst in Vorlesungen kaum Raum für Interaktion oder akademische Gespräche ist, fördert die Rethorikkompetenz in keinem Fall. Hier kommt es ebenfalls auf die eigene Initiative der Studierenden an – dies kann schon im Kleinen beginnen, bspw. indem man sich eine Lerngruppe sucht, mit der man sich regelmäßig Wissensinhalte präsentiert und diskutiert.


Ihr Team der Akademie Kraatz und der Assessor Akademie 

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