Welche Haupt-Problemquellen gibt es bei der Prüfung einer Anfechtungsklage?


1. Problemquelle: Statthafte Klageart

Diese richtet sich nach dem Klagebegehren. Die Anfechtungsklage ist statthaft, wenn der Kläger die Aufhebung eines Verwaltungsaktes begehrt, § 42 I 1. Variante VwGO. Das Begehren des Antragsstellers herauszuarbeiten ist wesentlich für die Abgrenzung zur Verpflichtungsklage gem. § 42 I 2. Variante VwGO. 
Im Zusammenhang mit der statthaften Klageart kann das Problem der Anfechtbarkeit von Nebenbestimmungen auftreten. Je nach dem, wie man diese Frage bewertet, kann entweder die Anfechtungsklage (Nebenbestimmung wird isoliert angefochten) oder die Verpflichtungsklage (isolierte Anfechtbarkeit nicht möglich, daher Verpflichtungsklage auf Erlass eines Verwaltungsakts ohne die Nebenbestimmung statthaft) statthafte Klageart sein. Für die Problematik der isolierten Anfechtbarkeit von Nebenbestimmungen verweisen wir gerne auf den verlinkten Blogbeitrag.

 

2. Problemquelle: Klagebefugnis (besondere Sachurteilsvoraussetzung der Anfechtungsklage)

Bei der Klagebefugnis gilt es, präzise zu arbeiten. Gemäß § 42 II VwGO muss der Kläger geltend machen, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein. Es existieren mehrere Theorien, um die Klagebefugnis zu bestimmen: Möglichkeitstheorie (Kläger zur Klage befugt, wenn nach seinem substantiierten Sachvortrag zumindest die Möglichkeit besteht, dass er in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt ist. Mögliche verletzte Rechte sind entsprechend zu nennen), Adressatentheorie (Adressat eines belastenden Verwaltungsaktes immer zumindest möglicherweise in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 I GG verletzt) und Schutznormtheorie (Fälle einer Drittanfechtungsklage, d.h. Rechte Dritter sind berührt; typischer Fall ist die Baugenehmigung, die den Nachbar beeinträchtigt. Inhalt der Schutznormtheorie: Durch Auslegung der Norm ist zu ermitteln, ob die Norm nur die Allgemeinheit schützen will, oder auch Individualinteressen. Es ist weiterhin erforderlich, dass der Kläger zum geschützten Personenkreis gehört.).

 

3. Problemquelle: Vorverfahren (besondere Sachurteilsvoraussetzung der Anfechtungsklage)

Grundsätzlich ist vor Erhebung der Anfechtungsklage die erfolglose Durchührung eines Vorverfahrens bei der Behörde erforderlich, vgl. § 68 I 1 VwGO. In bestimmten Fällen ist das Vorverfahren entbehrlich, vgl. § 68 I S. 1  Nr. 1 und Nr. 2, S.2 VwGO. Diese Fälle sind unter dem Prüfungspunkt zu beachten, da ansonsten eine überflüssige und zudem sachlich falsche Prüfung der §§ 68 ff. VwGO erfolgt. 

Weiterhin können sich in Bezug auf das Vorverfahren Probleme mit der Widerspruchsfrist ergeben. Für diese gilt grundsätzlich die Monatsfrist des § 70 VwGO (ab Bekanntgabe des Verwaltungsakts).

Nach den §§ 70 II, 58 II VwGO verlängert sich Widerspruchsfrist auf ein Jahr, wenn die Rechtsbehelfsbelehrung im Ausgangsbescheid fehlt oder fehlerhaft ist.

Die Frist verlängert sich bis zum Ablauf des nächsten Werktags, wenn das Fristende auf ein Wochenende oder einen Feiertag fällt, § 222 II ZPO. 

Auch die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gemäß §§ 70 II, 60 VwGO muss beachtet werden, wenn die Frist ohne Verschulden versäumt wurde. 

Ein spezielles Problem stellt die sachliche Entscheidung der Behörde bei verfristeter Einlegung des Widerspruchs dar. Nach h.M. ist die Verfristung mit dem Erlass des Widerspruchsbescheids damit „geheilt“ und das Widerspruchsverfahren gilt als erfolglos durchgeführt. 

 

4. Problemquelle: Klagefrist (besondere Sachurteilsvoraussetzung der Anfechtungsklage)

Die Klagefrist ist in § 74 VwGO geregelt. Danach hat der Kläger ab Zustellung des Widerspruchsbescheides einen Monat Zeit, um Klage zu erheben.

Gemäß § 58 II VwGO verlängert sich die Klagefrist auf ein Jahr, wenn die Rechtsbehelfsbelehrung im Ausgangsbescheid fehlt oder fehlerhaft ist, vgl. auch Widerspruchsfrist. 

Die Frist verlängert sich bis zum Ablauf des nächsten Werktags, wenn das Fristende auf ein Wochenende oder einen Feiertag fällt, ​​​​§ 222 II ZPO, vgl. auch Widerspruchsfrist.

Auch hier kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt werden, § 60 VwGO. 

Um sich einen Überblick über die Klagearten zu verschaffen, die Ihnen im Verwaltungsrecht begegnen, empfehlen wir Ihnen unseren Blogbeitrag, der diese übersichtlich zusammenfasst. 

Ihr Team der Akademie Kraatz und der Assessor Akademie

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