Richtiges Zitieren in juristischen Arbeiten (Teil 1)
08.03.2024 | von Dr. Robert KönigHausarbeit, Seminararbeit, Studienarbeit, Bachelorarbeit & Masterarbeit
Egal, ob Du eine Hausarbeit, eine Seminararbeit, eine Studienarbeit im Schwerpunkt oder Deine Bachelor- bzw. Masterarbeit schreibst, musst Du die richtige Quellenarbeit und Zitierweise beherrschen. Beides sind wesentliche Punkte einer guten wissenschaftlichen Arbeitsweise. Fehler an dieser Stelle führen zwangsläufig zu einem (unnötigen) Verlust von Notenpunkten.Quellenarbeit und richtig zitieren
Eines vorweg: In der Rechtswissenschaft gibt es – anders als in vielen anderen Fachdisziplinen – nicht die eine Zitierweise. Beispielsweise sind beide folgenden Zitierweisen korrekt:- BVerfGE 100, 313 (362).
- Mustermann, in: Grüneberg, § 812 BGB Rn. 12.
Das oberste Gebot bei der Zitierweise ist die Einheitlichkeit. Man muss sich von Anfang an für ein und dieselbe Zitierweise entscheiden.
Empfohlene Zitierweise
Ich möchte Euch daher an dieser Stelle eine einheitliche Zitierweise empfehlen, die sich in meiner jahrelangen Arbeit als Lektor bewährt hat.1. Normen
Normen solltest Du so genau wie möglich und einheitlich zitieren. Dabei empfehle ich für Arbeiten im Jurastudium, die einer Seiten- oder Zeichenanzahl unterliegen, die Absätze nur mit I, II usw. zu bezeichnen, anstatt „Abs. 1“ oder gar „Absatz 1“ zu schreiben.- Absätze: römisch I, II usw. (nicht Abs. 1)
- Sätze: S. 1 (nicht Satz 1)
- Halbsätze: Hs. 1
- Alternativen: Alt. 1 (alternativ geht auch Var. für Variante)
Beispiele: § 1 I S. 1, Alt. 1 BGB; Art. 1 I GG.
2. Rechtsprechung
Eine saubere Zitierweise von Gerichtsentscheidungen enthält alle notwendigen Informationen, damit der Korrektor die jeweilige Entscheidung auffinden kann:Gericht, Entscheidungsform und Datum – Aktenzeichen:
Beispiel: BGH, Urteil vom 03.12.2015 – 4 StR 223/15.
Wenn das Urteil in amtlichen Entscheidungen oder wichtigen Zeitschriften abgedruckt ist, kann man dieses auch wie folgt zitieren:
Beispiel für eine amtliche Sammlung: BVerfGE 100, 313, 362.
Beispiel für eine Zeitschrift: BGH, NStZ 2016, 721.
3. Zeitschriften
Fachzeitschriften gebt Ihr wie folgt an:Nachname des Bearbeiters, Name der Zeitschrift + Jahr, Anfangsseite, Fundstelle.
Beispiel: Arnold, Jura 2002, 154, 156.
Den Bearbeiter setzte ich immer kursiv, da dies schöner aussieht und man sofort sieht, wer der Autor des jeweiligen Beitrags ist. Dies ist jedoch nicht zwingend. Wichtig ist aber auch hier, einheitlich zu verfahren, d.h. nicht einmal kursiv setzen und ein anderes Mal nicht.
Es wird im Übrigen immer nur der Nachname des Bearbeiters ohne Titel (Dr., Prof., LL.M. usw.) angegeben. Der Vorname wird zusätzlich nur dann angegeben, wenn zwei der im Literaturverzeichnis aufgeführten Autoren denselben Nachnamen haben.
Beispiel: Hans Mustermann, Jura 2022, 150,151 und Horst Mustermann, JuS 2024, 1, 2.
4. Lehrbücher
Bei Lehrbüchern mit einem längeren Titel solltet Ihr in den Fußnoten nur eine verkürzte Beschreibung wählen. Anstatt „Bürgerliches Gesetzbuch Allgemeiner Teil“ heißt es dann z.B. schlicht „BGB AT“.Nachnahme des Bearbeiters, Name des Buchs, Fundstelle
Beispiel: Wellenhofer, Sachenrecht, § 16 Rn. 26 f.
Skripte, auch wenn diese für die Klausurvorbereitung viel besser als Lehrbücher sind, darf man nicht zitieren. Aus Sicht der Uni gelten Skripte als „unwissenschaftlich“. Der vermeintlich „höhere“ wissenschaftlichen Nutzen des 10. Lehrbuchs zum Strafrecht AT kann an dieser Stelle dahinstehen …
Tipp: Nutzt Skripte bei der Erstellung der Lösungsskizze für die Hausarbeit. Dafür eigenen sie sich viel besser als die Lehrbücher, da Skripte fallorientierter aufgebaut sind.
5. Kommentare
Bei Kommentaren ist es empfehlenswert, den Namen des Kommentars zuerst zu nennen. Mitunter wird auch der Bearbeiter zuerst genannt (z.B. Bearbeiter, in: Grüneberg, § 662 BGB, Rn. 1), was jedoch unübersichtlicher wirkt und mehr Platz in Anspruch nimmt. Gerade bei Hausarbeiten kämpft man am Ende um jede Zeile an Extra-Platz, weshalb ich bei der Zitierweise immer eine kurze Form empfehle:Kommentarname/Nachnahme des Bearbeiters, § Gesetz Rn.
Beispiel: Grüneberg/Sprau, § 662 BGB Rn. 1.
Wenn hier z.B. Grüneberg selbst der Bearbeiter ist, setzt man den Namen kursiv:
Grüneberg, § 662 BGB Rn. 1.
Es ist wichtig, auch immer das konkrete Gesetz anzugeben, da einige Kommentare mehrere Gesetze enthalten.
6. Festschriften
Es ist ein verbreitetes Vorurteil, dass man in der Hausarbeit mindestens eine Festschrift angeben müsste. Letztlich ist die Art der Quelle nebensächlich, solange Du die von Dir verwendeten Quellen in Fußnoten nennst.Beiträge aus Festschriften (Gedächtnisschriften, Festgaben) werden wie folgt zitiert:
Nachnahme des Autors, Kurzbezeichnung des Titels, Name des Gefeierten bzw. der Einrichtung bzw. des Jubiläums, Anfangsseite, Fundstelle.
Beispiel: Hopt, in: FS Hans-Georg Koppensteiner, 61, 65.
7. Sammelwerke
Sonstige Sammelwerke, z.B. Handbücher, die keine Festschriften darstellen, werden wie folgt angegeben:Nachnahme des Autors, in: Herausgeber, Titel, Anfangsseite, Fundstelle.
Beispiel: Mustermann, in: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 110, 112.
Alternativ kann man hinter den Namen des Herausgebers (hier: Schmidt-Aßmann) noch in Klammer (Hrsg.) schreiben. Ich halte dies jedoch nicht für zwingend, zumal man den Herausgeber dann ohnehin noch im Literaturverzeichnis angibt. Im Hinblick auf die Platzersparnis lasse ich den Zusatz daher weg. Falls Ihr jedoch lieber (Hrsg.) angeben wollte, verfahrt Ihr wie folgt:
Beispiel: Mustermann, in: Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, S. 110, 112.
8. Gesetzgebungsmaterialien
Die Gesetzgebungsmaterialien (Drucksachen) sind wie Gerichtsentscheidungen nur in der Fußnote und nicht im Literaturverzeichnis zu nennen. Dabei sind diese möglichst präzise anzugeben. In Deutschland geläufig sind BT-Drs. (Bundesrat), BR-Drs. (Bundestag) und LT-Drs. (Bundesländer):Art der Drucksache, Wahlperiode/Nr., Seitenzahl.
Beispiel: BT-Drucks. 16/5049, S. 3.
9. Onlinequellen
Mit Onlinequellen solltest Du sporadisch umgehen. Zwar findest Du auch über Google und insbesondere Google Scholar viele Quellen. Achte aber darauf, nur wissenschaftliche Quellen zu nutzen.Bei Blogartikeln und sonstigen Online-Quellen musst Du vorsichtig sein. Selbst wenn diese im Einzelfall, z.B. Zeitungsartikel bei einem aktuellen Thema, zitierfähig sind, gehe sparsam hiermit um. Der Schwerpunkt Deiner Quellen sollte immer bei den streng wissenschaftlichen liegen. Dieses sind Fachaufsätze, Beiträge in Kommentaren und Sammelbänden, Monografien (insbesondere Doktorarbeiten; zitiere nicht aus sonstigen Abschlussarbeiten, die bei Anbietern wie dem GRIN Verlag publiziert werden) und natürlich Entscheidungen der Gerichte. Falls Du eine Online-Quelle zitierst, gehe wie folgt vor:
Nachnahme des Autors, Titel, abrufbar unter: URL.
Beispiel: Kuhn, Das Recht auf gute und schlechte Opposition, abrufbar unter: https://verfassungsblog.de/das-recht-auf-gute-und-schlechte-opposition/.
Das Datum des letzten Abrufs musst Du (anders als bei Fachaufsätzen, die kein Literaturverzeichnis enthalten) nicht in den Fußnoten angeben. Es reicht völlig aus, wenn Du das betreffende Datum im Literaturverzeichnis angibst.
Tipp: Scheibe einleitend folgenden Satz in Dein Literaturverzeichnis: „Sämtliche Online-Quellen wurden zuletzt am Datum XYZ abgerufen.“ Die verbreitete Praxis, hinter jede Online-Quelle im Literaturverzeichnis das Abrufdatum anzugeben, ist nicht zu empfehlen.
10. Mehrere Bearbeiter
Bei mehreren Bearbeitern innerhalb einer Quelle werden diese mit einem „/“ angegeben:Fiktives Beispiel: Musterfrau/Mustermann, NJW 2018, 200, 201.
11. Fußnoten enden mit einem Punkt
Des Weiteren solltest Du darauf achten, jede Fußnote mit einem Punkt zu beenden. Es mag kleinlich sein, aber Remonstrationen, die ich seit Jahren betreue, zeigen immer wieder, dass Korrektoren diesen Fehler anmerken. Wenn die Fußnote (oder auch ein Satz im Text) mit einem „ff.“ endet, ist jedoch nicht noch ein zweiter Punkt zu setzen. Diesen vermeidbaren Fehler sehe ich auch regelmäßig.12. Doppelte oder fehlende Leerzeichen
Du solltest doppelte oder fehlende Leerzeichen im Text und in den Fußnoten vermeiden. Ein beliebter Fehler ist das fehlende Leerzeichen zwischen Seitenzahl und Ziffer. So sieht „S.4“ genauso unschön aus wie „S. 4“) mit doppeltem Leerzeichen.Tipp: Lass Dir von Word die Absatzmarken und Leerzeichen anzeigen. Dies geht am schnellsten über die Tastenkombination strg + *.
13. Wörtliche Zitate
Sei mit wörtlichen Zitaten sparsam, da auch die „Profis“ in Fachaufsätzen und Kommentaren wenig bis gar nicht wörtlich zitieren. Dort, wo ein wörtliches Zitat notwendig ist, setze dieses im Text in Anführungszeichen und zusätzlich eine Fußnote mit der jeweiligen Quelle. Achte darauf, die Anführungszeichen unten und oben zu setzen. Mitunter setzt Word die Anführungszeichen nur oben, was der englischen Schreibweise entspricht, aber nicht der deutschen.14. Vgl.
Viele Studenten fragen sich, was es mit dem „Vgl.“ in Fußnoten auf sich hat. Vgl. ist die Abkürzung für „vergleiche“ und kennzeichnet eine Quelle, die nicht 100 % dasjenige belegt, was man im Text schreibt, jedoch diesen Gedanken in etwa wiedergibt.Warnung: In anderen Fachrichtungen (z.B. BWL) wird dies anders gehandhabt und jede indirekte Quelle (also alles außer wörtliche Zitate) mit einem „Vgl.“ versehen. Daher passt auf, wenn Ihr im Internet nach der richtigen Zitierweise sucht.
Fazit
Keep it simple. Entscheide Dich für eine übliche und vor allem einheitliche Zitierweise. Die Korrektoren mögen keine Experimente, sondern erwarten eine wissenschaftliche korrekte Darstellung der Quellen.Achte von Anfang an hierauf. Wenn Du zum Start Deines Studiums Zeit in die Erlernung der richtigen Quellenarbeit und Zitierweise investierst, rentiert sich dieses Wissen Dein gesamtes juristischen Leben über. Denn auch im Beruf müssen wir Juristen häufig zitieren und unsere Arbeit mit Quellen belegen. Dazu bieten viele Universitäten eine entsprechende Schulung an.
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Dr. Robert König
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