Das Handelsgesetzbuch (HGB) bildet das Fundament für zahlreiche Regelungen im deutschen Wirtschaftsleben. Ein zentrales Element dieses Gesetzbuchs, auch für die Jura Examensvorbereitung, ist die Prokura, die in diesem Blogartikel kurz behandelt wird. Das Ziel ist es, ein grundlegendes Verständnis für diese Form der Vertretung im Handelsrecht zu vermitteln.

1. Die Prokura: Einführung und Definition

Der Begriff "Prokura" hat lateinische Wurzeln und steht für "Vollmacht". Im HGB wird die Prokura als eine sehr umfassende Art der Vollmacht beschrieben, die dem Prokuristen erlaubt, sowohl gerichtliche als auch außergerichtliche Geschäfte im Namen des Unternehmens zu tätigen (§ 48 HGB). Im Gegensatz zur einfachen Handlungsvollmacht (§ 54 HGB), die auf Geschäfte eines konkreten Handelsgewerbes begrenzt ist, gewährt die Prokura dem Bevollmächtigten die entsprechende Vollmacht, alle Geschäfte zu tätigen, die zu irgendeinem Handelsgewerbe gehören. Der Prokurist kann weitere Handelsgeschäfte anderer Art eröffnen, der Handlungsbevollmächtigte (§ 54 HGB) darf nur Geschäfte tätigen, die zu dem konkreten Handelsgewerbe gehören, für das er bevollmächtigt worden ist.

2. Arten der Prokura

Eine differenzierte Betrachtung des HGB zeigt, dass zwischen einfacher und erweiterter Prokura unterschieden wird (§ 49 HGB). Die einfache Prokura befähigt den Prokuristen zur Führung laufender Geschäfte. Im Kontrast dazu umfasst die erweiterte Prokura zusätzliche Berechtigungen, wie beispielsweise den Abschluss von Grundstücksgeschäften oder die Aufnahme von Darlehen. Für die Klausur ist es wichtig zu verstehen, dass der Prokurist grundsätzlich keine Grundstücke veräußern, gleichwohl aber erwerben kann. Dies dient dem umfassenden Schutz des Unternehmensvermögens, damit der Prokurist das Unternehmen durch Grundstücksveräußerungen (im schlimmsten Falle würde er nämlich sonst das Firmenverwaltungsgebäude veräußern) nicht lahmlegen kann.

3. Erteilung der Prokura

Die Prokura wird durch den Inhaber des Handelsgeschäfts erteilt und bedarf grds. keiner Eintragung im Handelsregister (§ 53 HGB). Die eventuell doch erfolgte Eintragung (er „kann“ eintragen!) hat nur deklaratorische Wirkung. Das bedeutet, die Erteilung der Prokura ist auf sehr einfachem Wege möglich und auch grundsätzlich wirksam, wenn der Inhaber des Handelsgewerbes direkt dem Prokuristen diese erteilt hat und zwar auch ohne Eintragung. Der Inhaber des Handelsgeschäfts „kann“ die Prokura eintragen lassen, um eventuelle negative Wirkungen, die sich aus einer Nichteintragung ergeben könnten (z.B. Wirkung des § 15 HGB) zu vermeiden.


4. Beschränkungen und Widerruf der Prokura

Trotz der weitreichenden Befugnisse unterliegt der Prokurist gewissen Einschränkungen. Der Inhaber kann bestimmte Geschäfte explizit von der Prokura ausnehmen. Die Beschränkung dieser hat nur Wirkung im Innenverhältnis (sollte der Prokurist sich über die Beschränkungen im Innenverhältnis hinwegsetzen, macht er sich z. B. pflichtig zum Schadensersatz aus §§ 611 a I, 280 I BGB), jedoch nicht im Außenverhältnis (vgl. § 50 HGB). Zudem kann die Prokura unter bestimmten Bedingungen widerrufen werden, sie erlischt z.B. unter anderem, wenn das Grundverhältnis erlischt (vgl. § 168 BGB). Jegliche sonstigen Erlöschensgründe sind möglich, wie die Anfechtung usw. Ebenso sollte in Klausuren an die „schwer zu sehenden“ Institute des Missbrauchs der Vertretungsmacht (Kollusion und Evidenz) gedacht werden.


5. Haftung des Prokuristen

Ein Prokurist haftet aus dem Anstellungsvertrag (vgl. oben) zivilrechtlich, ebenso auch in vollem Umfang nach eventuell vorliegenden Straftatbeständen (z.B. die Tatbestände der Untreue (§ 266 StGB) und des Betruges (§ 263 StGB) können hier von besonderer Relevanz sein. Daher ist es von essentieller Bedeutung, dass der Prokurist seine Befugnisse verantwortungsbewusst ausübt und stets im Interesse des Unternehmens handelt.

Fazit:

Die Prokura spielt eine entscheidende Rolle im deutschen Handelsrecht, indem sie Unternehmen ermöglicht, flexibel und effizient zu agieren, ohne dass der Inhaber des Handelsgewerbes ständig alle Geschäfte selber vornehmen muss. Ein vertieftes Verständnis der Prokura ist nicht nur für Jurastudenten und Rechtsreferendare relevant, sondern auch für Unternehmer und Geschäftsleute, die die rechtlichen Rahmenbedingungen ihres Handelsgeschäfts verstehen und nutzen möchten.

 

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