ChatGPT: Kann KI Deine Jura Hausarbeit schreiben?

26.01.2024 | von Dr. Robert König
 

 

Kann die Künstliche Intelligenz Deine Jura Hausarbeit schreiben?

In diesem Beitrag wollen wir uns – ungeachtet der Frage, dass die vollständige Erstellung von Prüfungsleistungen mittels einer KI unerlaubtes Ghostwriting ist – den technischen Möglichkeiten von künstlicher Intelligenz bei der Lösung von juristischen Fällen widmen.
Der folgende Beitrag beschränkt sich dabei auf ChatGPT in der Version 4, da diese KI am bekanntesten und vielleicht am fortgeschrittensten ist. Viele andere KI Lösungen auf dem Markt basieren daher auf dieser Software der Firma Open AI.

Der Praxistest mit ChatGPT

In der Presse las man in letzter Zeit vielfach die Meldung, dass Chatbot GPT der Firma Open AI in seiner aktuellen Version (ChatGPT 4) beim US-amerikanischen „bar exam“ (in etwa unser 2. Staatsexamen in Deutschland) unter den besten 10 % der Teilnehmer gelandet ist. Eine grandiose Leistung. Wäre es dann nicht möglich, seine Semesterhausarbeit im kleinen oder großen Schein auch mittels künstlicher Intelligenz lösen zu lassen? Die Frage klingt vielversprechend. Vorbei wären die Zeiten, in denen wir Juristen unsere Semesterferien in der Bibliothek oder zuhause am Schreibtisch verbringen, anstatt wie die anderen Studenten am Strand.
Um ChatGPT zu testen, habe ich mir spontan einen einfachen Sachverhalt aus dem Strafrecht ausgedacht.

Fiktiver Sachverhalt einer Hausarbeit

„Der vermögenslose A betritt ein Kaufhaus. Er sieht sich die neuesten Sneaker der Firma N an. Obwohl er sie sich nicht leisten kann, nimmt er sie in die Umkleide mit und wechselt dort seine Schuhe gegen die neuen Schuhe. Sodann verlässt er das Kaufhaus mit den neuen Schuhen an den Füßen. Den ganzen Vorgang hat der Kaufhausdetektiv P beobachtet. Als er A nach Passieren der Kassen zur Rede stellen will, rennt A weg und entkommt, da der beleibte P kaum rennen kann.
Wie hat sich A nach dem StGB strafbar gemacht?“

Falllösung von ChatGPT

ChatGPT arbeitet schnell und antwortet innerhalb von nicht einmal einer halben Minute wie folgt:
„Ich bin kein Rechtsanwalt, aber ich kann Ihnen einige Informationen geben, wie sich die Handlungen der Person A nach dem deutschen Strafgesetzbuch (StGB) möglicherweise strafbar machen könnten. Bitte beachten Sie, dass dies keine rechtliche Beratung ist und im Zweifelsfall ein Rechtsanwalt konsultiert werden sollte.
Die Handlungen von A könnten mehrere Straftatbestände erfüllen:
Diebstahl (§ 242 StGB): A nimmt die Sneaker mit der Absicht, sich diese anzueignen, ohne den dafür vorgesehenen Kaufpreis zu entrichten. Durch das Vertauschen der Schuhe und das Verlassen des Kaufhauses mit den neuen Schuhen erfüllt A möglicherweise den Tatbestand des Diebstahls.
Unterschlagung (§ 246 StGB): Durch das Vertauschen der Schuhe und das Mitnehmen der neuen Schuhe anstatt der alten könnte A auch den Tatbestand der Unterschlagung erfüllen, da er die fremde Sache an sich nimmt, obwohl er dazu nicht berechtigt ist.
Hausfriedensbruch (§ 123 StGB): Indem A das Kaufhaus betritt und die Umkleide nutzt, um die Schuhe zu vertauschen, könnte er möglicherweise den Tatbestand des Hausfriedensbruchs erfüllen, wenn er dort ohne Erlaubnis bleibt oder sich in einem Bereich aufhält, zu dem er keinen Zugang hat.
Es ist wichtig anzumerken, dass die genaue rechtliche Bewertung vom konkreten Sachverhalt, den Umständen und der Auslegung des Gerichts abhängen kann. Eine genaue Einschätzung erfordert eine detaillierte Analyse aller relevanten Faktoren.“

Kritische Reflexion / Grenzen von ChatGPT

Aus inhaltlicher Sicht sind die Ausführungen viel zu oberflächlich: So werden die einzelnen Definitionen der Tatbestandsmerkmale des Diebstahls nicht erwähnt. Auch fehlen Ausführungen zur Gewahrsamsenklave und zur Beobachtung des Diebstahls durch den Kaufhausdetektiv. Für diesen Fall habe ich bewusst diese beiden absoluten Standardprobleme, die seit Jahrzehnten 100-fach in juristischen Klausuren und Hausarbeiten auftauchen, gewählt.
Die Ausführungen zur Unterschlagung sind sogar gefährlich. Hier liegt eindeutig ein Diebstahl vor. Anschließend noch eine Unterschlagung anzuprüfen und ggf. zu bejahen zeugt nicht nur von einer falschen Schwerpunktsetzung, sondern wäre auch inhaltlich falsch. Gleiches gilt für die Ausführungen zum Hausfriedensbruch gem. § 123 I StGB. Hier war zu sehen gewesen, dass nach ganz h.M. ein Hausfriedensbruch bei einer generellen Zutrittserlaubnis ausscheidet, wenn der Täter sich nicht offensichtlich kriminell verhält (z.B. maskiert den Laden betritt).
Immerhin weist die KI selbst darauf hin, dass sie kein Rechtsanwalt ist und die Frage nicht präzise beantworten kann.

Ergebnis zu ChatGPT bei Jura Hausarbeiten

Chatbot GPT scheitert grandios an jeder Hausarbeit im Grundstudium. Nicht nur an diesem fiktiven Fall, sondern auch bei anderen Testdurchläufen. Warum ist das so? Der Sachverhalt einer Hausarbeit ist zu abstrakt und ein juristisches Gutachten zu speziell, als dass eine künstliche Intelligenz dies lösen könnte. Bei dem bar exam geht es hingegen im Wesentlichen nur um die „simple“ Beantwortung von Fragen. Derartige Fragestellungen kann eine KI heutzutage schon erstaunlich gut lösen.
In Bezug auf Hausarbeiten ist dies jedoch völlig anders. Selbst an ganz einfachen Fallfragen scheitert die KI. Auch die allerneuste Version 4 von ChatGPT, der wohl mächtigsten KI, schafft es nicht, eine auch nur für 4 Punkte ausreichende Lösung dieses einfach gelagerten Falls zu erstellen. Das gilt im Übrigen auch für die Seminararbeit bzw. Schwerpunktarbeit.

Der Einsatz von KI Tools ist ein Täuschungsversuch

Lasst bei der Anfertigung von Hausarbeiten lieber die Finger von künstlicher Intelligenz. Auch moderne Technik kann Euch die Arbeit nicht abnehmen.
Und selbst, wenn sie es könnte, wäre der Täuschungsversuch offensichtlich: Wenn alle Studenten denselben Sachverhalt bei ChatGPT eingeben und nach einer Lösung fragen, ist das Gutachten am Ende mehr oder weniger identisch. Das fällt jedem Korrektor auf. Das Ergebnis wären 0 Punkte.

Fazit zu ChatGPT im Jurastudium

Auch juristische Berufe wird ChatGPT nicht überflüssig machen. KI ist nützlich und kann bei der Erledigung bestimmter Aufgaben helfen. Aber wie das jüngste Beispiel eines Anwalts in New York zeigt, sollte man sich nicht zu sehr auf ChatGPT verlassen, denn die KI erfand ein halbes Dutzend Urteile, die es gar nicht gab. Da hätte der betreffende Anwalt die KI doch lieber nach einer guten Berufshaftpflicht fragen sollen.
Im Übrigen wird die KI – auch in der Zukunft – niemals Eure Jura Klausuren schreiben dürfen. Diese werdet Ihr immer selbst anfertigen müssen. Da hilft also keine KI, sondern nur eine gute Examensvorbereitung. Wenn Ihr bestmöglich auf Euere Examina vorbereitet sein wollt, dann meldet Euch gerne bei uns. Unser effektiver Einzel- und Kleingruppenunterricht ist die beste „künstliche Intelligenz“ für ein Top Examen. Dazu stehen Euch unsere erfahrenden Dozenten vom 1. Semester (Akademie Kraatz) bis zum 2. Staatsexamen (Assessor Akademie) zur Seite.
 
Dr. Robert König

 
 


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