1969: Der Beginn der Schwulenbewegung bin den USA

Was damals in New York ein Bar-Aufstand von Schwulen, Lesben und Transvestiten war, entwickelte sich zur weltweit einer der größten Emanzipationsbewegungen für Schwule, Lesen, Bisexuelle, Transexuelle, Queere, Intersexuelle, Asexuelle und zahlreiche weitere nicht-binäre cis-Menschen weltweit. Die Stimmung war aufgeheizt und gewaltsam - in einer von Sex, Drugs und Rock'n'Roll geprägten Zeit hatte sich der ganze Ärger und die Wut über die Intoleranz gegenüber Homosexuellen  in Form von Straßendemonstrationen entladen, die das Thema mehr und mehr an die Öffentlichkeit gebracht haben. Bis heute gilt die Befreiung der Christopher Street als Beginn der Schwulenbewegung in den USA und weltweit. 


 

1979: Erster Christopher Street Day in Deutschland 

Erst Ende der Siebzigerjahre schaffte es der Christopher Street Day auch nach Deutschland. Auch hierzulande hatte sich aus der Studentenbewegung der 1960er Jahre einen Schwulenemanzipation herausentwickelt. Man traute sich, für seine Rechte zu kämpfen und so war die wichtigsten rechtliche Forderung die Streichung des § 175 StGB, der sexuelle Handlungen zwischen Männern unter Strafe stellte und in seiner Fassung bis 1969 sogar noch verschärft galte.

1979 gab es den ersten deutschen Christopher Street Day in Berlin. Es war ein winziger Umzug vom Savigny Platz über den Ku'damm bis nach Halensee mit ca. 450 Lesben und Schwulen. Das Klima der Angst schien vorbei zu sein und man war stolz auf sein Schwulsein. Anfang der Neunziger Jahre gab es CSD-Umzüge auch in Köln, die Medien hatten das Thema längst aufgegriffen. Nach wie vor ging es um politische Inhalte, auch die heutigen Umzüge sind trotz Kommerzialisierung im Kern politische Demonstrationen. Die regenbogenfarbenen Trucks, die sich mit lauter Musik durch die bunte freizügige Menschenmenge der Großstädte tummeln, während um sie herum alles ausgelassen feiert, erinnern jedes Jahr erneut daran, wie schwierig die Bewegung einmal begonnen hat und wo sie heute ist.


 

Die Geschichte der Homosexualität in Deutschland 

Gesetzeslage bis 1994

Lange stigmatisierte der § 175 StGB gleichgeschlechtliche Beziehungen zwischen Männern bis in die Nachkriegszeit. Grundlage für die bis 1969 generell unter Strafe gestellte männliche Homosexualität war das Reichsstrafgesetzbuch von 1872: 

§ 175 Reichsgesetzstrafbuch
"Widernatürliche Unzucht, welche zwischen Personen männlichen Geschlechts oder von Menschen mit Thieren begangen wird, ist mit Gefängniß zu bestrafen; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden."

In der Form halt das Gesetz auch noch in der Weimarer Republik. Im Nationalsozialismus wurde der Paragraph sogar noch verschärft. Schon ein bloßer Verdacht der „Unzucht“ oder eine Denunziation konnten ausreichen aus, um mit bis zu zehn Jahren Gefängnis und Konzentrationslager bestraft zu werden. Schätzungen gehen davon aus, dass sich die Opferzahlen von Homosexuellen im Dritten Reich auf ca. 50.000 Männer beöäuft, die aufgrund von Paragraph 175 inhaftiert wurden, und bis zu 15.000 Männer, die aufgrund von Paragraph 175 in Lager deportiert wurden. Dort wurden Tausende ermordet.

Selbst in der Bundesrepublik wurde Homosexualität nicht sofort entkriminalisiert. Es dauert lange,  bis die Verurteilten der NS-Herrschaft vom Bundestag rehabilitiert wurden. Das Bundesverfassungsgericht sah keinen Anlass, den § 175 für nichtig zu erklären. Noch bis 1965 gab es viele Tausende Verurteilungen aufgrund dieses Straftatbestandes. 

1969 kam es infolge der 68er-Bewegung zu gesellschaftlichen Umbrüchen: Homosexualität musste nicht mehr geheim gehalten werden. Lesen und Schwule trauten sich, mit ihren Forderungen an die Öffentlichkeit zu gehen und so kam es auch zu einem sozialen Wandel. Es organisierte sich die Homosexuellenbewegung in Deutschland, auch andernorts ließen Länder die Strafgesetze gegen homosexuelle Beziehungen fallen. So kam es, dass auch die Bundesrepublik den § 175 dahingehend änderte, dass Homosexualität unter erwachsenen Männern über 21 keine Straftat mehr war. Später wurde das Alter auf 18 herbagesetzt. Eine erste Liberalisierung. 
 



Gesetzeslage ab März 1994: Streichung des Paragraphen 175

Erst im Zuge der Wiedervereinigung wurde der Paragraph 175 endgültig gestrichen. Noch immer saßen Menschen wegen einer Verurteilung auf Grundlage des Paragraphen 175 in der Bundesrepublik in Haft. Seit März 1994 gelten endlich einheitliche Gesetze für alle Menschen unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung  hinsichtlich der Jugendschutzfristen für sexuelle Beziehungen. 


Ihr Team der Akademie Kraatz und der Assessor Akademie 

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