Das Schuldverhältnis und die daraus resultierenden Pflichten

20.01.2025 | von Florian Bieker



Das Schuldverhältnis begleitet die Studierenden ab dem ersten Semester im Rahmen des Grundstudiums und anschließend im Hauptstudium. Außerdem ist das Schuldverhältnis in jeglicher Ausprägung schließlich bei der Examensvorbereitung relevant. Viele Studierende verbinden mit dem Schuldverhältnis den Kaufvertrag gemäß § 433 BGB, dabei gibt es auch gesetzliche Schuldverhältnisse, welche vom Grundstudium bis hin zur Examensvorbereitung von enormer Relevanz sind. Darüber hinaus gibt es auch viele verschiedene Schuldverhältnisse, die im BGB ausdrücklich geregelt sind, wie unter anderem der Kaufvertrag nach den §§ 433 ff. BGB, der Mietvertrag nach den §§ 535 ff. BGB oder der Werkvertrag nach den §§ 631 ff. BGB. Im Rahmen dieses Blogbeitrages wird das Schuldverhältnis und die daraus resultierenden Pflichten näher beleuchtet.

Die Bedeutung des Schuldverhältnisses in der Klausur

Jeder Examenskandidat muss wissen, was ein Schuldverhältnis ist und welche speziellen Vorschriften ggf. für den entsprechenden Vertragstyp heranzuziehen sind. Das Schuldverhältnis ist Teil des Schuldrechts AT, sodass es sich um ein Grundlagenthema handelt. Die Kenntnis der Definition sowie der relevanten Vorschriften für das entsprechende Schuldverhältnis ist elementar, um im Examen auch unbekannte Sachverhalte in den Griff zu bekommen. Des Weiteren ist es von enorm wichtiger Bedeutung, dass zwischen den vertraglichen und gesetzlichen Schuldverhältnissen differenziert wird. Oftmals werden auch die nichtleistungsbezogenen Nebenpflichten relevant, die ebenfalls einem Schuldverhältnis immanent sind, sodass zu empfehlen ist, dass die Grundlagen des Schuldverhältnisses und seiner Pflichten verinnerlicht werden. Erst wenn man die allgemeine Struktur beherrscht, wird man auch in der Klausur das im Einzelfall relevante Schuldverhältnis und die daraus resultierenden Pflichten einordnen können.
Im heutigen Blogbeitrag wollen wir Euch daher das Schuldverhältnis und die Pflichten, die aus einem derartigen Schuldverhältnis resultieren können, näherbringen.

Das Schuldverhältnis

1. Allgemeines

Zunächst hilft es, wenn man sich vergegenwärtigt, was ein Schuldverhältnis überhaupt ist. § 241 I BGB spricht von Schuldverhältnis, aber definiert das Schuldverhältnis nicht. Im Gesetz findet sich eine derartige Definition nicht. Das Schuldverhältnis wird allgemein definiert als rechtliche Sonderverbindung zwischen mindestens zwei Personen, die Rechte und Pflichten nach § 241 BGB entstehen lässt. Zu differenzieren ist zwischen den vertraglichen Schuldverhältnissen, welche gemäß § 311 I BGB durch Vertrag oder gemäß § 311 II BGB auch vorvertraglich entstehen können. Andererseits kann das Schuldverhältnis auch kraft Gesetz entstehen, also durch Vorliegen der Voraussetzungen des Gesetzes unabhängig vom Willen der betroffenen Parteien, sodass man dann von einem gesetzlichen Schuldverhältnis spricht. Hier ist beispielsweise das EBV gemäß den §§ 987 ff. BGB zu nennen oder die unerlaubten Handlungen nach §§ 823 ff. BGB. Darüber hinaus ist im Rahmen der Schuldverhältnisse durch Vertrag zwischen den einseitig und mehrseitig verpflichtenden Verträgen zu differenzieren. 

2. Pflichten aus dem Schuldverhältnis

Zu differenzieren ist zwischen der Hauptleistungspflicht, Nebenleistungspflicht und der nichtleistungsbezogenen Nebenpflicht. Die Hauptleistungspflichten sind die Pflichten, weswegen der Vertrag geschlossen wird. Die Nebenleistungspflichten dienen der Erfüllung der Hauptleistungspflichten und ergänzen diese. Die nichtleistungsbezogenen Nebenpflichten ergeben sich aus dem Gesetz, dem Vertrag, § 241 II BGB oder gemäß § 242 BGB aus Treu und Glauben. Die Primär und Sekundäransprüche richten sich bei den Hauptleistungs – und leistungsbezogenen Nebenpflichten nach denselben Vorschriften. Primäransprüche bei nichtleistungsbezogenen Nebenpflichten sind nicht denkbar. Sekundäransprüche richten sich unter anderem nach den §§ 280 I, III, 282; 280 I, 241 II; 324 BGB. Abzugrenzen sind die Pflichten des Schuldverhältnisses von den bloßen Obliegenheiten. Die Obliegenheiten führen zum Verlust von eigenen Rechten. Als Beispiel ist unter anderem die Rügeobliegenheit gemäß § 377 HGB zu nennen. Die Verletzung von Pflichten aus den Schuldverhältnissen führt dagegen zu sekundären Ansprüchen, mithin Schadensersatzansprüchen. Hauptpflichten und leistungsbezogene Nebenpflichten sind selbstständig einklagbar, die Obliegenheiten dagegen nicht. Hilfreich ist es also, wenn man zunächst im Rahmen einer Klausur überprüft, sofern es drauf ankommt, ob der Schuldner eine Pflicht oder Obliegenheit verletzt hat. Wenn eine Pflichtverletzung vorliegt, ist zu differenzieren, welche Art von Pflichtverletzung vorliegt, damit die richtige Anspruchsgrundlage ermittelt wird.

3. Relevanz der Schuldverhältnisse

In nahezu jeder Zivilrechtsklausur sind Schuldverhältnisse relevant. Das können Schuldverhältnisse jeder Art sein. Wichtig ist dann, dass das Schuldverhältnis richtig eingeordnet wird und die entsprechenden Vorschriften herangezogen werden, um die richtige Anspruchsgrundlage zu finden. Beliebt sind im Rahmen der vertraglichen Schuldverhältnisse beispielsweise Abgrenzungen zwischen dem Dienstvertrag nach § 611 BGB und dem Werkvertrag gemäß § 631 BGB oder dem Werkvertrag gemäß § 631 BGB und dem Werklieferungsvertrag gemäß § 650 I BGB. Wie Du diese Arten von Schuldverhältnissen voneinander abgrenzt, erfährst Du in unseren Kursen. 

4. typengemischter Vertrag

Sollte sich ein vertragliches Schuldverhältnis mal nicht eindeutig einem gesetzlich geregelten Schuldverhältnis zuordnen lassen, handelt es sich um einen sog. typengemischten Vertrag, der mehrere Elemente aus verschiedenen Vertragsarten beinhaltet. Zu nennen ist hier unter anderem der Bewirtungsvertrag. Er beinhaltet Elemente des Mietvertrages gemäß den §§ 535 ff. BGB, indem man den Tisch und die Stühle im Restaurant „mietet“. Darüber hinaus beinhaltet er auch Elemente des Dienstleistungsvertrages gemäß den §§ 611 ff. BGB, indem die Restaurantkunden von der Bedienung bedient werden. Ferner werden Getränke gekauft, sodass auch Elemente des Kaufvertrages gemäß § 433 ff. BGB enthalten sind. Außerdem enthält der Bewirtungsvertrag auch Elemente des Verwahrungsvertrages gemäß den §§ 688 ff. BGB, wenn die Kundschaft die Garderobe zur Aufbewahrung von Jacken oder sonstigen Kleidungsgegenständen nutzt. Hinsichtlich des Kaufs und der Zubereitung der Speisen kann an einen Werklieferungsvertrag nach § 650 I BGB gedacht werden. Nach der sog. Absorptionstheorie richtet sich die rechtliche Behandlung dann nach der im Vordergrund stehenden rechtlichen Vertragstypus, sodass man wohl in dem Fall davon ausgehen muss, dass der Bewirtungsvertrag nach den Regeln des Kaufrechts zu beurteilen ist, weil es in erster Linie darauf ankommt, dass die bestellten Gerichte einwandfrei an den Tisch gebracht werden. Die Elemente des Werklieferungsvertrages bilden den Schwerpunkt, sodass Kaufrecht gemäß § 650 I 1 BGB Anwendung findet.

Fazit zum Schuldverhältnis

Die herausragende Bedeutung der juristischen Grundlagen des Schuldverhältnisses sollte jedem Studenten und Referendar bewusst sein.
Die solide Kenntnis des Schuldverhältnisses und der daraus resultierenden Pflichten gehört im 1. Staatsexamen zum Pflichtprogramm. Sie werden benötigt, um den entsprechenden Vertragstyp in der zivilrechtlichen Klausur richtig einordnen zu können und damit die relevanten Vorschriften und einschlägigen Anspruchsgrundlagen zu lokalisieren.
Dass die Kenntnis des Schuldverhältnisses für ein erfolgreiches Staatsexamen wichtig ist, liegt auf der Hand. Schließlich besteht bereits das erste juristische Staatsexamen zu einem wesentlichen Anteil aus zivilrechtlichen Klausuren. Genauer gesagt macht das Zivilrecht im ersten juristischen Staatsexamen 50 % aus, indem drei von sechs Klausuren der schriftlichen Prüfung Klausuren aus dem Zivilrecht darstellen. Gerade bei unbekannten Sachverhalten kann daher auf die Kenntnis der betreffenden Grundlagen zurückgegriffen werden.
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Florian Bieker
 


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