Voraussetzungen des Defensivnotstandes i.S.d. § 228

 

Objektive Voraussetzungen des Defensivnotstandes

I. Notstandslage

1. Drohende Gefahr für ein notstandsfähiges Rechtsgut
Notstandsfähig ist jedes geschützte Interesse des Handelnden oder eines Dritten, zum Beispiel Eigentum oder das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Eine drohende Gefahr ist ein Zustand, der aus objektiver Sicht ex ante den Eintritt des Schadens nicht nur als möglich, sondern als naheliegend erscheinen lässt.

2. Gefahr geht von fremder Sache aus
Die Sache, von der die Gefahr ausgeht, muss im Eigentum einer vom Handelnden verschiedenen Person stehen. Außerdem muss die Gefahr von der durch die Notstandshandlung betroffenen Sache selbst ausgehen.

Wegen § 90a S. 3 BGB ist die Vorschrift auch auf Gefahren anwendbar, die von Tieren ausgeht.

Wenn die Sache als Werkzeug eingesetzt wird, handelt es sich bei der Verteidigungshandlung um Notwehr nach § 32 StGB.

 

II. Notstandshandlung

1. Beschädigung oder Zerstörung der Sache, von der die Gefahr ausgeht
Die gerechtfertigte Verteidigungshandlung muss sich gegen die Sache richten, von der die Gefahr ausgeht (Beschädigung oder Zerstörung).

2. Verhältnismäßigkeit der Notstandshandlung
Die Notstandshandlung ist verhältnismäßig, wenn sie zur Abwendung der Gefahr geeignet und erforderlich, d.h. unter mehreren zur Verfügung stehenden und gleich effektiven Mitteln das mildeste ist. Der Handelnde muss zunächst versuchen, vor der Gefahr zu flüchten und darf nicht sofort zur Notstandshandlung übergehen.
Die Notstandshandlung muss zudem angemessen sein, d.h. der durch die Notstandshandlung eintretende Schaden darf nicht außer Verhältnis zur abgewendeten Gefahr stehen (Interessenabwägung).

 

Subjektive Voraussetzungen des Defensivnotstandes

Der Handelnde muss die die Notstandslage begründenden Umstände kennen und nach h.M. auch mit subjektivem Gefahrabwendungswillen handeln.

 

Wo wird der Defensivnotstand in der Klausur geprüft? 

Wie bereits angedeutet wird der zivilrechtliche Defensivnotstand nicht nur in zivilrechtlichen Klausuren relevant, sondern gilt genauso auch im Strafrecht als Rechtfertigungsgrund. Dies ist auf die Einheitlichkeit der Rechtsordnung zurückzuführen: Eine Handlung kann nicht im Zivilrecht erlaubt sein und im Strafrecht verboten. Im Strafrecht ist der Defensivnotstand nach der Notwehr und vor dem Notstand zu prüfen.

 

Was ist der Unterschied zum strafrechtlichen Notstand?

Der Defensivnotstand richtet sich gegen fremde Sachen, er wird deswegen auch „Sachwehr“ genannt. Der strafrechtliche Notstand schützt den Menschen. § 228 StGB rechtfertigt also Sachbeschädigungen nach § 303 StGB. Der Eigentümer einer Sache, von der eine drohende Gefahr für eines der genannten notstandsfähigen Rechtsgüter ausgeht, soll für diese Gefahr einstehen müssen.
 

Repetitorentipp: Der Defensivnotstand gehört zu den absoluten Grundlagen. Er muss beherrscht werden.

Ihr Team der Akademie Kraatz und der Assessor Akademie 

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