Der Ablauf des Strafprozesses – die einzelnen Verfahrensstadien im Überblick

11.10.2024 | von Hendrik Heinze

Erkenntnisverfahren und Vollstreckungsverfahren

Man muss den Ablauf eines Strafprozesses (zumindest in seinen Grundzügen) kennen, um das notwendige Gespür für strafprozessuale Probleme im Jurastudium und Referendariat zu entwickeln.
Der Strafprozess gliedert sich in das Erkenntnis- und das Vollstreckungsverfahren. Das Erkenntnisverfahren umfasst den Weg von den ersten Ermittlungen (durch die Polizei) bis hin zu einer rechtskräftigen Entscheidung durch ein Gericht. Die in dieser Entscheidung verhängte Strafe wird dann im Anschluss im Vollstreckungsverfahren vollstreckt.

1. Stadien des Erkenntnisverfahrens

Im Rahmen des Erkenntnisverfahrens wird durch staatsanwaltschaftliche und polizeiliche Ermittlungen sowie durch richterliche Entscheidungen festgestellt, ob im konkreten Einzelfall ein staatlicher Strafanspruch besteht.
Das Erkenntnisverfahren verfügt über die folgenden 4 Verfahrensstufen:

a) Ermittlungsverfahren (Vorverfahren) nach §§ 160 ff. StPO

Im Ermittlungsverfahren hat die Staatsanwaltschaft als „Herrin des Vorverfahrens“ zu ermitteln, ob ein für die Anklageerhebung gem. § 170 I StPO erforderlicher hinreichender Tatverdacht vorliegt. Hierbei bedient sie sich gem. § 161 I StPO der Beamten der Polizei als weisungsabhängige Hilfspersonen. Unter Berücksichtigung des Legalitätsprinzips ist die Polizei bei Bestehen eines Anfangsverdachts i.R.d. weisungsunabhängigen Rechts des 1. Zugriffs gem. § 163 I 1 StPO ebenso wie die Staatsanwaltschaft dazu verpflichtet, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten.
Wenn die Strafverfolgungsbehörden in diesem Sinne aufgrund eines Anfangsverdachts gegen den Tatverdächtigen mit einem subjektiven Strafverfolgungswillen objektiv ermitteln, wird der Tatverdächtige in dem betreffenden Ermittlungsverfahren zum Beschuldigten (BGH, Urteil vom 03.07.2007 – 1 StR 03/07).
Assessor Tipp: Nicht jeder Polizeibeamte, der als Hilfsperson der Staatsanwaltschaft gem. § 161 I StPO auftritt, ist gleichzeitig auch ihre „Ermittlungsperson“ i.S.d. § 152 GVG, die zu der Anordnung von strafprozessualen Zwangsmaßnahmen befugt ist. Wer zu den betreffenden Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft gehört, ergibt sich aus § 152 II 1 GVG i.V.m. den entsprechenden Rechtsverordnungen der einzelnen Bundesländer.

b) Zwischenverfahren (§§ 199 ff. StPO)

Entschließt sich die Staatsanwaltschaft bei dem Vorliegen eines hinreichenden Tatverdachts zur Anklageerhebung gem. § 170 I StPO, so leitet sie die Anklageschrift an das für die spätere Hauptverhandlung zuständige Gericht weiter. In dem nunmehr beginnenden Zwischenverfahren gem. §§ 199 ff. StPO prüft das Gericht als unabhängige zweite Instanz, ob der hinreichende Tatverdacht bzgl. des Angeschuldigten tatsächlich vorliegt. Entsprechendes gilt i.R.d. Privatklage gem. §§ 374 ff. StPO bzgl. der in § 374 StPO genannten klageberechtigten Personen.
Bei einer Bejahung des hinreichenden Tatverdachts erlässt das Gericht einen Eröffnungsbeschluss gem. § 203 StPO. Bei einer Verneinung des hinreichenden Tatverdachts erlässt das Gericht hingegen einen Nichteröffnungsbeschuss gem. § 204 StPO.

c) Hauptverfahren (§§ 212 ff. StPO)

Mit dem Erlass des Eröffnungsbeschlusses wird das Zwischenverfahren abgeschlossen und das Hauptverfahren eingeleitet.
Das zentrale Element des gesamten Erkenntnisverfahrens stellt die Hauptverhandlung, d.h. die mündliche (und in der Regel öffentliche) Verhandlung vor dem erkennenden Gericht, dar.
Um eine ordnungsgemäße Durchführung sicherzustellen, ist eine Vorbereitung erforderlich, die gemäß den §§ 213 ff. der Strafprozessordnung geregelt ist.
Die Durchführung der Hauptverhandlung selbst ist detailliert in § 243 StPO sowie den darauf folgenden Regelungen erläutert.
Mit der Bekanntgabe des Urteils endet die Hauptverhandlung.

d) Rechtsmittelverfahren (§§ 296 ff. StPO)

Nach einer gerichtlichen Entscheidung kann sich, sofern einer oder mehrere Beteiligte ein Rechtsmittel einlegen, ein erneutes gerichtliches Verfahren anschließen. Hier wird die betreffende Entscheidung in tatsächlicher und/oder rechtlicher Hinsicht auf ihre Richtigkeit hin überprüft.
Bei dem Rechtsmittelverfahren gem. §§ 296 ff. StPO sind die folgenden Rechtsmittel zu unterscheiden:



Beschwerde (§§ 304 ff. StPO)
Eine Beschwerde gem. §§ 304 ff. StPO ist ein Rechtsmittel, das sich gegen gerichtliche Entscheidungen richtet, die keine Urteile oder Strafbefehle sind, also gegen Verfügungen und Beschlüsse.
Berufung (§§ 312 ff. StPO)
Bei der Berufung gem. §§ 312 ff. StPO findet eine Urteilsüberprüfung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht statt. Es wird also eine neue Tatsacheninstanz eröffnet. In diesem Zusammenhang ist die gesamte Beweisaufnahme gem. §§ 244 ff. StPO zu wiederholen, wobei grds. auch die Möglichkeit besteht, neue Beweismittel in den Strafprozess einzuführen.
Die Berufung ist nur bei erstinstanzlichen Urteilen des Amtsgerichts möglich. Bei dem Landgericht als 1. Instanz gibt es hingegen keine Berufung, sondern nur die Revision gem. §§ 333 ff. StPO, über die der Bundesgerichtshof (BGH) entscheidet. Dasselbe gilt bei dem Oberlandesgericht als 1. Instanz.
Revision (§§ 333 ff. StPO)
Bei der Revision gem. §§ 333 ff. StPO findet eine Urteilsüberprüfung in bloß rechtlicher Hinsicht statt. Es wird also keine neue Tatsacheninstanz eröffnet.

2. Das Vollstreckungsverfahren

Erkennt das Gericht auf eine Geld- oder Freiheitsstrafe, so folgt auf die Rechtskraft des Urteils das Vollstreckungsverfahren gem. §§ 449 ff. StPO, in dem diese Strafen vollstreckt werden.
Das Vollstreckungsverfahren ist grds. nicht Gegenstand der Prüfungen im 1. oder 2. Staatsexamen.

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Hendrik Heinze
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