Die AGB-Kontrolle

06.01.2025  | von Florian Bieker



Die AGB-Kontrolle wird von vielen Studierenden oftmals nur stiefmütterlich behandelt. Dabei handelt es sich um ein Grundlagenthema aus dem Bereich Schuldrecht AT, welches vom Grundstudium bis zum Hauptstudium und schließlich auch in der Examensvorbereitung auf das erste und zweite juristische Staatsexamen von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist. Die AGB-Kontrolle ermöglicht es den Prüfern zu sehen, ob der Klausurkandidat in der Lage ist, strukturiert mit dem Gesetz zu arbeiten. AGB-Kontrollen sind auch in der Praxis hochgradig relevant, da nahezu jeder Vertrag auch AGB´s beinhaltet. Daher ist es umso wichtiger, dass man sich frühzeitig, am besten schon im Grundstudium, mit den AGB´s und deren Prüfung auseinandersetzt.

Die Bedeutung der AGB-Kontrolle in der Klausur

Jeder Examenskandidat muss die grundlegende Systematik der AGB-Kontrolle sicher beherrschen. In der Examensprüfung ist schlicht die Zeit nicht vorhanden, zu überlegen, wie man eine AGB-Kontrolle überhaupt durchführt. Aber auch im Grundstudium oder Hauptstudium sind AGB-Kontrollen in zivilrechtlichen Klausuren nicht unüblich. Die Kenntnis der Systematik und Prüfungsreihenfolge ist elementar, um im Examen auch unbekannte Sachverhalte in den Griff zu bekommen. Anhand der AGB-Kontrolle ist es möglich, dass strukturierte Gesetzesarbeit abgeprüft wird.
Im heutigen Blogbeitrag wollen wir Euch daher die Systematik und Prüfungsreihenfolge einer AGB-Kontrolle näherbringen.

Die AGB-Kontrolle

1. Allgemeines

Eine AGB-Prüfung erfolgt an dem Standort, wo sie relevant wird. Allein schon dieser Gesichtspunkt ermöglicht es den Klausurerstellern im Grundstudium, Hauptstudium als auch den Klausurerstellern der Examensklausuren, dass die AGB-Kontrolle in jeder zivilrechtlichen Klausur eingebaut werden kann. Das bedeutet, dass eine AGB beispielsweise im Rahmen einer Verjährungsthematik oder aber auch als Haftungsausschluss eingebaut werden kann. Dann muss die AGB-Prüfung an dem jeweiligen relevanten Prüfungsstandort ansprechen. Die AGB´s sind in den §§ 305 ff. BGB geregelt. Wichtig ist, dass man sich vorab klarmacht, dass bei einer AGB-Kontrolle sehr kleinteilig vorzugehen ist. Das Gesetz bietet in dem Fall eine sehr gute Stütze, die man auch unbedingt nutzen sollte. Bevor man mit der AGB-Prüfung beginnt, sollte man einen Blick in den § 310 BGB werfen und prüfen, ob eine Sonderregel aus § 310 BGB eingreift, sodass sich Modifikationen von der AGB-Prüfung ergeben und diese dann natürlich an der relevanten Stelle ansprechen. Der Schwerpunkt liegt hier allerdings auf den §§ 305 ff. BGB, sodass im folgenden Beitrag die Vorschriften näher beleuchtet werden.  

2. Vorliegen von AGB i.S.d. § 305 I BGB

Zunächst müsste es sich bei den in Rede stehenden Vertragsbedingungen um AGB handeln. Was AGB sind, ist in § 305 I BGB geregelt. Hier hilft die Lektüre des Gesetzes, das alle Voraussetzungen einer AGB nennt. Gemäß § 305 I 1 BGB sind AGB alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Vorformulieren meint, dass die AGB vor dem Vertragsschluss zwecks mehrfacher Verwendung aufgestellt werden müssen. Ferner muss es sich um eine Vertragsbedingung handeln, die den Inhalt des Vertrages regelt. Für eine Vielzahl von Verwendungen wird gesprochen, wenn eine Verwendung der AGB bei mindestens drei Verträgen beabsichtigt ist. Vom Verwender gestellt sind die AGB dann, wenn sie von einer Partei einseitig der anderen Partei gestellt werden und die Einbeziehung von der anderen Partei abverlangt wird. Zuletzt darf kein individuelles Aushandeln der AGB gemäß § 305 I 3 BGB vorliegen, da einzeln ausgehandelte AGB keine AGB i.S.d. § 305 I BGB sind. Beispielsweise können die Parteien als Vertragsbedingung die Verjährung gemäß § 305 I 3 BGB individuell aushandeln und vertraglich fixieren, sodass es sich bei dieser Regelung dann nicht mehr um AGB i.S.d. § 305 I 1 BGB handelt.

3. wirksamer Bestandteil des Vertrages gemäß § 305 II BGB

Die AGB werden dann wirksam in den Vertrag einbezogen, wenn die Voraussetzungen des § 305 II BGB vorliegen. Gemäß § 305 II BGB werden allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Orte des Vertragsschlusses auf sie hinweist und der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen, und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist. AGB müssen also so gestaltet sein, dass sie einem Durchschnittskunden vor Vertragsschluss auch bei flüchtiger Betrachtung durch den Hinweis auffallen. Von einer zumutbaren Wahrnehmung spricht man dann, wenn der Vertragspartner die AGB vor Vertragsschluss mühelos und verständlich für eine Durchschnittsperson wahrnehmen kann. Zuletzt muss der Vertragspartner sein Einverständnis mit der Geltung der AGB erklären. Das kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen.
In besonderen Fällen ist ggf. § 305a BGB heranzuziehen.

4. keine Individualabrede nach § 305b BGB oder überraschende Klausel gem. § 305c BGB

Gemäß § 305b BGB haben die Vertragsabreden Vorrang vor den AGB. AGB, die einer Vertragsabrede widersprechen, sind demnach ungültig. Bei einer überraschenden Klausel nach § 305c I BGB handelt es sich um Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil. Erfasst sind typischerweise Klauseln mit Überrumpelungseffekt. Zu beachten ist, dass die Klausel sowohl objektiv als auch subjektiv überraschend sein muss. Beispiel für eine derartige Klausel ist, dass der Mieter die Katze des Vermieters während seines Urlaubs zu pflegen hat. Unterschreibt der Mieter allerdings gleichgültig den Vertrag und macht sich keinerlei Gedanken zu dem Inhalt, so handelt es sich bei einem derartigen Mieter um einen sog. Ignoranten, bei dem die subjektiv überraschende Komponente entfällt, sodass eine derartige Klausel in dem Fall nicht mehr als überraschend i.S.d. § 305c I BGB eingestuft würde. Zweifel bei der Auslegung der AGB gehen zu Lasten des Verwenders, § 305c II BGB.

5. Eröffnung der Inhaltskontrolle gem. § 307 III 1 BGB

Sollte man zu dem Zwischenergebnis gelangen, dass es sich um AGB i.S.d. § 305 I 1 BGB handelt, die nach § 305 II BGB wirksam in den Vertrag einbezogen wurde und eine vorrangige Individualabrede nach § 305b BGB oder überraschende Klausel gemäß § 305c I BGB nicht vorliegt, muss man sich die Frage stellen, ob die Inhaltskontrolle für die AGB eröffnet ist. Das richtet sich nach § 307 III 1 BGB. Demnach gelten die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzenden Regelungen vereinbart werden. Das heißt, dass eine Inhaltskontrolle nur stattfindet, wenn von geltenden Rechtsnormen abgewichen wird oder gesetzliche Regelungen ergänzt werden. Hier muss dann die entsprechende Vorschrift aus dem BGB genannt werden, von der abgewichen wird. AGB, die also nur Gesetze wiedergeben, unterliegen nicht der Inhaltskontrolle. Darüber hinaus findet eine Inhaltskontrolle beispielsweise in den Fällen der §§ 444 oder 639 BGB nicht statt. In derartigen Fällen ist der Haftungsausschluss gemäß § 444 oder § 639 BGB unzulässig.

6. Verstoß gegen § 309 BGB

Ist man zu dem Ergebnis gekommen, dass die Inhaltskontrolle eröffnet ist, prüft man bei der AGB-Kontrolle von hinten nach vorne und beginnt grundsätzlich mit § 309 BGB. Hier ist Gesetzesarbeit gefragt, indem man die ggf. passende Nummer im Gesetz durch die Lektüre finden muss. Bei einem Verstoß gegen § 309 BGB handelt es sich um einen Verstoß ohne Wertungsmöglichkeit, sodass die AGB dann einer Inhaltskontrolle nicht standhalten und unwirksam sind. Besonders klausurrelevant sind hier unter anderem § 309 Nr. 7,8 und 13b) BGB.

7. Verstoß gegen § 308 BGB

Sofern man gegen § 309 BGB keinen Verstoß identifizieren konnte, prüft man, ob die AGB möglicherweise gegen § 308 BGB verstoßen. Auch hier ist wieder Arbeit mit dem Gesetz gefragt und die entsprechend passende Nummer heranzuziehen. Kommt man zu dem Ergebnis, dass eine Nummer einschlägig ist, so bedeutet das im Unterschied zu § 309 BGB nicht, dass die Klausel sofort unwirksam ist. Vielmehr muss eine Abwägung ergeben, dass die Klausel in dem vorliegenden Sachverhalt unwirksam ist. Beliebt ist hier der § 308 Nr. 1 und 3 BGB.

8. Verstoß gegen § 307 BGB

Sollte man zu dem Zwischenergebnis gelangen, dass weder § 308 noch § 309 BGB einschlägig sind, so hat eine Prüfung des § 307 BGB zu erfolgen. Hier prüft man ebenfalls von hinten nach vorne und beginnt mit § 307 II BGB und erst anschließend folgt eine Prüfung der Generalklausel § 307 I BGB. § 307 II BGB konkretisiert § 307 I 1 BGB. Hier ist eine pauschale Lösung nicht möglich, sondern im Einzelfall zu beurteilen und zu prüfen, ob ein Verstoß gegen § 307 I, II BGB vorliegt. Einige Beispiele wirst Du in unseren Kursen kennenlernen. Schaue gerne bei unseren Kursangeboten, um nähere Informationen diesbezüglich zu erhalten
 

9. Rechtsfolge § 306 BGB

Die Rechtsfolge einer unwirksamen Klausel ist in § 306 BGB geregelt. Nach § 306 I BGB bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam. Das bedeutet, dass nur die Klausel unwirksam ist. Anstelle der Klausel gelten die gesetzlichen Vorschriften, § 306 II BGB. Nur in Ausnahmefällen nach § 306 III BGB ist der Vertrag unwirksam. Problematisch ist in dem Zusammenhang die sog. geltungserhaltende Reduktion, die bereits Studierende im Grundstudium begegnet. Wie dieses Problem gelöst wird, erfährst Du in unseren Kursen. Klicke hier, um mehr zu unseren Kursangeboten zu erfahren.

Fazit zur AGB-Kontrolle

Die herausragende Bedeutung der juristischen Grundlagen der AGB-Kontrolle, sollte jedem Studenten und Referendar bewusst sein.
Die solide Kenntnis der Systematik und Prüfungsreihenfolge der AGB gehört schon im 1. Staatsexamen zum Pflichtprogramm. Sie sind Teil des Schuldrechts AT und können in jeder zivilrechtlichen Klausur, egal ob bei einer Klausur im Grundstudium, Hauptstudium oder juristischen Staatsexamen, abgeprüft werden.
Gerade bei unbekannten Sachverhalten ist es wichtig, dass man den Prüfern zeigt, dass man die AGB-Prüfung strukturiert und mit dem Gesetz durchführt. Allerdings
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Florian Bieker
 


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