Die Anfechtungsgründe sind in den §§ 119 ff. BGB geregelt. In diesem Beitrag soll es nur um die Anfechtungsgründe des § 119 BGB gehen. 

 

Welche Anfechtungsgründe sind in § 119 I BGB geregelt? 

1. § 119 I 1. Fall BGB (Inhaltsirrtum)
Ein Inhaltsirrtum liegt dann vor, wenn der Erklärende sich über die inhaltliche Bedeutung des von ihm Erklärten irrt. Er wählt zwar das richtige Erklärungszeichen, aber irrt über dessen Bedeutungsgehalt. Einfach gesagt: Der Erklärende weiß zwar, was er (wörtlich) sagt, aber nicht was er damit sagt. 

2. § 119 I 2. Fall (Erklärungsirrtum)
Die Erklärungsirrtum liegt vor, wenn das gewählte Erklärungszeichen bereits nicht zum Gewollten passt. Das objektiv Erklärte fällt mit dem subjektiv Gewollten auseinander. Der Erklärende gibt also eine Erklärung ab, die er eigentlich gar nicht abgeben wollte. Beispiele sind das Verschreiben/Vertippen oder Versprechen.

 

Welcher Anfechtungsgrund ist in § 119 II BGB geregelt?

§ 119 II BGB: Eigenschaftsirrtum 
Der Irrtum über die Eigenschaften einer Person oder Sache ist zugleich ein ausnahmsweise beachtlicher Motivirrtum. 

Eigenschaften einer Person sind Merkmale, die ihr für eine gewisse Dauer anhaften oder sie charakterisieren (Alter, Charakterzüge wie Zuverlässigkeit). Eigenschaften einer Sache sind alle tatsächlichen und rechtlichen wertbildenden Faktoren, die dem Gegenstand unmittelbar und zumindest für eine gewisse Dauer anhaften, nicht jedoch der Wert der Sache selbst. Darunter fallen auch die Beziehungen des Gegenstandes zu seiner Umwelt, die sich infolge ihrer Beschaffenheit und Dauer auf die Brauchbarkeit und den Wert auswirken. Diese Beziehungen müssen allerdings in der Sache selbst ihren Grund haben, von ihr ausgehen oder sie unmittelbar kennzeichnen.

Verkehrswesentlich ist eine Eigenschaft dann, wenn sie nach der Ver­kehrsanschauung für das konkrete Rechtsgeschäft wesentlich, also ausschlaggebend für seinen Abschluss ist, weil die Wertbildung maßgeblich daran geknüpft ist.

Person ist nicht nur der Erklärungsempfänger, sondern jede Person, auf die sich das Rechtsgeschäft bezieht. 
 



Verhältnis zu den Mängelgewährleistungsrechten aus dem Besonderen Schuldrecht

Zu beachten ist allerdings das Verhältnis des BGB AT zum Besonderen Schuldrecht. Wenn und soweit die Sachmängelhaftung im Kaufrecht §§ 434 ff. BGB greift, ist die Anfechtung ausgeschlossen. Anson­sten könnte die besonderen Regelungen wie Verjährung und Haftungsausschluss umgangen werden. Außerdem würde der das Kaufvertragsrecht beherrschende Vorrang der Nacherfüllung durch den Verkäufer unterlaufen werden, wenn sofort angefochten werden könnte.

Wenn der Irrtum sich auf eine verkehrswesentliche Eigenschaft bezieht, die kein Sachmangel ist, kann angefochten werden.


 

Abgrenzung Inhalts- und Erklärungsirrtum

Die Abgrenzung von Inhalts- und Erklärungsirrtum kann im Einzelfall schwierig sein, insbesondere wenn der Sachverhalt bezüglich des Irrens uneindeutig ist. Im Ergebnis führen aber beide Irrtümer des § 119 I BGB zur Nichtigkeit ex tunc, sodass eine trennscharfe Abgrenzung im Zweifelsfall für die Lösung des Falles nicht essentiell ist und schlicht der Absatz 1 (als Ganzes) zitiert werden kann.


 

Abgrenzung der Anfechtungrgründe zum bloßen Motivirrtum

Wichitg ist nur die Abgrenzung der Anfechtungsgründe zum bloßen (unbeachtlichen) Motivirrtum. Dieser kann nicht als Anfechtungsgrund herangezogen werden und ist daher streng vom beachtlichen Inhalts-, Erklärungs- oder Eigenschaftsirrtum zu unterscheiden. 
Ein Motivirrtum liegt vor, wenn der Erklärende durch die irrige Annahme oder Erwartung des Eintritts oder Nichteintritts eines Umstandes zur Abgabe seiner Willenserklärung gekommen ist. 


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