Fraglich ist, wie es sich auf den Vorsatz des Haupttäters auswirkt, dass der Anstifter einem unbeachtlichen error in persona erlag und ob dem Anstifter eine solche Tat noch als von ihm veranlasst zurechenbar ist.

 

1) Unbeachtlichkeitstheorie

Ein für den Täter unbeachtlicher error in persona sei auch für den Anstifter unbeachtlich (= strenge Akzessorietät von Anstiftung ung Haupttat). Der Anstifter hat den Tatentschluss beim Täter hervorgerufen, muss also auch für einen Irrtum des Angestifteten haften. Eine Privilegierung des Anstifters wäre unbillig. 
Dagegen spricht das so genannte Blutbadargument: Wenn der Täter seinen Irrtum bemerkt und er die Tat dann erneut am richtigen Objekt begeht, müsste der Anstifter konsequenterweise wegen der Anstiftung zu beiden Taten bestraft werden. Zwei Taten hat der Anstifter jedoch in seinen Vorsatz nicht aufgenommen, sodass ihm der erste Erfolg nicht zugerechnet werden dürfte.


 

2) Wesentlichkeitstheorie

Ein Irrtum des Täters über die Person des Tatopfers sei zwar auch für den Anstifter grundsätzlich unbeachtlich. Dies gelte jedoch nur dann, wenn keine wesentliche Abweichung vorliege. Dies ermöglicht einen flexiblen Beurteilungsspielraum, der die unterschiedlichen und vielfältigen Umstände des Irrens in einzelnen Fallkonstellationen hinreichend berücksichtigen könnte.


 

3) Individualisierungstheorie

Die Individualisierungstheorie ähnelt der Wesentlichkeitstheorie und meint, dass eine Verwechslung des Tatopfers durch den Haupttäter für den Anstifter jedenfalls dann unbeachtlich sei, wenn der Anstifter dem Haupttäter die Individualisierung des Opfers überlassen habe. Er hätte dann das Risiko einer Verwechslung in gleicher Weise wie der Haupttäter zu tragen, denn die Verwechslung befindet sich eigentlich regelmäßig im Rahmen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Voraussehbaren.
Für gewöhnlich obliegt die Individualisierung dem Haupttäter, sodass die Individualisierungstheorie regelmäßig zu einer Anstifterstrafbarkeit führen wird. Es ist kein Fall bekannt, bei dem der Anstifter das Opfer selbst individualisiere, also der Irrtum des Haupttäters beachtlich wäre. Das liegt auch daran, dass das Merkmal der „Individualisierung“ und seine Anforderungen unklar ist.


 

4) Aberratio-ictus-Theorie

Ein error in persona beim Haupttäter stelle für den Anstifter grundsätzlich eine aberratio ictus dar. Wenn der gewollte Angriff auf ein bestimmtes Rechtsgut lediglich versucht wird, aber stattdessen ein gleichartiges Rechtsgut verletzt wird, so entspricht dies der typischen Konstellation der aberratio ictus. Die Akzessorietät von Haupttat und Anstiftung müsse für diesen Fall durchbrochen werden. Es mache keinen Unterschied, ob ein mechanisches Werkzeug des Täters, welches er losschickt, fehlgeht, oder ob ein menschliches Werkzeug sich irrt (Gegenargument: größere Freiheit des menschlichen Werkzeugs zur Abweichung von den Teilnahmevorgaben muss berücksichtigt werden; keine Gleichsetzung).
Gegen diese Theorie spricht aber, dass der Anstifter die Tat letztlich dadurch verursacht hat, dass er den Tatentschluss beim Täter geweckt hat und nun gegenüber eben jenem Haupttäter privilegiert wird. 


 

5) Streitentscheid

Die verschiedenen Theorien gelangen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Nur nach der aberratio ictus Theorie ist der Vorsatz des Haupttäters klar ausgeschlossen. Die Individualisierungs- und die Wesentlichkeitstheorie lassen einen Beurteilungsspielraum anhand der Umstände des Einzelfalls zu, sodass man sowohl zu einer Unbeachtlichkeit als auch zum Vorsatzausschluss gelangen kann. Regelmäßig würde man bei diesen Theorien abr wahrscheinlich eher zu einer Unbeachtlichkeit (Vorsatz des Anstifters in Bezug auf die Haupttat bejahend) gelangen, da die Abweichung in den meisten Fällen weder „wesentlich“ i.S.d. Wesentlichkeitstheorie ist noch die Individualisierung des Tatopfers durch den Anstifter hinreichend vorgenommen wurde, sodass anhand der Individualisierungstheorie eine Beachtlichkeit (Verneinung des Vorsatzes) herbeigeführt werden könnte. Dies entspräche also dem Ergebnis der (strengen) Unbeachtlichkeitstheorie. 

Aufgrund der Argumente, die für und gegen die einzelnen Theorien streiten, erscheint die Wesentlichkeitstheorie, die auch mittlerweile vom BGH vertreten wird, vorzugswürdig.

Eine Abgrenzung anhand dieses Kriteriums kann zwar im Einzelfall schwierig sein. Die Verwechslung des Täters soll danach nur beachtlich sein, wenn sie außerhalb der Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Vorhersehbaren liegt. Durch die Rechtsprechung wurde der Maßstab aber mittlerweile ausreichend konkretisiert, sodass eien Abgrenzung anhand der Wesentlichkeit möglich ist. 


 

Unterstützung bei der Examens- und Prüfungsvorbereitung mit der Akademie Kraatz

Sie sind noch auf der Suche nach dem geeigneten Jura Repetitorium in Vorbereitung auf Ihr erstes oder zweites Staatsexamen oder wollen sich bestmöglich & sicher auf Ihre Klausurenphase an der Uni vorbereiten? Überzeugen Sie sich von unserem Kurskonzept in Vorbereitung auf das erste und zweite Staatsexamen sowie unserer individuellen Jura Nachhilfe und lernen Sie unsere Prädikatsjuristen von der Akademie Kraatz kennen!


Ihr Team der Akademie Kraatz und der Assessor Akademie 

RSS Feed abonnieren