Die Prozessmaxime des Strafverfahrens
13.01.2025 | von Florian BiekerFür das Verständnis der Strafprozessordnung (StPO) ist die Kenntnis der Prozessmaximen der StPO elementar. Sie sind nicht nur regelmäßig Gegenstand von Examensklausuren in Form der bekannten Zusatzfrage im Rahmen einer Strafrechtsklausur, sondern auch in den mündlichen Prüfungen des 1. Examens ein beliebtes Thema. StPO ist ein Themenbereich, der sowohl von Erstsemestern im Grundstudium als auch von Fortgeschrittenen im Hauptstudium und Examenskandidaten regelmäßig vernachlässigt wird. Dies ist auf die untergeordnete Bedeutung im ersten juristischen Staatsexamen zurückzuführen. Allerdings ist die StPO spätestens im Referendariat und dem daran anschließenden zweiten juristischen Staatsexamen von enormer Bedeutung, sodass bereits im Studium der Rechtswissenschaften in diesem Bereich nicht auf Lücke gesetzt werden sollte. Daher bringt Dir der Blogbeitrag die Prozessmaxime der StPO näher.
Die Bedeutung der Prozessmaxime in der Klausur
Jeder Examenskandidat muss die Prozessmaximen der StPO beherrschen. Die grundlegenden Fragen des Strafprozesses werden durch diese Verfahrensgrundsätze geregelt. Ihre Kenntnis ist elementar, um ein grundlegendes Verständnis für die StPO zu erlangen. Des Weiteren sehen die Prüfer es gerne, wenn die Prozessmaximen bei der Erörterung von Meinungsstreiten zur Untermauerung der eigenen Argumentation herangezogen werden. Außerdem bietet es sich an, die Prozessmaxime im Rahmen der prozessualen Zusatzfrage einer Strafrechtsklausur abzufragen.Im heutigen Blogbeitrag wollen wir Euch daher die wichtigsten Prozessgrundsätze der StPO, die am häufigsten in Klausuren und mündlichen Prüfungen abgefragt werden, näherbringen.
Die wichtigsten Prozessmaxime der StPO
1. Allgemeines
Die Prozessmaxime finden sich nicht nur in der StPO, sondern darüber hinaus im Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) oder auch aus dem Grundgesetz (GG) lassen sich die Prozessmaxime ableiten.2. in dubio pro reo
Der wohl bekannteste Prozessgrundsatz ist in dubio pro reo, was im Zweifel für den Angeklagten bedeutet. Das heißt, dass für den Angeklagten der günstigere Sachverhalt mit der günstigeren Rechtsfolge angewendet werden muss, wenn die Schuld des Angeklagten nicht zweifelsfrei dargelegt werden kann. Dies folgt unter anderem auch aus dem Rechtsstaatsprinzip gemäß Art. 20 I, III GG. Bis zu einer Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung, sodass die Schuld des Angeklagten in einem ordnungsgemäßen Strafverfahren nachgewiesen werden muss.3. Öffentlichkeitsgrundsatz
Der Öffentlichkeitsgrundsatz findet sich in § 169 GVG. Demnach muss der Eintritt für beliebige Besucher gewährleistet und zwecks Kontrollfunktion öffentlich zugänglich sein. Ausnahmen ergeben sich unter anderem aus den §§ 169 S.2 GVG, 170 ff. GVG. Bei dieser Prozessmaxime handelt es sich um eine Prozessmaxime, die auch für den Zivilprozess gilt. Ein Blogbeitrag über die Prozessmaxime der Zivilprozessordnung (ZPO) findest Du, wenn Du hier klickst.4. Grundsatz der Mündlichkeit
Urteilsgrundlage ist nur das, was mündlich vorgetragen wurde. Das heißt, dass das Urteil allein darauf beruhen darf, was für das Gericht, den Staatsanwalt, den Angeklagten etc. vorgetragen wurde. Auch hier sei auf den Blogbeitrag über die Prozessmaxime der ZPO verwiesen. Wenn Du hier klickst, gelangst Du zum Blogbeitrag über die Prozessmaxime bzw. Verfahrensgrundsätze der ZPO.5. Grundsatz des gesetzlichen Richters
Der Grundsatz des gesetzlichen Richters findet sich in Art. 101 I 2 GG. Dieser besagt, dass niemand der gesetzliche Richter entzogen werden darf. Dieses Justizgrundrecht sichert die Rechtsstaatlichkeit.6. Ermittlungsgrundsatz
Das Strafverfahren ist darauf angelegt, dass die Wahrheit von Amts wegen erforscht wird. Die Staatsanwaltschaft ist aus § 160 II StPO von Amts wegen zur Erforschung und Aufklärung des Sachverhalts verpflichtet. Für das Gericht ist eine Verpflichtung aus §§ 155 II, 244 II StPO abzuleiten.7. Offizialprinzip
Das Offizialprinzip findet sich in § 152 I StPO. Nach dieser Vorschrift ist allein die Staatsanwaltschaft zur Erhebung der öffentlichen Klage berufen. Allein der Staat ist also für die Strafverfolgung zuständig und die Strafverfolgung wird von Amts wegen durch die Strafverfolgungsbehörden durchgesetzt. Einschränkungen ergeben sich unter anderem nur bei den sog. Antragsdelikten wie §§ 303, 303c StGB oder § 123 I, II StGB.8. Akkusationsprinzip
Das Akkusationsprinzip, welches auch als Anklagegrundsatz bezeichnet wird, lässt sich aus den §§ 151, 155 StPO ableiten. „Wo kein Kläger, da kein Richter“ heißt es vereinfacht gesagt, was bedeutet, dass ein strafrechtliches Verfahren von der Erhebung der Klage abhängig ist, was im Strafverfahren durch die Staatsanwaltschaft erfolgt.9. Legalitätsprinzip
Das Legalitätsprinzip leitet sich aus den §§ 152 II, 160 StPO. Demnach ist die Staatsanwaltschaft dazu verpflichtet, bei Anhaltspunkten für das Vorliegen einer Straftat ein Ermittlungsverfahren einzuleiten und durchzuführen. Bei hinreichendem Tatverdacht ist die Staatsanwaltschaft gemäß § 170 I StPO dazu verpflichtet, Klage zu erheben. Eine Ausnahme ergibt sich jedoch aus den §§ 153 ff. StPO. Demnach kann das Verfahren unter gewissen Voraussetzungen eingestellt werden.10. Grundsatz der freien Beweiswürdigung
Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung ist in § 261 StPO wiederzufinden. Demnach entscheidet das Gericht über das Ergebnis der Beweisaufnahme nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.11. Grundsatz des fairen Verfahrens
Der Grundsatz des fairen Verfahrens leitet sich aus Art. 6 I EMRK, Art. 20 III GG ab. Das bedeutet, dass das Verfahren nach rechtsstaatlichen Grundsätzen ablaufen soll.
12. Unmittelbarkeitsgrundsatz
Der Unmittelbarkeitsgrundsatz leitet sich aus den §§ 250 S.2, 261, 226 StPO ab. Das Gericht muss die entscheidungserheblichen Tatsachen selbst erheben und das originäre Beweismittel wählen.
13. Garantie des rechtlichen Gehörs
Die Garantie des rechtlichen Gehörs leitet sich aus Art. 103 I GG ab. Demnach muss der Beschuldigte bzw. Angeklagte die Gelegenheit bekommen, sich zu äußern oder Anträge stellen zu können.
14. Verbot der Doppelbestrafung
Das Verbot der Doppelbestrafung findet seinen Anknüpfungspunkt in Art. 103 III GG. Demnach darf niemand wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft. Das bedeutet, dass eine Strafverfolgung wegen derselben Tat nach Urteil oder auch nach Freispruch verboten ist.
Fazit zu den Prozessmaximen der StPO
Die herausragende Bedeutung der Prozessmaxime im Strafrecht sollte jedem Studenten und Referendar bewusst sein.Die solide Kenntnis der Prozessmaxime der StPO gehört schon im 1. Staatsexamen zum Pflichtprogramm. Sie sind häufiger Gegenstand der prozessualen Zusatzfrage in der Strafrechtsklausur und werden auch sehr gerne in der mündlichen Prüfung abgeprüft.
Dass die Kenntnis der Prozessmaximen für ein erfolgreiches 2. Staatsexamen wichtig ist, liegt auf der Hand. Schließlich besteht das 2. Staatsexamen zu einem wesentlichen Anteil aus Prozessrecht. Gerade bei unbekannten Sachverhalten oder bei der Darstellung von Meinungsstreitigkeiten kann daher auf die Kenntnis der betreffenden Grundlagen zurückgegriffen werden.
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Florian Bieker
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