Bei vielen Studentinnen und Studenten kommt nach dem ersten Staatsexamen der sehnliche Wunsch auf, zunächst einmal „etwas anderes“ zu machen, d.h. anstatt geradewegs in Richtung zweites Staatsexamen aufzubrechen, einen bewussten Umweg zu nehmen. Dieser hat bei Juristen vor allem zwei Formen: Die Promotion und der LLM. Was spricht für das eine, was für das andere und welche Argumente sprechen unter Umständen sogar gegen beides?

 

1. Doktorarbeit

a) Pro Doktorarbeit

Wenn sie minutiöses wissenschaftliches Arbeiten lieben und Spaß daran haben, sich durch Themen hindurchzubeißen sowie bisher unbekannte Forschungsfelder neu zu erschließen, könnte die Doktorarbeit für Sie das richtige sein.
Voraussetzung ist (in persönlicher Hinsicht) hierbei natürlich, dass sie zunächst überhaupt ein Forschungsfeld für sich entdeckt haben oder durch bspw. Professoren oder Dozenten auf eines aufmerksam geworden sind, welches Ihnen zusagt. Oft hat man selbst ohne einen fundierten wissenchaftlichen Hintergund nicht die Fähigkeit, unerforschte Bereiche überhaupt zu erfassen. Halten Sie, wenn bei Ihnen der Wunsch nach einer Promotion aufkommen sollte, also stets Augen und Ohren offen und überlegen Sie sich, auf welchem Gebiet Sie gerne tiefergehend forschen möchten. 

Für Sie bringt dies karrieretechnisch natürlich den Vorteil mit sich, dass Sie sich durch eine Expertise auf dem spezifischen Fachgebiet, auf dem Sie promoviert sind, auszeichnen und sich von anderen Mitbewerbern abheben können. Das wird bei der Einstellung auch unmittelbar durch eine deutliche Gehaltssteigerung gegenüber Kandidaten ohne Doktortitel gewürdigt - dies bereits ab Berufseinstieg.

Zudem ist es in vielen Großkanzlei quasi Zugangsvoraussetzung, dass Berufseinsteiger eine Doktortitel mitbringen, der Ihnen und der gesamten Kanzlei Seriosität verleiht und der auch von Mandanten sehr gerne gesehen wird.



b) Contra Doktorarbeit

Promovieren erfordert besonderen Fleiß, Sorgfalt und Durchhaltevermögen. Das bedeutet, dass Sie, wenn Sie eine Promotion anstreben, mindestens eineinhalb Jahre fest einplanen sollten - tendenziell eher mehr. Meistens schreiben Promovierende bis zu vier Jahre lang an ihrer Doktorarbeit. Dem sollten Sie sich auch im Hinblick auf persönliche private Ziele bewusst sein, bevor Sie sich auf die Herausforderung stürzen. 

Außerdem sollten Sie wissen, dass der Doktortitel bei Weitem nicht überall benötigt wird. Sie müssen nicht promovieren, vor allem aber sollten Sie es nicht rein des Promovieren wegens, also als Selbstzweck, tun. Überlegen Sie sich besser vorher, was Sie anstreben, damit zu erreichen. Es sollte ein wahrhaftiges Interesse der leitende Gedanke bei Ihrer Entscheidung sein. Sind Sie nicht motiviert oder von Ihrer Sache überzeugt, realisieren Sie bald, dass Sie Zeit verschwendet haben oder kein Durchhaltevermögen bis zum Ende hin aufbringen können.

 

2. LLM

a) Pro LLM

Ein Masterstudiengang bringt, insbesonere wenn man die Möglichkeit hat, ihn im Ausland zu absvolieren, Abwechslung und ist gleichzeitig für die Persönlichkeitsentwicklung wertvoll. Für viele besteht darin auch die erste längere Reise nach einer langen und kräftezehrenden Lernphase in Vorbereitung auf das erste oder zweite Staatsexamen, was das Ganze zu einem besonderen Abenteuer macht.

Anzumerken ist dabei, dass der Erwerb eines LLM-Titels keinesfalls zu unterschätzen oder mit einem Erasmus-Kurs an einer auswärtigen Universität zu vergleichen ist - der LLM ist anspruchsvoll und fordernd auch in sprachlicher und kommunikativer Hinsicht. Letzteres trifft vor allem dann zu, wenn es sich um einen „Auslands-LLM“ handelt, bzw. einen Studiengang, den man nicht auf seiner Muttersprache studiert.

Ungemein schult Sie ein Master im Umgang mit fremden Kulturen im Ausland und zeugt so gegenüber zukünftigen Arbeitgebern oder Geschäftspartnern/Mandanten von besonderer Weltoffenheit und Eigenständigkeit, sich auch im Ausland und unter Fremden fachlich und menschlich zurechtzufinden und gleichzeitig auf ein Ziel hinzuarbeiten.

Schließlich ist auch hier ein in Aussicht gestelltes, im Vergleich zu Juristen ohne LLM-Titel höheres Einstiegsgehalt als Pluspunkt herauszustellen. Es ist dabei unerheblich, wo der LLM erworben wurde, allerdings ist es bei international operierenden Kanzleien durchaus von Vorteil, wenn ein „Auslands-LLM“ vorgewiesen werden kann.

 

b) Contra LLM

Die beliebtesten Masterstudiengänge in weit entfernteren Ländern wie den USA sind mit enorm hohem finnaziellem Aufwand verbunden und stehen daher in erster Linie denjenigen offen, die die Möglichkeit haben, diese Mittel ad-hoc privat aufzubringen. Auch als Stipendiat haben Sie die Möglichkeit, mit Ihrem Förderer über etwaige Kostenzuschüsse zu sprechen. Hierbei sind Sie dennoch meist nicht völlig frei, sondern müssen höhere Voraussetzungen erfüllen und eine besondere Motivation plausibel machen, die eine Bezuschussung rechtfertigt. 

Seien Sie dennoch nicht zögerlich, sich nach niedrigschwelligeren Angeboten in ggfs. „weniger beliebten“ Ländern umzuschauen - außerhalb der USA und Großbritanniens gibt es viele Optionen, die für Ihren Auslands-LLM in Frage kommen könnten und die Sie auf den ersten Blick vielleicht noch gar nicht erkannt haben. 

Sollte es mit Ihrem Vorhaben aus anderen Gründen nicht wie geplant klappen, verzweifeln Sie ebenfalls nicht: Der LLM ist nicht in allen Bereichen überhaupt von Vorteil und schon gar nicht erforderlich. Der Titel ist in jedem Falle zwar „nice to have“ und er bringt die nicht wenig bedeutsamen Vorteile mit sich, die wir oben erläutert haben. Aber ihre beruflichen Chancen sind, insbesondere wenn Sie eine Tätigkeit in der Großkanzlei nicht in Erwägung ziehen, nicht gechmälert, wenn Sie einen LLM-Studiengang - sei es im Inland oder im Ausland - nicht absolvieren konnten.

Sehen Sie sich hierzu auch unser entsprechendes YouTube-Video an:


Ihr Team der Akademie Kraatz und der Assessor Akademie

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