E-Examen: Elektronisches juristisches Staatsexamen 2.0

15.01.2024 | von Dr. Robert König

Das elektronische Staatsexamen kommt für alle Juristen! 

In manchen Bundesländern, wie z.B. in Sachsen oder Sachsen-Anhalt, wurde das E-Examen im 1. und 2. Staatsexamen schon umgesetzt. In Berlin und Brandenburg durften die Referendare im Dezembertermin 2023 zum ersten Mal die zweite juristische Staatsprüfung am Computer schreiben. Auch in den restlichen Bundesländern läuft die Vorbereitung zur Einführung des digitalen Examens für angehende Juristen auf Hochtouren. Alle 16 Ministerien der Justiz sind willens, die schriftlichen Prüfungen (endlich) zu digitalisieren.

Ist das E-Examen Pflicht?

In vielen Bundesländern (u.a. Nordrhein-Westfalen und Bayern) werden die Referendare schon 2024 mit dem E-Examen konfrontiert sein (das erste Examen folgt in dieser Hinsicht in der Regel später). Für einen Übergangszeitraum werden die Prüflinge jedoch ein Wahlrecht haben: Sie können ihre Pflichtfachprüfung am Computer ablegen, müssen dies jedoch nicht. In dem besagten Übergangszeitraum ist auch weiterhin eine handschriftliche Anfertigung der Klausuren möglich. Eine Pflicht zur Teilnahme am E-Examen besteht mithin nicht.
Dieses Wahlrecht habt Ihr übrigens auch im Rahmen der Examensvorbereitung der Kraatz Group. Egal, ob Ihr Euch auf das erste Examen bei der Akademie Kraatz oder schon auf das zweite Examen bei der Assessor Akademie vorbereiten möchtet, bei uns könnt Ihr schon seit Jahren Eure Klausuren analog oder digital einreichen.

Auswirkungen des E-Examens auf die juristischen Prüfungen 2024

Das E-Examen steckt noch in seinen Kinderschuhen. Dennoch ist bereits jetzt offensichtlich, welche Auswirkungen das elektronische Schreiben der Präsenzarbeiten haben wird.
Im folgenden Beitrag möchten wir Euch daher die potenziellen Vor- und Nachteile der geplanten Neuerungen vorstellen.

Vorteile des E-Examens gegenüber handschriftlichen Klausuren

Es gibt mehrere Vorteile von E-Klausuren (elektronischen Klausuren bzw. digitalen Klausuren) im Vergleich zu handschriftlichen Klausuren.

Leserlichkeit der Klausur

Eine E-Klausur ist in der Regel besser lesbar als eine handschriftliche Klausur. Dadurch können potenzielle Missverständnisse oder Interpretationsfehler vermieden werden, da der Text in elektronischer Form klar und deutlich dargestellt wird. Gerade für Studenten und Referendare mit einer schlechten Handschrift kann eine E-Klausur daher (sehr) vorteilhaft sein. Der Autor dieses Blogbeitrags zählt sich übrigens selbst zu dieser Gruppe und hätte äußerst gerne die Möglichkeit gehabt, den Stift gegen eine Tastatur zu tauschen.

Leichtere Fehlerkorrektur am Computer

Bei einer E-Klausur können Tippfehler oder inhaltliche Fehler leicht korrigiert werden, ohne dass die gesamte Klausur neu geschrieben werden muss. Auch muss nicht mehr mit Tintenkiller (frisst wertvolle Klausurzeit) oder Durchstreichen (schlechte Optik der Klausur) gearbeitet werden. In diesem Sinne ist das E-Examen seinem analogen Pendant überlegen.

Schnelleres Schreiben am Computer als handschriftlich

Das E-Examen ermöglicht es den Studierenden und Referendaren, schneller zu schreiben und ihre Texte auch anschließend zu bearbeiten. Sie können leicht zwischen den Fragen navigieren und Absätze hinzufügen oder umstellen. Dadurch kann mehr Inhalt in kürzerer Zeit erfasst werden. Bei einem (zumindest vorerst) gleichbleibenden Klausurumfang dürfte man daher unter dem Strich etwas mehr Bearbeitungszeit haben.

Effiziente Prüfungssoftware: Schnellere Korrektur der Klausuren?

Da die Transportwege der analogen Klausuren in Papierform (vom Prüfungsort zum Prüfungsamt, zum Korrektor und wieder zurück) entfallen, wird die Korrektur hoffentlich etwas schneller vonstattengehen.
Außerdem ist der Arbeitsaufwand für den Korrektor voraussichtlich geringer, da er keine unleserlichen Handschriften mehr entziffern muss. Dies könnte sich dann positiv auf die Laune mancher Korrektoren und damit auf die Bereitschaft, bessere Noten zu geben, auswirken.

Umweltfreundlichkeit der elektronischen Prüfung

Elektronische Klausuren sparen Papier und tragen damit zur Schonung der Umwelt bei. Es werden keine gedruckten Unterlagen benötigt und auch die Nachhaltigkeit des Prüfungsprozesses wird verbessert, da weniger Ressourcen für die Aufbewahrung und Archivierung von Papierdokumenten benötigt werden.

Datenanalyse durch Prüfungssoftware

Mit E-Klausuren lassen sich Daten effektiver analysieren und statistische Auswertungen durchführen. Dies kann zur Identifizierung von Stärken und Schwächen der Studierenden und Referendaren beitragen und bei der kontinuierlichen Verbesserung des Lehrplans im Jurastudium und der Prüfungsinhalte helfen.

Nachteile des elektronischen Examens gegenüber handschriftlichen Klausuren

Natürlich können sich durch die Einführung des E-Examens auch Nachteile für die Prüfungskandidaten ergeben. Das gilt gerade für die ersten Jahre nach der Einführung des elektronischen Examens, da Neuerungen oftmals noch nicht hinreichend erprobt sind.

Streichung von Prüfungsorten

Um Kosten für die neue IT-Infrastruktur zu sparen, gibt es in manchen Bundesländern Pläne, einzelne Prüfungsorte zusammenzulegen. Konkrete Beschlüsse gibt es hierzu in Bayern, wo der Prüfungsort Passau  gestrichen werden soll. Das stellt für die Passauer Studenten einen erheblichen Standortnachteil dar und hat sowohl politisch, also auch innerhalb der Studierenden eine Gegenbewegung ausgelöst.
In Berlin soll es auch nur noch einen einheitlichen Prüfungsort an der Freien Universität Berlin geben. Die Aufsichtsarbeiten finden in Zukunft im Center für Digitale Systeme der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin, kurz CeDiS, statt. Dies hat v.a. für Studenten und Referendare, die am anderen Ende der Stadt leben, einen erheblichen Nachteil.

Technische Probleme

E-Klausuren erfordern eine zuverlässige technische IT-Infrastruktur. Wenn es technische Probleme gibt, wie beispielsweise Server- oder Stromausfälle, kann dies zu Unterbrechungen oder Datenverlust führen und den Prüfungsprozess beeinträchtigen. Wenn man bedenkt, dass die öffentliche Verwaltung und die Justiz in Deutschland mit der Digitalisierung mehr schlecht als recht zurechtkommen, erscheint die Gefahr technischer Probleme real.

Laute Tastaturgeräusche

Laute Tastaturgeräusche können im Examen stören und ablenken. Nach den derzeitigen Planungen der JPA sollen jedoch leise Tastaturen eingesetzt werden (z.B. Cherry KC 1000). Außerdem sind mehrere Probedurchläufe in unterschiedlichen Bundesländern in dieser Hinsicht positiv abgelaufen.

Erhöhte Betrugsgefahr im E-Examen?

Da E-Klausuren in einer digitalen Umgebung stattfinden, besteht die Möglichkeit von Betrugsversuchen. Daher muss eine sichere IT-Infrastruktur für die Prüfungen geschaffen werden.

Anpassungsaufwand für die Prüfungsämter

Die Einführung von E-Klausuren erfordert oft eine gewisse Umstellung sowohl für Studierende und Referendare als auch für die Mitarbeiter im JPA. Es können Schulungen oder Anpassungsphasen erforderlich sein, um sich mit der verwendeten Software oder den spezifischen Anforderungen vertraut zu machen, was zusätzlichen Aufwand und Zeitbedarf bedeutet.

Sicherheitsrisiken

Elektronische Prüfungssysteme können anfällig für Sicherheitsverletzungen oder Hacking-Angriffe sein. Dies kann dazu führen, dass Prüfungsfragen oder -antworten gestohlen oder manipuliert werden. An dieser Stelle ist es wichtig, dass die Prüfungsämter mit moderner IT-Infrastruktur arbeiten.

Potenzielle Lernbarriere für technisch unerfahrene Studierende

Studenten, die weniger technisch versiert sind (z.B. keine Erfahrung mit dem 10 Finger System) oder über begrenzten Zugang zu digitalen Ressourcen verfügen, könnten Schwierigkeiten bei der Bewältigung von E-Klausuren haben. Dies kann zu einer zusätzlichen Belastung und Stress führen und letztlich auch das Potenzial der Studierenden beeinträchtigen. Daher ist es wichtig, sich rechtzeitig vor der Einführung des E-Examens mit den benannten Themen vertraut zu machen.

Fazit zu den Vor- und Nachteilen des E-Examens

Es ist wichtig, dass die Justizprüfungsämter (JPA) bei der Implementierung von E-Klausuren diese Nachteile berücksichtigen und geeignete Maßnahmen ergreifen, um sie zu minimieren. Dies kann die Auswahl einer zuverlässigen Prüfungsplattform, Schulungen für Studierende, Referendare und Prüfer sowie klare Richtlinien und Überwachungsverfahren umfassen.
Das für Berlin und Brandenburg zuständige Gemeinsame juristische Prüfungsamt (GJPA) hatte z.B. für diejenigen Referendarinnen und Referendare, die als erste im Dezember 2023 das zweite Staatsexamen in elektronischer Form abgelegt haben, ein Demoportal freigeschaltet. Dies hat es den Teilnehmern ermöglicht, sich vorab mit der Software vertraut zu machen. Außerdem gab es ein Informationsblatt (enthielt u.a. Informationen zur genutzten Tastatur des Herstellers Cherry usw.) sowie eine Informationsveranstaltung, auf der man Fragen stellen konnte.

Erste Erfahrungen nach Einführung des E-Examens

Es ist wichtig zu beachten, dass E-Klausuren auch ihre eigenen Herausforderungen und Nachteile haben können, wie beispielsweise technische Probleme oder die Notwendigkeit einer sicheren Prüfungsumgebung.  Unter dem Strich dürften die Vorteile aber überwiegen. Dies belegen auch die Zahlen der ersten Durchgänge. In Berlin und Brandenburg haben beispielsweise schon im ersten Durchgang im Dezember 2023 99 % der Referendarinnen und Referendare die elektronische Anfertigung einer Klausur in Papierform vorgezogen.

Unser Angebot für Deine Vorbereitung auf das E-Examen

Im Rahmen unserer Kurse zur Vorbereitung auf das 1. (Akademie Kraatz) und 2. Staatsexamen (Assessor Akademie) besteht übrigens schon seit Jahren die Möglichkeit, Eure Übungsklausuren digital abzugeben.
Zudem sind wir beim sog. blended learning führend: Neben dem Präsenz- oder Online-Unterricht durch unsere Dozenten stellen wir unseren Kursteilnehmern auch umfassende Lernvideos in allen Rechtsgebieten zur Verfügung.
Wir sind überzeugt, dass auch die juristische Ausbildung mit der Zeit gehen muss. Das gilt gerade auch für die Repetitorien. Deshalb bieten wir auch ausschließlich Einzel- und Kleingruppenunterricht an. Der Frontalunterricht in einer großen Gruppe entspricht schon längst nicht mehr der aktuellen Didaktik und wird in der Pädagogik als veraltet angesehen.
Unsere Kursteilnehmer müssen sich vor dem E-Examen nicht fürchten, da wir selbstverständlich unsere Examensvorbereitung ständig an jegliche Neuerungen seitens der Prüfungsämter anpassen.

Fazit zum juristischen E-Examen

Alles in allem kann man festhalten, dass das E-Examen in Jura in den nächsten Jahren deutschlandweit kommen wird. Daher ist es wichtig, am besten schon zu Beginn des Jurastudiums, sich mit dem Schreiben am Computer zu befassen. Heutzutage kann zwar jeder einen Computer bedienen, aber wenige beherrschen Word und das 10 Finger Schreiben wirklich effektiv. In Schule und Universität werden derartige Fähigkeiten nicht beigebracht.
In unserem Unterricht im Hinblick auf das erste und zweite Examen legen wird schon heute einen großen Wert darauf, Euch auch bei derartigen „Nebenthemen“ zu unterstützen. Wir sehen die Examensvorbereitung als einen ganzheitlichen Prozess an, bei dem es nicht nur um die reine Wissensvermittlung seitens des Repetitoriums geht. Daher steht Euch auch neben unseren hochqualifizierten Dozenten ein persönlicher Lernguide zur Verfügung, der Euch in allen Belangen der Examensvorbereitung unterstützt.

Dr. Robert König

 
 


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