Lange Zeit war fraglich, ob Betroffene sich hierdurch strafbar gemacht haben.

Der digitale Impfnachweis Covpass ist mittlerweile aufgrund der Regelungen im neuen Infektionsschutzgesetz in allen öffentlichen und privaten Einrichtungen Zutrittsvoraussetzung, d.h. um gewisse Orte wie den Arbeitsplatz oder ein Restaurant betreten zu dürfen, müssen Sie geimpft, genesen oder negativ getestet sein.

 

Worum geht es bei den Impfzertifikat-Fällen?

Aufgrund von Misstrauen oder Zweifeln entscheiden sich weiterhin viele Menschen, sich nicht gegen das Corona Virus und seine Varianten impfen zu lassen. Da sie gleichzeitig keine Einschränkungen im privaten und beruflichen Bereich in Kauf nehmen möchten, haben sich andere Wege ergeben, an die zutrittsgewährenden Impfpässe zu gelangen. Bei der Herstellung gefälschter Impfpässe durch Privatleute und Ärzte wird eine Vorlage geschaffen, die bei der Apotheke zur Aushändigung des digitalen Impfzertifikates berechtigt.

Lange war fraglich, ob sich die Fälschenden bzw. Vorzeigenden hierdurch strafbar machten.

Das AG Osnabrück hatte den Antrag auf Beschlagnahme eines mutmaßlich gefälschten Impfausweises einst abgelehnt, da das Verhalten des Beschuldigten aus seiner Sicht nicht strafbar sei.



Welche Straftatbestände kommen in einem solchen Fall in Betracht?

Vorliegend geht es um das Herstellen und das Gebrauchen eines Impfpasses, welcher als Gesundheitszeugnis im Sinne der §§ 277, 279 StGB zu qualifizieren ist. Gesundheitszeugnisse sind Bescheinigungen über die jetzige, frühere oder voraussichtliche künftige Gesundheit eines Menschen.

Die §§ 277, 279 StGB stellen das Fälschen und Gebrauchen von unrichtigen Gesundheitszeugnissen unter Strafe.

 

Wieso war der Beschuldigte nach Ansicht des Gerichts dennoch nicht strafbar?

Es ging um das Vorlegen eines unrichtigen, also gefälschten Impfausweises bei der Apotheke. Diese sei nach Ansicht des Gerichts nicht in das staatliche Gefüge eingegliedert, also nicht Teil der Staatsverwaltung, und somit keine Behörde im Sinne des StGB.

Auch eine Strafbarkeit nach den allgemeinen Urkundsdelikten käme nicht in Frage, da diese zwar Herstellung, Fälschen und Verwenden einer unechten Urkunde regeln, aber zu den §§ 277, 279 StGB, die im vorliegenden Fall spezieller sind, nachrangig sind. Die allgemeinen Straftatbestände sind daher hier nicht anwendbar.

Auch eine Strafbarkeit nach Infektionsschutzgesetz ist tatbestandlich nicht gegeben.

Damit stellt sich die Frage, ob eine Strafbarkeitslücke hier einfach so hinzunehmen ist und das in Rede stehende Verhalten tatsächlich straffrei dahinstehen kann.

 

Rückgriff auf Straftatbestand der allgemeinen Urkundenfälschung doch möglich?

Die niedersächsischen Generalstaatsanwälte halten nun die Anwendbarkeit des § 267 StGB für möglich, der eigentlich laut Gericht wegen Spezialität der §§ 277, 279 StGB gesperrt ist. So würde man für die Herstellung Vorlage eines gefälschten Impfzertifikates bei der Apotheke doch zu einer Strafbarkeit gelangen.

Zwar liegt mit einer Apotheke als privater Einrichtung keine Behörde vor. Aber der allgemeine Straftatbestand des § 267 StGB müsste ggfs. in einem solchen Fall herangezogen werden, um eine unerwünschte Strafbarkeitslücke zu schließen und Wertungswidersprüche auszuschließen, die dem Willen des Gesetzgebers zuwiderliefen.

 

Neue Rechtslage: Strafbarkeit nach allgemeinen Urkundsdelikten nun möglich (Sperrwirkung entfällt)

Nachdem unter Juristen viel diskutiert worden ist, auf welchem Wege oder ob die beschriebene Strafbarkeitslücke für Impfzertifikat-Fälscher oder solche, die von gefälschten Impfpässen Gebrauch machten, geschlossen werden sollte, hat sich eine anderweitige Lösung ergeben: Nach der neuen Rechtslage besteht an der Anwendbarkeit des § 267 I StGB kein Zweifel mehr. Er ist nicht mehr durch die Vorschriften der §§ 277 ff. StGB n.F. gesperrt. Es kann also dahinstehen, ob eine solche Sperrwirkung nach der alten Rechtslage bestand und so eine Strafbarkeitslücke entstand.

 

Aussicht

In Deutschland steigt nach und nach die Zahl gefälschter Impfnachweise und damit auch die Zahl damit einhergehender Straftaten (§ 267 I StGB). Seit Änderung der Gesetzeslage Ende 2021 sind schon mehrere Straftäter wegen Fälschens bzw. Gebrauchens gefälschter Impfpässe verurteilt worden. Die Strafen können hier hohe Maße annehmen, die Richter begründen dies damit, dass den Urteilen angesichts der Gefahr der Nachahmungstäter auch eine gewisse Abschreckungswirkung verliehen werden soll. Dies sei auch legitim, da Generalprävention als legitimer Strafzweck bei der Bemessung der Strafhöhe sehr wohl berücksichtigt werden dürfe.

Ihr Team der Akademie Kraatz und der Assessor Akademie

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