Fehlende Kompetenzen (Hard & Soft Skills) im Jurastudium

 
03.07.2024 | von Dr. Robert König
 


Im Jurastudium lernt man vieles, nur leider oft nicht das Wesentliche. Das gilt sowohl für das Fachliche als auch für die Soft Skills.

Juristische Hard Skills im Jurastudium

Hard Skills sind die fachlichen Fähigkeiten, die Du benötigst, um ein gutes Staatsexamen zu schreiben. Bedauerlicherweise gibt es hier an den Universitäten elementare, strukturelle Defizite, weshalb ca. 90 % der Studenten in der Examensvorbereitung ein privates Repetitorium aufsuchen.

1. Nur theoretisches Fachwissen

In den Vorlesungen, die den Großteil der Lehre an der Uni ausmachen, wird den Studenten von den Professoren juristisches Wissen vermittelt, das sich zum Teil auf wissenschaftlich höchstem Niveau bewegt. Das liegt in der Natur der Professoren, diese forschen auf ihrem Gebiet zu Spezialthemen, schreiben Rechtsgutachten, Kommentare und Aufsätze in anerkannter rechtswissenschaftlicher Literatur.
Das führt jedoch zwangsläufig dazu, dass eine gewisse Entkoppelung vom Wissensstand der Studenten stattfindet. Letztere kommen in den allermeisten Fällen ohne jedes Basiswissen an der Universität an und haben als oberstes Ziel, Hausarbeiten, Klausuren und schließlich das Staatsexamen erfolgreich zu bestehen. Dafür nützt abstraktes Wissen wenig.
Auch die eher praktisch orientierten AGs machen neben den Vorlesungen einen eher kleinen Teil der Lehre aus. Letztlich kommt es nur darauf an, das Staatsexamen zu bestehen und wenn möglich auch noch mit einer guten Note. Wer später wissenschaftlich arbeiten möchte (es sind die Allerwenigsten, die sich für eine Karriere in der Wissenschaft entscheiden), hat dafür nach den Examensprüfungen noch genügend Zeit. Daher sollte das Wissen nicht theoretisch, sondern klausurenorientiert beigebracht werden.

2. Zu wenig Klausurentraining & schlechte Korrekturen

Mit dem Thema Klausuren kommen wir schon zum zweiten elementaren Problem des Jurastudiums. Das Studium enthält viel zu wenig Klausuren, um später die notwendige Klausurenpraxis für das Examen zu haben. Die wenigen Klausuren, die während dem Grund- und Hauptstudium geschrieben werden, gehen außerdem an der Examenspraxis völlig vorbei. Sie sind weitaus kürzer und auch leichter als die späteren Examensklausuren. Daher sind sie auch aus inhaltlicher Sicht keine wirkliche Übung für den Ernstfall.
Dort, wo Klausurenkurse vor dem Examen an der Uni angeboten werden, mangelt es meistens an einer qualitativen Korrektur. Fakt ist leider, dass die meisten Korrekturassistenten Juristen sind, die sich mit der Korrektur etwas dazuverdienen wollen, aber leider in keinster Weise zu den Besten ihres Fachs gehören. Und das ist noch mehr als wohlwollend formuliert. Welcher Prädikatsjurist würde schon für de facto etwas mehr als den Mindestlohn Klausuren korrigieren? Obendrein werden die Korrektoren nicht fest angestellt und nicht nach Zeit, sondern je korrigierte Klausur bezahlt. Das verleitet viele dazu, ungenau zu arbeiten, um mehr Korrekturen in kürzerer Zeit zu schaffen.

3. Umgang mit Fällen wird nicht ausreichend geschult

Zwar werden in den Vorlesungen Beispielfälle zur Illustration des präsentierten Wissens angerissen und mündlich vorgestellt. Dies ist jedoch für die wenigsten Studenten nachvollziehbar, da sie noch gar nicht ausreichend mit dem Prüfungsaufbau eines Falles und der generellen Herangehensweise vertraut sind.
Wird nur frei von Fällen berichtet und wie diese richterlich entschieden worden sind, ist es kaum möglich, die notwendigen Zuordnungen zu einzelnen Prüfungsschemata herzustellen. Vielmehr ist es – so wie es in den AGs und Tutorien gehandhabt wird – notwendig, entlang eines klaren Prüfungsschemas strukturiert durchzugehen, wo welcher rechtliche Aspekt aufgegriffen und durchgeprüft werden muss und an welcher Stelle der Fallprüfung genau das Wissen der Vorlesung abgehandelt werden muss. Dieser konkrete Fallbezug fehlt in fast allen Vorlesungen. Daher solltet Ihr Vorlesungen ohne Fall- und Klausurbezug nicht besuchen. Letztlich ist das bloße Zeitverschwendung.

4. Methodenlehre wird höchstens am Rande behandelt

Die juristische Methodenlehre bezeichnet die wissenschaftliche Beschäftigung mit juristischen Methoden zur Begründung einer rechtlichen Entscheidung bzw. die grundlegende Vorgehensweise bei der Bearbeitung von juristischen Sachverhalten. Da die allermeisten Studierenden vor ihrem Studium kaum Berührungspunkte mit der juristischen Praxis gehabt hatten, wäre es für alle von Vorteil, wenn man ihnen eine Einführung in die Methodenlehre des Rechts geben würde. Sonst könnte es ggf. Semester oder Jahre dauern, bis sich ihnen das juristische Denken und die Vorgehensweise in Falllösungen erschließt. Themen wie Gutachtenstil, Urteilsstil, juristische Auslesungsmethoden zur Ermittlung des Sinnes eines Rechtssatzes, Subsumtionstechnik oder Rechtsfortbildungsmethoden sollten allen Jurastudenten geläufig sein, da es sich um immer wiederkehrende Anwendungstechniken des deutschen Rechts handelt. 

Soft Skills für Juristen

Die Belastbarkeit wird durch die Examensvorbereitung (und die fehlende Unterstützung der Unis) mehr als genüge trainiert. Aber alle anderen Soft Skills kommen im Jurastudium viel zu kurz. Mitunter werden zwar Schlüsselqualifikationen zu Mediation und Ähnlichem angeboten. Dennoch reicht das Angebot der Universitäten bei Weitem nicht aus. 

1. Soziale, zwischenmenschliche Fähigkeiten

Die Bedeutung der Soft Skills im späteren Berufsleben kann gar nicht oft genug betont werden. Ein Prädikatsexamen allein macht keinen Partner in einer Großkanzlei. Ohne soziale Kompetenzen wird man niemals genug Mandanten akquirieren bzw. andere davon überzeugen, dass man das Zeug für eine Führungsposition hat.

2. Teamfähigkeit & Kommunikationsfähigkeit

In diesem Kontext ist auch die Fähigkeit, im Team zu arbeiten, sehr wichtig. Egal, ob man später in einem Unternehmen, in einem Ministerium oder in einer Kanzlei arbeitet: Man trifft immer auf andere Menschen und arbeitet – jedenfalls bei größeren Projekten – selten allein. Teamarbeit findet an der Uni leider nicht statt, weshalb Berufseinsteiger hier gravierende Defizite  aufweisen. Alle Lern- und Prüfungsformate (Klausuren, Hausarbeiten und mündliche Prüfungen) sind ausschließlich für Einzelkämpfer gemacht. Eine Gruppenarbeit, wie sie in den meisten anderen Studiengängen üblich ist, gibt es bei Jura nicht. Abhilfe muss man sich hier zwangsläufig selbst schaffen. Beispielsweise kann die Teilnahme an einem Moot Court perfekt sein, um die eigene Teamfähigkeit zu verbessern.

3. Digitale Skills und Innovationskompetenz

Zwar wollen die Prüfungsämter (JPA) flächendeckend das E-Examen [RK3] einführen. Die für das digitale Staatsexamen notwendigen Fähigkeiten werden jedoch seitens der Universität praktisch nicht vermittelt. Im Hinblick auf digitale Skills kann man froh sein, wenn die Uni einen Kurs zum Umgang mit Beck Online und Juris anbietet.
Wenn Ihr allerdings im E-Examen keine Nachteile haben wollt, müsst Ihr vor allem zwei Dinge beherrschen: Die Textverarbeitung am Computer und schnelles, fehlerfreies Schreiben. Wer es noch nicht kann, sollte sich also schleunigst für einen 10 Finger Schreibkurs anmelden.
Darüber hinaus sind wir von der Kraatz Group der Überzeugung, dass auch der Jura Unterricht mit der Zeit gehen muss. Deshalb nutzen wir schon seit vielen Jahren moderne Unterrichtskonzepte wie Blended Learning.

4. Rhetorik & Präsentationsfähigkeiten

Ähnliches gilt für die Rhethorikkünste, die im Jurastudium keinesfalls geschult werden. Höchstens in wahlweisen Seminaren für Zusatzkompetenzen wird es angeboten, Kurse zum Thema Rhetorik zu besuchen, in denen Vorträge gehalten werden. Auch hier muss man sagen, dass das selbstsichere Auftreten vor anderen in den juristischen Berufszweigen zu den Kernkompetenzen gehören dürfte. Alles Wissen kann am Ende niemandem nutzen, wenn man es nicht an notwendiger Stelle angemessen artikulieren kann. Das stille Lernen an der Universität, wo selbst in Vorlesungen kaum Raum für Interaktion oder akademische Gespräche ist, fördert die Rhetorikkompetenz in keinem Fall. Hier kommt es ebenfalls auf die eigene Initiative der Studierenden an – dies kann schon im Kleinen beginnen, bspw. indem man sich eine Lerngruppe sucht, mit der man sich regelmäßig Wissensinhalte präsentiert und diskutiert.

Fazit

Die Tatsache, dass das Jurastudium reformierungsbedürftig ist, stellen selbst die Universitäten häufig nicht Infrage. Es bleibt zu hoffen, dass es langfristig zu Verbesserungen kommen wird. Kurzfristig wird es jedoch keine Abhilfe geben. Alle jetzigen Jurastudenten werden folglich bis zu ihrem Examen weiterhin mit den seit gut 100 Jahren bekannten Problemen leben müssen.
Im Hinblick auf das juristische Fachwissen gibt es jedoch Abhilfe durch uns private Repetitorien. Dabei hat das klassische Großgruppenrepetitorium mit ähnlichen Problemen wie ein überfüllter Vorlesungsraum zu kämpfen. Daher gehen wir seit über 20 Jahren bewusst einen anderen Weg. Wir sind überzeugt, dass nur der IndividualunterrichtDich am besten fördert. Egal, ob Du im Studium, der Examensvorbereitung (Akademie Kraatz) oder schon im Referendariat (Assessor Akademie) stehst – wir von der Kraatz Group haben immer das passende Unterrichtsangebot für Dich. Überzeug Dich gerne davon in einem kostenlosen Probetermin.
 
Dr. Robert König
Mitgeschäftsführer Jura Essentials Verlag
 

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