Hinweise zur Remonstration in Jura (Teil 1/2)

19.04.2024 | von Dr. Robert König



Schon wieder nur 3 Punkte? Dann hilft Dir vielleicht die Remonstration!

Bessere Benotung in Jura mittels Remonstration!

Du bist durchgefallen oder denkst, dass Du ungerecht bewertet worden bist? Damit bist Du im Jurastudium leider nicht alleine. Die Durchfallquoten sind hoch und die Notenvergabe ist alles andere als nachvollziehbar, weil die Noten nicht nach einem festen Bewertungsschema (wie in den meisten Studiengängen), sondern letztlich „Pi mal Daumen“ erfolgen.
Auch die Qualität der Korrekturen, die nicht vom Lehrstuhl selbst, sondern von externen (und häufig schlecht qualifizierten) Korrekturassistenten angefertigt werden, lässt seit jeher zu wünschen übrigen. Daher sind viele Korrekturen fehlerhaft.
Gegen ein negatives Prüfungsergebnis kann man sich jedoch mittels einer Remonstration (von lateinisch remonstrare: „wieder zeigen“) wehren. In diesem Artikel möchten wir Dir daher alles Notwendige erklären, worauf es beim Remonstrieren ankommt.

Abgrenzung zum Widerspruch (§§ 68 ff. VwGO)

Niemand möchte in einer Hausarbeit oder Klausur bei 0 bis 3 Punkten landen. Eine nicht bestandene Prüfung stellt für jeden Studierenden eine persönliche „Belastung“ dar. Als „Adressat“ einer „Belastung“ denken die meisten Studenten zunächst an die Rechtsbehelfe der Verwaltungsgerichtsordnung. Warum also nicht gleich einen Widerspruch bzw. eine Anfechtungsklage fertigen, so wie man es in der Vorlesung gelernt hat? 
Die einzelne Notenvergabe für eine Prüfungsleistung stellt mangels Regelungswirkung jedoch keinen Verwaltungsakt im Sinne des § 35 I VwVfG dar. Sie ist im Normalfall nur eine Verfahrenshandlung, welche nach § 44a VwGO nicht einzeln anfechtbar ist. Eine Ausnahme besteht nur dort, wo die einzelne Notenvergabe explizit als Verwaltungsakt bezeichnet wird (sog. formeller Verwaltungsakt). Das ist z.B. bei der Fernuni Hagen der Fall. Dort erfolgt die Notenvergabe auch nicht, wie an 95 % der Unis, formlos, sondern mittels eines Notenbescheids einschließlich einer Rechtsbehelfsbelehrung. In diesem Fall muss man dann Widerspruch einlegen. 
An so gut wie allen anderen Universitäten stellt die Notenvergabe aber keinen Verwaltungsakt dar, gegen den man sich mit den förmlichen Rechtsbehelfen der VwGO wehren könnte. Abhilfe schafft in einem solchen Fall nur die Remonstration. Hierunter versteht man die Eingabe an eine bestimmte Stelle (hier den Prüfer), sich noch einmal mit einer Entscheidung auseinanderzusetzen. Mithin beanstandet man mit der Remonstration die ursprüngliche Bewertung und ersucht den Prüfer um eine Neubewertung einer Prüfungsleistung. 

Formelle Anforderungen

Die formellen Anforderungen variieren zwischen den Fakultäten. Mitunter ist eine Teilnahme an der Klausurbesprechung bzw. Besprechung der Hausarbeit verpflichtend, damit man später überhaupt remonstrieren kann. Informier Dich im Vorfeld genau über die formellen Anforderungen des Remonstrationsverfahrens, da andernfalls Deine Remonstration schon an dieser ersten Hürde scheitern wird.
Des Weiteren muss man eine Remonstration schriftlich einreichen. Adressat ist entweder der Lehrstuhl (Regelfall) oder das Prüfungsamt der Fakultät. Elementar ist darüber hinaus die Frist. Diese beträgt in der Regel zwischen 1 Woche und 1 Monat nach Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses oder der betreffenden Prüfungseinsicht.
Tipp: Die meisten rechtswissenschaftlichen Fakultäten haben Hinweise zur Remonstration auf ihrer Internetseite veröffentlicht. Diese spezifischen Formalia solltest Du unbedingt beachten. Falls es keine Publikation im Internet gibt, frag vor Anfertigung Deiner Remonstration beim Prüfungsamt und/oder der Fachschaft nach.

Korrekturfehler (Bewertungsmängel) erkennen

Nur wie bringt man eine Remonstration zum Erfolg? Schließlich hat der Prüfer einen nur bedingt überprüfbaren Beurteilungsspielraum.
Daher hat eine Remonstration nur dann Erfolg, wenn der Korrektor seinen Beurteilungsspielraum verletzt bzw. überschritten hat. Erst dann ist die Bewertung überhaupt rechtlich überprüfbar und es findet eine Neubewertung statt. Sind keine Korrekturfehler vorhanden, so wird der Professor, der im Ergebnis über die Remonstration entscheidet, die bisherige Note ohne eine sachliche Neubewertung aufrechterhalten.
Aber selbst wenn Korrekturfehler vorhanden sind, heißt es nicht automatisch, dass man am Ende eine bessere Note bekommt. Vielmehr findet im Fall von Korrekturfehlern eine komplett neue Korrektur statt. Und auch bei dieser Korrektur hat der Prüfer einen Beurteilungsspielraum.
Mithin wird eine Remonstration nur dann Erfolg haben, wenn gewichtige Korrekturfehler vorliegen und die Prüfungsleistung im Übrigen eine bessere Benotung rechtfertigt. Ein Fehler, der nur ein sehr geringes Gewicht hat oder der nicht kausal für die Note war, hilft nicht weiter.

Die häufigsten Gründe für eine Remonstration

Für eine erfolgreiche Remonstration musst Du also die Fehler der Korrektur präzise herausarbeiten. Die wichtigsten Bewertungsfehler sind folgende:

Rechtliche Fehleinschätzung

Hier wird eine vertretbare Lösung als falsch eingestuft. Hast Du also eine vertretbare, aber nicht der Lösungsskizze entsprechende Lösung gewählt, stehen die Chancen gut, dass Deine Remonstration Erfolg haben wird.
Nun stellt sich die Frage, was eine vertretbare Lösung ist? Dies ist eine Lösung einer rechtlichen Frage bzw. eines Problems unter Beachtung der korrekten juristischen Methodik, also der Auslegungsmethoden. Ein Prüfling wird aber kaum in der konkreten Prüfungssituation unter Zeitdruck eine neue juristische Meinung zu einem bekannten Problem entwickeln. Vielmehr wird man etwas herunterschreiben, was man zuvor gelernt hat. Praktisch bedeutet dies folglich, dass eine Lösung vertretbar ist, wenn die eigene Klausurlösung so in einer Fachpublikation vertreten wird. Daher sollte man in Beck Online und Juris danach suchen, ob die eigene, in der Klausur vertretene, aber als falsch bewertete Lösung, genauso in einer Fachpublikation zu finden ist. Die betreffende Fundstelle muss man dann in der Remonstrationsschrift zitieren.

Inhaltliche Fehleinschätzung bzw. fehlende Berücksichtigung von richtigem Inhalt

Der Korrektor übersieht richtigen Inhalt oder versteht den Inhalt falsch. Dieser Korrekturfehler kommt häufiger vor als man denkt. Ich habe selbst schon zahlreiche Korrekturen von Klausuren und Hausarbeiten gelesen, die einfach ganze Passagen der Bearbeitung übersehen haben. Dies liegt daran, dass die Korrekturassistenten nicht nach Arbeitszeit, sondern nach korrigierten Arbeiten bezahlt werden.
Häufig wird Inhalt missverstanden, weil der Korrektor die Schrift des Prüflings nicht lesen kann bzw. lesen will. Zwar ist die Leserlichkeit eine objektive Tatsache, die nicht in den Beurteilungsspielraum fällt. In einem Prüfungsanfechtungsprozess vor Gericht (z.B., wenn man das Staatsexamen anficht), würde das Gericht im Zweifeln einen Schriftgutachter bestellen. Bei einer Remonstration gibt es diese Möglichkeiten nicht, denn der Professor ist praktisch Richter und Gutachter in einer Person. Wenn der Professor als letztlich entscheidende Instanz eine schlechte Handschrift ebenfalls als unleserlich ansieht, könnt Ihr nichts mehr dagegen unternehmen. Gegen eine Remonstration, welche die Note nicht anhebt, gibt es kein weiteres Rechtsmittel. Daher achtet stets auf ein sauberes Schriftbild.
Für alle, die wie ich eine „Ärzteschrift“ haben, gibt es aber eine gute Nachricht! Derzeit wird in allen Bundesländern flächendeckend das E-Examen eingeführt.

Willkürverbot oder sachfremde Erwägungen

Der Korrektor nennt den Prüfling z.B. dumm oder unfähig. Dieser Beurteilungsfehler findet sich seltener.

Korrektor nennt Beurteilungsspielraum nicht

Der Korrektor muss verdeutlichen, aufgrund welcher Bewertungsgrundlage er die Note vergibt. Außerdem muss die Beurteilung einen konkreten Bezug zur Prüfungsleistung haben. Pauschale Behauptungen reichen in diesem Sinne nicht aus.

Nicht überprüfbarer Beurteilungsspielraum

Innerhalb des Beurteilungsspielraums des Korrektors liegen dagegen insbesondere folgende Aspekte:
  • Die Gewichtung des Schwierigkeitsgrades einzelner Prüfungsaufgaben sowie die Gewichtung verschiedener Prüfungsaufgaben in ihrem Verhältnis zueinander.
  • Die Würdigung der sprachlichen Qualität, der Überzeugungskraft und der Angemessenheit der Darstellung ihrem Umfang nach.
  • Feststellen des Bestehens einer Prüfung.
  • Gewichtung eines Fehlers.
Wie Ihr seht, kann man also eine Note nicht damit angreifen, dass man die vermeintliche Strenge der Korrektur bemängelt. Selbst im Staatsexamen kommt es häufig vor, dass Erst- und Zweitkorrektor in rechtmäßiger Weise unterschiedliche Noten vergeben. So kann es ohne Weiteres rechtlich zulässig sein, wenn ein Prüfer 6 und der andere 10 Punkte vergibt. Wichtig ist jeweils, ob er dabei seine Bewertung in Votum und Randbemerkungen richtig begründet.

Wer entscheidet über die Remonstration?

Es bestehen bei vielen Studenten Unsicherheiten hinsichtlich der Frage, wer letztlich über die Remonstration entscheidet. Dies ist der Aufgabensteller, also in der Regel der Professor oder ein wissenschaftlicher Mitarbeiter. Der Korrekturassistent selbst, der die Note vergeben hat, erhält in der Regel die Remonstration nicht einmal zu Gesicht. Und selbst, wenn er die Remonstration vorgelegt bekommt, ist es im Endeffekt der Lehrstuhl, der über Erfolg oder Misserfolg entscheidet.

Verschlechterung der Note möglich?

Große Unsicherheiten bestehen hinsichtlich der Frage, ob bei einer Remonstration eine Verschlechterung (reformatio in peius) möglich ist. Es ist umstritten, ob eine Verböserung im Prüfungsrecht überhaupt möglich ist. Mitunter wird die Zulässigkeit einer Verschlechterung der Punktzahl in der Literatur für möglich gehalten. Ich kann Euch an dieser Stelle aber entwarnen: Nach über 10 Jahren, in denen ich Remonstrationen für Studenten verfasst habe, ist mir in der Praxis noch nie ein Fall der Verböserung vorgekommen. Die Frage nach der rechtlichen Möglichkeit einer Verböserung ist letztlich nur eine rein akademische.

Richtig remonstrieren will gelernt sein

Eine Remonstration ist jedoch kein Selbstläufer. Es müssen schon gewichtige Gründe in Form von Korrekturfehlern vorliegen, damit eine nicht bestandene Prüfung im Nachhinein angehoben wird. Außerdem muss die Argumentation und Darstellung der betreffenden Fehler rechtlich korrekt erfolgen.
Bei einer mit 3 Punkten bewerteten Klausur oder Hausarbeit stehen aber die Chancen, sofern man eine handwerklich gute Remonstration verfasst und der Professor wohlwollend ist, gar nicht so schlecht. Bei weniger als 3 Punkten bringt eine Remonstration im Normalfall wenig. Ich habe zwar schon einen Fall gehabt, in dem ich eine Klausur von 2 auf 5 Punkte anheben konnte, allerdings war dies ein Einzelfall. Eine Anhebung von 2 auf 4 Punkte ist höchstens bei 10 % der mit 2 Punkten bewerteten Prüfungen denkbar.
Im zweiten Teil zur Remonstration werde ich Euch dann konkrete Tipps zum Aufbau (Briefkopf, Hauptteil, Schlussteil) und inhaltlichen Ausgestaltung, d.h. der Darstellung der einzelnen Kritikpunkte an der ursprünglichen Bewertung, geben.

Die bessere Alternative zur Remonstration

Wenn Ihr durchgefallen seid, solltet Ihr die Gründe dafür analysieren. Selbst wenn eine Prüfung im Nachhinein mittels Remonstration auf 4 Punkte gebracht wird, ist dies keine langfristige Lösung. Der eigene Anspruch im Studium sollte viel höher gesetzt werden.
Damit Euch das begehrte Prädikatsexamen gelingt, stehen Euch unsere qualifizierten Dozenten der Akademie Kraatz (1. Semester bis 1. Examen) und der Assessor Akademie (2. Examen) zur Seite. Meldet Euch gerne bei uns für einen kostenlosen Probetermin.
 
Dr. Robert König
 
 


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