Vor einigen Wochen haben wir ein Interview mit Marie Wegg geführt, in dem sie uns einige Fragen beantwortet hat, die sich jenseits des Jurastudiums mit Blick auf die berufliche Zukunft stellen. Dabei richtet sie sich besonders an junge Frauen und solche Studentinnen und Studenten, die nach ihrem ersten Staatsexamen nicht klassischerweise ins Referendariat gehen, sondern sich anderweitig beruflich orientieren wollen.

Marie Wegg ist seit sieben Jahren in der Unternehmensberatung und möchte junge Frauen ermutigen, ihren Weg im Beruf zu gehen. Sie hat in der Unternehmensberatung im Bereich der Veranstaltungssicherheit angefangen und ist mittlerweile bei der IT-Sicherheit angekommen, ohne jemals etwas mit Informatik studiert zu haben. Sie hat Sicherheitsmanagement im Bachelor studiert und ist der Meinung, man müsse sich als junge Frau mehr zutrauen und an sich und seine Fähigkeiten glauben. Auf ihrem Weg haben sie dabei viele ermutigende Wegbegleiter unterstützt: Sie war selber Mentee, hatte also immer Mentoren um sich, was eine so positive Erfahrung für sie war, dass sie selbst diesen Job machen und andere auf ihrem Weg begleiten wollte. Dafür engagiert sie sich bereits im Business Professional Women’s Club.

 

Was hat es mit den verschiedenen Begrifflichkeiten des Mentors, Mentee und des Coaches auf sich?

Coaching ist ein Teil vom Mentorin. Als Mentorin agiert man mit seinem Mentee, das ist derjenige, der von einem Mentor betreut wird, als Tandem. Man hat dabei die Rolle eines Vorbilds, einer Ratgeberin, man gibt praktische Hinweise. Man hat aber eben auch die Rolle eines Coaches, übt Situationen, auf die sich der Mentee vorbereiten möchte. Coachings konzentrieren sich auf spezielle Dinge, zum Beispiel die Frage, wie man eine Gehaltsverhandlung selbstbewusst und erfolgreich führt.
Als Mentorin ist man aber auch Kritikerin und arbeitet Entscheidungen auf, wenn jemand den falschen Weg einschlägt. Man ist auch Förderin, die Dinge anstößt.

 

Woher kommt es, dass junge Frauen sich allgemein meist weniger zutrauen als Männer?

Auch im Unterrichtsbetrieb bei uns in der Akademie, was nur einen enger Ausschnitt der beruflichen Realität zeigt, sehen wir vermehrt, dass Männer sich mehr zutrauen als Frauen. Dabei sind Frauen immer gleich gut oder sogar besser qualifiziert. Die Frage, die sich stellt, ist deswegen, wo diese Frauen stecken bleiben und worin das unterlegene Gefühl, das sie haben, ihren Ursprung hat.
Frauen sehen oft ihre Fähigkeiten nicht, sondern denken, sie haben die Position, die sich vielleicht innehaben, nur durch Glück bekommen, nicht aufgrund von ihrer persönlichen Kompetenz. Es gibt zur Erklärung dessen das so genannte Hochstaplersyndom, was typischerweise bei Frauen vorkommt: Junge Frauen denken, dass sie eigentlich gar nichts wissen und gar nichts können und hoffen deshalb darauf, bloß nicht abgefragt oder angesprochen zu werden, um damit nicht aufzufliegen. Sie reden sich derart klein und unterschätzen ihre eigenen Fähigkeiten so sehr, dass sie befürchten, sie seien Hochstapler, wenn sie sich auf Nachfrage thematisch zu etwas äußern.

 

Wie sieht eine Coaching-Session bei dir aus und welchen zeitlichen Rahmen hat so ein Coaching?

Bei einer Coaching-Session bringt ein Mentee ein Thema mit und dieses spricht man gemeinsam durch, möglicherweise wird dem Mentor dieses Thema schon im Voraus mitgeteilt, damit man sich entsprechend darauf vorbereiten kann. Dabei kann es zum Beispiel um das Thema Gehaltsverhandlungen gehen. Coachings können je nach Bedarf über einen Zeitraum von wenigen Monaten bis hin zu einem Jahr dauern. Währenddessen trifft man sich regelmäßig alle sechs Wochen für eine Stunde und durchläuft so die einzelnen Coaching-Einheiten.

 

Was kannst du für diejenigen jungen Juristinnen tun, die nach ihrem ersten Staatsexamen nicht ins Referendariat gehen, sondern ins Berufsleben starten wollen, aber noch nicht wissen, was genau hierbei der richtige Weg ist?

Jura ist ein langes und anspruchsvolles Studium, bei dem man unglaublich viel gelernt hat. Daher sollte man seine Kompetenzen zunächst einmal nicht unterschätzen. Juristen nach dem ersten Staatsexamen, auch Frauen, wissen trotzdem oft nicht, wohin sie sich jetzt orientieren sollen. Sie wollen vielleicht nicht zwingend ins Referendariat gehen, sondern direkt ins Berufsleben starten. Oftmals ist es so, dass sich der Weg erst über die Berufswahl bestimmt, man steigt also in einen Beruf ein, um seinen Weg dann zu finden. Man sollte sich dabei von Anfang an seiner Fähigkeiten bewusst sein. Auch dazu kann ein Coaching nützlich sein. Wenn man sich seiner Fähigkeiten bewusst ist, dann kann man diese auch nach außen hin darstellen. Man kann auch zunächst eine Rolle für sich definieren, bestimmte persönliche Skills identifizieren und diese weiter ausbauen. Wenn man neu in ein Unternehmen einsteigt, hat man meist ein paar Wochen, um seine Rolle als Neuankömmling zu definieren. Damit stellt man die Weichen dafür, wie andere im Berufsleben mit einem umgehen.

 

Welche Themen kannst du als Mentorin konkret in deinen Coachings bedienen und welche Fragestellungen sind typisch für ein Coaching?

In den Coachings werden Fragestellungen behandelt wie „Worin sehe ich meine persönlichen Stärken und wie definiere ich meine Rolle?“, „Welche Anforderungen habe ich selbst an mein Berufsleben?“, „Wie verhalte ich mich in bestimmten Situationen?“, „Wie gehe ich mit meinem Chef um?“, „Wie kann ich Forderungen stellen?“, „Was möchte ich von meinem Beruf (mehr Arbeit, mehr Geld, Arbeitsvertrag mitgestalten)?“, „Was darf passieren in meinem Arbeitsalltag?“ und „Was darf man mich im Bewerbungsgespräch fragen?“.

 

Was muss ein Mentee an persönlichen Voraussetzungen mitbringen, um ein Coaching mit dir machen zu können?

Der Mentee muss jedenfalls den Willen mitbringen, aus einem Muster auszubrechen, und den Glauben, dass man das Problem im Coaching gemeinsam angehen kann. Als Mentorin kann ich Anreize geben, ich kann steuern und beratschlagen, aber der Mentee muss auch eine eigene Motivation mitbringen, an dem Problem zu arbeiten.

 

Warum sollen Kandidaten nach dem ersten oder noch vor dem ersten Staatsexamen überhaupt jetzt schon kommen?

Man sollte die Frage der Rollendefinition für sich selbst nicht unterschätzen, deswegen ist es gut, dass es Mentoring überhaupt gibt. Es ist aber auch wichtig, die Weichen möglichst früh zu stellen. Aber auch schon für eine mündliche Prüfung kann es hilfreich sein, ein Coaching zu besuchen. So bekommt man auch einmal einen Motivationsschub und eine Abwechslung zum sturen Lernalltag und läuft nicht der Gefahr, mit Scheuklappen durchs Leben zu gehen und sich rein auf (beispielsweise) die Examensvorbereitung zu versteifen. Es ist auch in Anbetracht des persönlichen Erfolges, der dahintersteht, kein bedeutender zeitlicher Aufwand erforderlich. Man trifft sich vielleicht einmal pro Monat für eine Stunde.

Schauen Sie sich hierzu gerne auch unser entsprechendes YouTube-Video an:

Ihr Team der Akademie Kraatz

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