Worum geht es?

Ein Ehepaar aus Bayern muss für das Jahr 2020 einen Solidaritätszuschlag zahlen. Das Finanzamt setzte für das Paar als Einkommenssteuervorauszahlung für das Steuerjahr 2020 einen Solidaritätszuschlag in der  Höhe von rund 2000 Euro fest. Das Ehepaar beantragte, diese Zahlung auf null Euro zu senken, weil der Solidaritätszuschlag eine Ergänzungsabgabe sei und nur zur Abdeckung von Bedarfsspitzen erhoben werden dürfe.

Beim Finanzamt hatte das Ehepaar keinen Erfolg und auch das Finanzgericht Nürnberg wies ihre Klage ab, denkte aber den Bescheid für 2021 deutlich, weil dort eine neue gesetzliche Regelung gelte. Seitdem sind nämlich Privatleute nur noch vom Soli betroffen, wenn sie zu den „Gutverdienern“ zählen oder wenn sie den Sparerfreibetrag überschreiten. Bis zu einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 61.717 Euro werden die Steuerzahler demnach vollständig von der Ergänzungsabgabe verschont.

 

Das Verfahren gegen den Soli vor Gericht: Bundesfinanzministerium unter Lindner verteidigt Soli nicht 

Vor Gericht sollte der Soli von einem Vertreter vom Bundesfinanzministerium verteidigt werden. Das Bundesfinanzministerium will den Solidaritätszuschlag dennoch nun nicht mehr vor Gericht verteidigen. 
Das Ministerium zieht den Beitritt zu dem Verfahren vor dem Bundesfinanzhof zurück. Aufgabe des Vertreters des Ministeriums wäre es gewesen, den Soli vor Gericht zu verteidigen. Die Verhandlung begann nun ohne Vertreter des Bundesfinanzministeriums.

 

Verteidigung des Soli vor Gericht durch Finanzverwaltung

Der Vertreter des Finanzgerichts Aschaffenburg verteidigte den Soli vor Gericht am Dienstag so: Für die Verwaltung sei zu keinem Zeitpunkt erkennbar gewesen, dass das Solidaritätszuschlagsgesetz aus dem Jahr 1995 offenkundig verfassungswidrig sei. Der Bund habe weiter erhöhten Kostenbedarf wegen der Wiedervereinigung, aber auch wegen der Coronakrise. Deswegen sei die Revisionsklage des Ehepaares abzuweisen.

Unterstützung aus dem Bundesfinanzministerium bekam der Finanzbeamte vor Gericht wie erwähnt nicht.

Das klagende Ehepaar wurde vom Bund der Steuerzahler verteidigt. 

Bei dem Verfahren muss der Bundesfinanzhof nun klären, ob die Erhebung des Solis seit dem Jahr 2020 noch verfassungsgemäß ist. Wie der BFH mitteilte, geht es in dem Verfahren um ein Steueraufkommen von insgesamt etwa elf Milliarden Euro pro Jahr. 

 

Was ist der „Soli“?

Der Solidaritätszuschlag ist eine Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer in Deutschland, die 1991 zur Finanzierung der Mehrbelastungen des Zweiten Golfkriegs, die Unterstützung der Länder in Mittel-, Ost- und Südeuropa und der Kostenlasten für deutschen Einheit diente. Der erste Solidaritätszuschlag wurde 1991 eingeführt und lief Mitte 1992 aus. Ursprünglich war der „Soli“ auf ein Jahr befristet, seit 1995 wird er unbefristet erhoben. 

 

Verfassungsmäßigkeit des Soli

Der BFH hat den Soli bislang für verfassungsgemäß gehalten, zuletzt in einem Beschluss zur Körperschaftsteuer aus dem Jahr 2018. Mahnend wies der BFH jedoch in einer Entscheidung aus dem Jahr 2011 darauf hin, der Zuschlag dürfe als Ergänzungsabgabe nur einen „temporären Finanzbedarf“ abdecken. 
 


Argumente des Ehepaars gegen den Soli 

Der Nachfolger des Soli wird seit 1995 erhoben, er betrug zunächst siebeneinhalb und danach fünfeinhalb Prozent der zu zahlenden Einkommensteuer, dabei gab es aber auch eine Freigrenze. 

Ab dem Jahr 2021 wurde die Grenze deutlich nach oben verschoben, sodass inzwischen 90 Prozent der Steuerpflichtigen keinen Solidaritätszuschlag mehr zahlen. Die Freigrenze liegt bei mehr als 125.000 Euro zu versteuerndem Einkommen für Verheiratete.

Der sogenannte Solidarpakt II, mit dem die ostdeutschen Länder unterstützt wurden, lief allerdings schon 2019 aus. Damit argumentierte das Ehepaar: Der Solidaritätszuschlag habe 2020 seine Berechtigung verloren, er verstoße gegen das Grundgesetz. Auch die ab 2021 geltende Regelung halten die beiden für verfassungswidrig, sie verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz. Sie zogen gegen die Entscheidung des Finanzgerichts vor den BFH.

Dieser muss darüber beraten, ob er das Solidaritätszuschlagsgesetz von 1995 nunmehr ebenfalls für verfassungswidrig hält.


Ihr Team der Akademie Kraatz und der Assessor Akademie

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