Jura Schwerpunkt: Die Seminar- und Studienarbeit aus Sicht des Korrektors (Teil 1)
19.02.2024 | von Dr. Robert König


 

Alles, was Du zur Schwerpunktarbeit wissen musst!

Der Schwerpunktbereich macht 30 % der Gesamtnote im 1. Examen aus. Daher ist der Druck groß, hier eine gute Note zu erreichen.
Deshalb möchte ich Dir mit einer fünfteiligen Serie von Blogbeiträgen zu der Schwerpunkthausarbeit Insidertipps mitgeben, worauf es bei der Arbeit aus Sicht des Korrektors ankommt und wie Du eine möglichst hohe Punktzahl erreichen kannst.
Ich selbst hatte in meiner Schwerpunktarbeit 15 Punkte und habe während meiner Promotion am Lehrstuhl zahlreiche Arbeiten korrigiert und bewertet. Zudem habe ich in den vergangenen Jahren unzähligen Studenten bei der Remonstration gegen eine (falsch) bewertete Arbeit geholfen.


Teil 1: Was ist die juristische Schwerpunktarbeit und was erwartet der Korrektor?


Im ersten Teil unserer Blogbeiträge zur Schwerpunkthausarbeit erklären wir Dir zunächst, worum es sich bei der Hausarbeit im Schwerpunkt überhaupt handelt. Anschließend verraten wir Dir, was die Aufgabensteller und Korrektoren von Dir beim Erstellen der Schwerpunktarbeit erwarten. Diese Erwartungen des Korrektors solltest Du während der gesamten Anfertigung Deiner Schwerpunktarbeit immer im Hinterkopf haben, wenn Du eine gute Note erzielen willst.

Seminararbeit, Studienarbeit, Schwerpunktarbeit oder Schwerpunkthausarbeit?

Die Begrifflichkeiten sind unterschiedlich. An manchen Fakultäten heißt sie Seminararbeit, Studienarbeit, Schwerpunktarbeit oder auch Schwerpunkthausarbeit. Ungeachtet der konkreten Bezeichnung ist die Hausarbeit immer ein wesentlicher Bestandteil der Schwerpunktbereichsprüfung und damit der Examensnote.
Je nach Uni und Fakultät hat sie einen unterschiedlichen Anteil an der Note. In der Regel sind dies 30 % bis 50 % der Schwerpunktnote (die restlichen Prozente machen die Klausur und/oder mündliche Prüfung aus). An der EBS Law School zählt die Hausarbeit im Schwerpunkt (die dort gleichzeitig auch als Bachelorarbeit gewertet wird) sogar 70 % der Note.
In jedem Fall steht Ihr nun vor einer vollkommen neuen Herausforderung, denn die Hausarbeit im Schwerpunkt ist mit den normalen juristischen Hausarbeiten aus dem Jurastudium nicht vergleichbar. Es handelt sich um kein Gutachten, sondern um eine echte wissenschaftliche Arbeit. Ihr bekommt ein bestimmtes Thema vorgegeben, zu welchem Ihr dann eine wissenschaftliche, juristische Abhandlung schreiben müsst. Stilistisch gesehen seid Ihr nicht mehr an den (oftmals umständlichen) Gutachtenstil gebunden, sondern Ihr müsst wissenschaftlich schreiben. Dazu erkläre ich Euch an späterer Stelle mehr.

Bachelorarbeit und Masterarbeit

Die folgenden Ratschläge gelten im Übrigen eins zu eins für die anderen wissenschaftlichen Arbeiten, denen Du als Jurastudent oder Wirtschaftsjurist im Studium begegnen kannst. Die Bachelorarbeit und auch die Masterarbeit werden nach den identischen Standards korrigiert wie die Hausarbeit im Schwerpunkt. An manchen Fakultäten, die einen integrierten Jura Bachelor anbieten, zählt die Bachelorarbeit gleichzeitig für den Schwerpunktbereich. So wird es beispielsweise an der EBS Law School gehandhabt.

Erwartungshorizont des Korrektors

Um sich der Studien- bzw. Schwerpunktarbeit zu nähern, ist es von Anfang an elementar zu wissen, was Aufgabensteller (Dein Professor) und Korrektor (die wissenschaftlichen Mitarbeiter am Lehrstuhl) von Dir erwarten. Die Voten, ungeachtet der jeweiligen Fakultät oder des jeweiligen Professors, sind im Endeffekt allesamt ähnlich ausgestaltet. Als anschauliches Beispiel soll das folgende Votum aus einem Schwerpunkt zum Immaterialgüterrecht dienen:

Mustervotum: „Leistungsschutzrecht für den Sportveranstalter“

Die Einleitung (S. 1 f.), welche einen Problemaufriss sowie eine Eingrenzung des Themas auf das nationale Recht mit dem inhaltlichen Schwerpunkt „Handball“ enthält, bietet einen guten Einstieg in die Thematik.
Alsdann erörtert die Verfasserin ausführlich die geltende Rechtslage (S. 2 ff.). Dabei befasst sie sich zunächst eingehend mit dem Begriff des Sportveranstalters (S. 2 ff.). Hingegen sind die Ausführungen zum Begriff der Sportveranstaltung (S. 5) zu oberflächlich. Anschließend stellt die Bearbeiterin das System der Vermarktung von Sportveranstaltungen aus ökonomischer Sicht anhand des Beispiels der Handball-Bundesliga ausführlich dar (S. 5 ff). Schließlich setzt sich die Verfasserin mit dem Rechtsschutz des Sportveranstalters auseinander (S. 9 ff.). Sie bearbeitet dabei alle wesentlichen Aspekte wie den Schutz durch das Grundgesetz (S. 9 f.), das Urheberrechtsgesetz (S. 10 ff.), den gewerblichen Rechtsschutz (S. 13) und das UWG (S. 14 ff.), das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (S. 18 f.) sowie das Hausrecht des Veranstalters (S. 19 ff.).
Sie kommt zu dem richtigen Ergebnis, dass in der Regel lediglich einige Aspekte einer Sportveranstaltung durch UWG und Hausrecht geschützt werden, jedoch kein originäres Leistungsschutzrecht des Sportveranstalters existiert. Insgesamt ist dieser Teil der Arbeit gut gelungen.
Der dritte Teil der Arbeit (S. 22 ff.) widmet sich der Frage nach der zukünftigen Notwendigkeit eines Leistungsschutzrechts für Sportveranstalter de lege ferenda. Im Ergebnis spricht sich die Bearbeiterin mit vertretbaren Argumenten für die Einführung eines solchen Leistungsschutzrechts aus. Die Arbeit endet mit einem gelungenen Fazit (S. 36).
Die Arbeit zeichnet sich durch einen sehr übersichtlichen Aufbau sowie eine gute sprachliche und stilistische Darstellung aus. Die Zitierweise ist insgesamt ansprechend. Jedoch wären an einigen Stellen (vgl. Randbemerkungen) weitere Belege durch Fußnoten wünschenswert gewesen. Das Inhaltsverzeichnis weist kleinere Ungenauigkeiten auf. So führt es weder die Gliederung selbst noch das Literaturverzeichnis auf. Auch das Literaturverzeichnis weist kleinere Schwächen auf: Kommentare sind nach den Herausgebern und nicht nach den Autoren des jeweiligen Abschnitts anzugeben. Die aktuelle Literatur zum Thema wird umfassend ausgewertet.
Die Aufgabenstellung wird annähernd vollständig und mit inhaltlich gut nachvollziehbaren Argumenten bearbeitet.
Insgesamt liegt eine erheblich über den durchschnittlichen Anforderungen liegende Leistung vor, die mit
                                   13 Punkten – gut
bewertet wird.

Wesentliche Aspekte der Korrektur

Der Erwartungshorizont wird durch die Prüfungsordnungen der Universitäten vorgegeben. Dort heißt es in der Regel, dass die Studien- oder Schwerpunktarbeit die Fähigkeit der Studierenden, wissenschaftlich zu arbeiten, unter Beweis stellen soll.
Genau hierauf achten dann auch die Korrektoren, wie das Mustervotum zeigt. Letztlich werden im Wesentlichen zwei Aspekte bewertet: der Inhalt der Arbeit mitsamt seiner wissenschaftlichen Qualität und die formalen Anforderungen an wissenschaftliches Arbeiten.
Wie schon aus dem sonstigen Studium bekannt, erfolgt die Bewertung nicht mathematisch. Grob gesagt kann man zwar die Bedeutung des Inhalts mit 2/3 und die der Formalien mit 1⁄3 der Note ansetzen, jedoch erfolgt eine juristische Benotung de facto immer Pi mal Daumen.

Inhaltliche Bewertung der schriftlichen Arbeit

Aus inhaltlicher Sicht bewertet der Korrektor, inwieweit die Schwerpunktarbeit das betreffende Thema behandelt. Dabei kommt es nicht nur auf die inhaltliche Richtigkeit der Ausführungen an, sondern auch darauf, dass die Thematik – im Rahmen der vorgegebenen Zeichenanzahl – möglichst umfassend dargestellt wird. Angesichts des sehr begrenzten Umfangs des Themas, muss der Bearbeiter naturgemäß sein Thema eingrenzen. Im vorliegenden Fall geschah dies – wie üblich – in der Einleitung mit dem Hinweis, dass nur das nationale Recht dargestellt wird. Eine mutige und sinnvolle Themeneingrenzung wird vom Korrektor honoriert. Es ist besser, sich auf die wesentlichen Aspekte zu konzentrierten, als jeden möglichen Teilbereich einer Thematik nur sehr oberflächlich anzureißen.

Formalien der Hausarbeit im Schwerpunktstudium

Aspekte wie äußere Form und Zitierweise sind vom Gewicht her geringer als der Inhalt anzusetzen. Dennoch sollte man diese nicht unterschätzen. Bei groben Fehlern in der Zitierweise (z.B. völlig fehlende Einheitlichkeit der Zitierweise) wird man die oberen Punkteränge niemals erreichen.
Auch die Sprache ist wichtig. Eine wissenschaftliche Sprache ist präzise und verwendet die notwendigen Fachtermini. Darüber hinaus versteht es sich von selbst, dass eine wissenschaftlich korrekte Sprache auch die gängige Rechtschreibung und Grammatik beherrschen muss. Ich habe (zu) viele Arbeiten korrigiert, die Unmengen an sprachlichen Fehlern aufwiesen. Dies ist nicht nur ärgerlich, sondern auch unnötig. Ein normales Sprachlektorat ist immer zulässig und gut investiertes Geld. Dabei handelt es sich entgegen eines verbreiteten Gerüchts nicht um Ghostwriting. Es ist höchst fahrlässig, eine Examenshausarbeit ohne eine fachkundige sprachliche Korrektur abzugeben. Das gilt natürlich auch für jegliche andere wissenschaftliche Arbeit. Ein Bekannter hatte seine Dissertation ohne vorheriges Lektorat publiziert. Die zum Teil vorhandenen Tipp- und Rechtsschreibfehler wurden ihm dann in einer Rezension vorgehalten, was mehr als ärgerlich ist.
Bezogen auf das Mustervotum bedeutet dies, dass die kleineren Schwächen bei den Formalien letztlich der ausschlaggebende Punkt waren, der Arbeit keine 15 Punkte zu geben. Der Inhalt hätte eine solche Note hergegeben. Seid also bei den Formalien genau. Der eine oder andere Leser mag sich jetzt denken, dass manche Anmerkungen von mir (z.B. die fehlende Aufnahme des Inhaltsverzeichnisses selbst im Inhaltsverzeichnis) etwas penibel sind. Das mag sein. Jedoch zeigt die Erfahrung im Rahmen von Remonstrationen, die ich regelmäßig betreue, dass der überwiegende Anteil der Korrektoren im Hinblick auf die Formalien penibel ist.
Zu den Formalien gehört im Übrigen auch, dass Ihr auf ein gutes Layout des Textes achtet. Im Votum hatte ich dies nicht angemerkt, da dieser Punkt selbstverständlich ist. Daher werden in der Regel nur Fehler beim Layout angemerkt, was zu Punktabzügen führt. In diesem Kontext ist natürlich auch strikt auf die Vorgaben der Universität (z.B. zum Seitenrand usw.) zu achten.

Fazit zur Hausarbeit in der Schwerpunktbereichsprüfung

Die Hausarbeit im Schwerpunktstudium ist eine neue Herausforderung. Wissenschaftliches Schreiben ist nicht leicht, aber schaffbar.
Wenn Ihr die universitäre Schwerpunktbereichsprüfung erfolgreich absolviert habt, ruht Euch nicht zu lange aus. Jetzt beginnt die richtige Examensvorbereitung auf den staatlichen Teil der ersten juristischen Prüfung. Dieser ist viel wichtiger, da v.a. Kanzleien und Unternehmen die Noten des Schwerpunktes bei ihren Einstellungen kaum bis gar nicht beachten. Im öffentlichen Dienst zählt dagegen immer die offizielle Endnote.
Um auch den staatlichen Teil der ersten juristischen Prüfung erfolgreich zu absolvieren, bietet Euch die Kraatz Group schon seit 20 Jahren effektiven Einzel- und Kleingruppenunterricht an. Die Akademie Kraatz bereitet Euch optimal vom ersten Semester bis zum ersten Staatsexamen vor und die Assessor Akademie während Referendariat und zweitem Staatsexamen. Start auch Du durch und melde Dich bei uns für einen kostenlosen Probetermin.

Dr. Robert König


 

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