Die Bearbeitung von Sachverhalten erfordert in den Rechtswissenschaften ein hohes Maß an Genauigkeit und Disziplin. Dies gilt insbesondere für die mit ihnen verbundenen Rechtsstreitigkeiten.

 

Bedeutung juristischer Meinungsstreite für das Studium und das Referendariat

Das Jurastudium ist von Anfang bis Ende geprägt von Meinungsstreiten. Sei es in Klausuren oder Hausarbeiten. Vor dem Referendariat herrscht dann oftmals der Irrglaube, dass man sämtliche Rechtsdiskurse vergessen könne, da nunmehr ohnehin nur noch der Rechtsprechung zu folgen sei oder wenn es noch keine gefestigte Rechtsprechung gibt, der herrschenden Meinung.

Ganz so einfach solltet Ihr es Euch als Referendar jedoch nicht machen. Richtig ist zwar, dass der Gutachtenstil überwiegend durch den Urteilsstil ersetzt wird. Auch verringert sich die Anzahl der Streitstände und der Umfang ihrer Darstellung merklich. Es wäre also vertretbar, zumindest das Zivilrecht und das Öffentliche Recht als überwiegend „streitfreie Zone“ zu bezeichnen. Im Strafrecht hingegen gibt es weiterhin einige „Klassiker“, die ausführlich zu erörtern sind. Welche Streitstände genau hierzu zählen, das ist allgemein gar nicht so leicht zu sagen und kann durchaus von Bundesland zu Bundesland verschieden sein. Der Meinungsstreit im Hinblick auf die Abgrenzung von Raub gem. § 249 StGB und räuberischen Diebstahl gem. §§ 253, 255 StGB hat z.B. prinzipiell immer ausführlich erörtert zu werden. Wer da bei der Herausgabe einer Sache aufgrund der Bedrohung mit einer Waffe schlicht einen Raub mangels Wegnahme verneint, der wird nicht ansatzweise die volle Punktzahl erreichen.

 

Welcher Ansicht sollte man im Rahmen eines Meinungsstreits folgen?

Wir können also festhalten, dass juristische Meinungsstreite nicht nur für das 1. Staatsexamen, sondern auch noch für das 2. Staatsexamen Bedeutung haben. Doch welcher Meinung soll man im Rahmen eines Meinungsstreits folgen? Ist es wirklich so, dass jede Ansicht bei entsprechender Begründung gut vertretbar ist? Zur Beantwortung dieser Fragen ist zunächst einmal zwischen dem Referendariat und dem Studium zu unterscheiden.

 

Juristische Meinungsstreite im Zweiten Staatsexamen

Im Zweiten Staatsexamen ist nahezu ausnahmslos der Ansicht der Rechtsprechung zu folgen. Nicht hingegen Literaturansichten, selbst wenn sie sich als herrschende Meinung herausgebildet haben sollten. Das mag gerade für Referendare mit einem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn unbefriedigend klingen, erst recht, wenn man die Argumente der Literatur für überzeugender halten sollte. Aber bei dem Assessorexamen handelt es sich nun einmal um das „Praktikerexamen“. Und kein Mandant der Welt wäre zufriedengestellt, wenn sich sein Rechtsanwalt überwiegend auf eine Ansicht berufen würde, die in der Theorie zwar toll klingen mag, von den Professoren auch geliebt wird, aber von der Rechtsprechung schlicht und einfach nicht anerkannt ist und dementsprechend den Verlust des betreffenden Prozesses zur Folge hätte.

 

Juristische Meinungsstreite im Ersten Staatsexamen

Im Ersten Staatsexamen sind Studenten hingegen freier, welcher Meinung sie folgen sollen. Rechtsprechung und herrschende Meinung sind bei entsprechender Begründung beide beliebig vertretbar.

Wie sieht es aber mit Mindermeinungen aus? Oder gar eigenen Rechtsansichten? Rein theoretisch werden wohl zumindest einige Professoren an den Universitäten noch behaupten, dass „jede Ansicht bei entsprechender Begründung gut vertretbar ist“. Wirklich empfehlenswert ist es jedoch nicht, diesen Weg der juristischen Bearbeitung zu beschreiten. Denn sobald Ihr eine Mindermeinung vertretet, steigt das Begründungserfordernis für diese Ansicht enorm an. Und das kostet Zeit. Und diese Zeit habt Ihr in Klausuren nicht. Ganz zu schweigen davon, dass bei dem Vertreten einer Mindermeinung die Gefahr besteht, dass Ihr Euch auf einen Weg begebt, der von der Lösungsskizze vielleicht gar nicht vorgesehen ist. Ihr könntet Euch also wesentliche Probleme abschneiden und dadurch die gesamte Klausur „in den Sand setzen“.

 

Fazit

Es mag in der Theorie schön klingen, dass prinzipiell jede Meinung gut vertretbar ist. Aber die Realität in der Praxis sieht anders aus. Wenn es darum geht, die höchstmögliche Punktzahl zu erreichen, solltet Ihr daher ausschließlich der Rechtsprechung bzw. zumindest der herrschenden Meinung folgen.

Eure persönlichen Rechtsansichten als Student oder Referendar interessieren die Prüfer leider überhaupt nicht. Zumindest nicht, wenn die eigene Meinung nicht Bestandteil der Lösungsskizze ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass Euer Judiz wertlos ist. Ganz im Gegenteil, so ist es Euer Kompass bei der Reise durch das Studium und das Referendariat. Aber wider besseren Wissens gegen die Rechtsprechung und die herrschende Meinung zu argumentieren, das ist ein Kampf, den Ihr in den Prüfungen so gut wie nicht gewinnen könnt.

Sobald die Prüfungsphase hingegen abgeschlossenen ist, dann ist es Euch wie jedem berufstätigen Juristen unbenommen, Euch der Rechtsfortbildung zu widmen. Ein hehres Anliegen, welches naturgemäß nur verfolgt werden kann, wenn man sich von den bisher vorherrschenden Meinungen argumentativ abhebt. Eben dies stellt den Kern unseres Rechtsstaats dar: Die Möglichkeit geltende Konventionen zu überkommen und auf Grundlage von Rechtsstreitigkeiten gerechtere Lösungen herbeizuführen.

 

Unterstützung bei juristischen Meinungsstreiten

Wenn es darum geht, bestmöglich juristische Meinungsstreite zu lösen, stehen Euch die Akademie Kraatz für alle Prüfungen bis hin zum 1. Staatsexamen und die Assessor Akademie Kraatz und Heinze GbR im Hinblick auf das 2. Staatsexamen gerne hilfreich zur Seite. Mehr Informationen erhaltet Ihr unter 1. Staatsexamen - Jura Einzel- und Gruppenunterricht bzw. 2. Staatsexamen - Jura Einzel- und Gruppenunterricht.

Schauen Sie sich dazu gerne auch unser entsprechendes YouTube-Video an:


Hendrik Heinze
Mitgeschäftsführender Gesellschafter der Assessor Akademie Kraatz und Heinze GbR
 

RSS Feed abonnieren