Kommt eine Unterlassungsstrafbarkeit des Beteiligten in Betracht, nachdem er bzgl. des betreffenden Opfers ein Begehungsdelikt verwirklicht hat?






Grundsatz

Im Hinblick auf Unterlassungsdelikte ist allgemein zu beachten, dass wer als Täter oder Teilnehmer eines Begehungsdelikts dem Opfer im Anschluss an diese Vortat nicht Hilfe leistet, aufgrund von Subsidiarität grds. nicht auch noch wegen eines betreffenden Unterlassens zu bestrafen ist.

Hierbei hat klausurtaktisch eine Prüfung des Unterlassungsdelikts ausschließlich gedanklich zu erfolgen und sollte keinesfalls gutachterlich niedergeschrieben werden (vgl. Seelmann, JuS 1987, L 35).


Ausnahme

Eine Unterlassensstrafbarkeit kommt jedoch dann in Betracht, wenn eine Bestrafung wegen der Vortat nicht möglich ist oder wenn dem durch die Vortat Verletzten die Gefahr eines weiteren, von dem Täter nicht gewollten Schadens droht. In diesem Fall wäre also eine Tateinheit gem. § 52 StGB zwischen dem vorsätzlichen Begehungsdelikt und dem jeweils einschlägigen Unterlassungsdelikt anzunehmen (vgl. Fischer, § 227 StGB Rn. 12).

Eine Strafbarkeit wegen eines echten Unterlassungsdelikts in der Gestalt der unterlassenen Hilfeleistung gem. § 323 c I StGB kommt hier aber konkurrenztechnisch wegen Subsidiarität nicht in Betracht, wenn das Unterlassen von Hilfsmaßnahmen im Hinblick auf dasselbe Tatobjekt bereits die Voraussetzungen eines (versuchten) unechten Unterlassungsdelikts erfüllt (vgl. BGH, NJW 2013, 280, 281; BGH, Urteil vom 20.01.2000 – 4 StR 365/99; Leipziger Kommentar – Popp, § 323 c StGB Rn. 167, 169).



Hendrik Heinze
Mitgeschäftsführender Gesellschafter der Assessor Akademie Kraatz und Heinze GbR


 

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