In seinem Urteil vom 18.01.2017 hat sich der BGH mit der Konstellation einer nachträglichen Schwarzgeldvereinbarung zwischen einem Werkunternehmer und einem Besteller beschäftigt. Diese weist aufgrund ihrer Komplexität eine besondere Examenstauglichkeit auf und dürfte daher für angehende Examenskadidatinnen und -kandidaten interessant sein.

 

Sachverhalt

Werkunternehmer und Besteller einigen sich auf die Verlegung von Teppichboden durch den Werkunternehmer in den Räumlichkeiten des Bestellers. Sie vereinbaren hierfür einen festen Werklohn.

Später vereinbaren sie, dass der Werkunternehmer für seine Arbeiten eine niedrigere als die vereinbarte Summe in Rechnung stellen soll, ein weiterer Teil soll vom Besteller in bar bezahlt werden.

Der Besteller überweist daraufhin die in Rechnung gestellte Werklohnsumme an den Werkunternehmer und bezahlt den Rest in bar.

In der Folgezeit tun sich am hergestellten Werk Mängel auf. Der Besteller fordert daraufhin den Werkunternehmer zur Nacherfüllung auf.

Dies bleibt jedoch erfolglos, sodass der Besteller zurücktritt und Rückabwicklung des Vertrages fordert. 

 

Welche Ansprüche hat der Besteller nun gegen den Werkunternehmer?

I. Anspruch Besteller gegen Werkunternehmer auf Rückgewähr der Leistung aus Rücktrittsrecht gem. §§ 346, 634 Nr. 3 Alt. 1, 323 I Alt. 2 BGB

1. Wirksamer Werkvertrag
Damit dieser Anspruch besteht, müsste zunächst ein wirksamer Werkvertrag zustande gekommen sein.

Fraglich ist, ob ein wirksamer Vertrag hier zustande gekommen ist. Zwar wurde der Vertrag zwischen Werkunternehmer und Besteller gem. § 631 BGB ursprünglich wirksam geschlossen.

a) aus der im Nachhinein erfolgten Schwarzgeldabrede, laut der der Werkunternehmer für einen Teil seiner Arbeiten keine Rechnung stellen sollte, könnte sich eine Nichtigkeit nach § 134 BGB in Verbindung mit dem Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit ergeben.

Dann müsste die nachträgliche Abrede gegen dieses Gesetz verstoßen und das Gesetz an sich müsste als Verbotsgesetz i.S.d. § 134 BGB zu qualifizieren sein.

Die Abrede über die Rechnungsstellung und die Barzahlung zwischen dem Werkunternehmer und dem Besteller diente der Umgehung von andernfalls auf den Werklohn anfallenden Steuerzahlungen. Sie ist damit als Schwarzarbeit gem. § 1 II Nr. 2 SchwarzArbG zu qualifizieren.

Da sich das SchwarzArbG an beide Seiten, Besteller und Unternehmer, richtet, ist ein beiderseitiger Verstoß hiergegen erforderlich. Es müsste also, damit der Vertrag insgesamt als nichtig eingestuft werden kann, auch der Besteller den Verstoß gegen das SchwarzArbG seitens des Unternehmers kennen und bewusst ausgenutzt haben.

Der Besteller hatte den Verstoß des Werkunternehmers gegen das SchwarzArbG  hier gekannt, er wollte diesen gerade zu seinem Vorteil ausnutzen und die anfallende Gesamtsumme für die Werksarbeiten am Teppichboden so möglichst gering halten. Auch der Besteller verhielt sich also nicht gesetzestreu, er ist nicht schutzwürdig. Daher liegt eine beiderseitige Absicht in Bezug auf die vereinbarte Schwarzarbeit vor. Sowohl der Besteller, der sich niedrige Kosten erhoffte, als auch der Werkunternehmer, der bewusst eine unrichtige Rechnung zur teilweisen Vermeidung seiner steuerlichen Pflichten ausstellte, verstießen gegen das SchwarzArbG.

b) In einem zweiten Schritt ist nun zu prüfen, ob das SchwarzArbG, gegen das verstoßen wurde, als Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB qualifiziert werden kann. Nur wenn dies  bejaht werden kann, führt der Verstoß von Besteller und Unternehmer hiergegen zu einer Nichtigkeit des Werkvertrags.

Wie das SchwarzArbG zu qualifizieren ist, bestimmt sich nach den allgemeinen Regeln der Auslegung.

Der Wortlaut lässt offen, ob es sich tatsächlich um ein Verbot und nicht eine bloße Ordnungsvorschrift handelt. Es ist nicht ausdrücklich von einem „Verbot“ die Rede.

Aus teleologischer Sicht könnte die Schwere der Schäden, die Schwarzarbeit für den Staatshaushalt mit sich bringt, für eine Qualifizierung als Verbotsnorm sprechen. Mit dem Gesetz wird das Ziel verfolgt, die Verabredung von Schwarzarbeit zwischen den Vertragsparteien zu verhindern, dafür sind harte Konsequenzen, die zu einer Nichtigkeit des gesamten Vertrages führen, am geeignetsten. Eine Nichtigkeit der Schwarzgeldabrede führte nämlich dazu, dass der Besteller sich nicht auf etwaige Gewährleistungsrechte gegen den Unternehmer berufen könnte und der Unternehmer im Zweifelsfall keinen Werklohn für seine voraus geleisteten Arbeiten vom Besteller fordern könnte. Daher ist das SchwarzArbG dahingehend auszulegen, dass von ihm ein strenges Verbot von Schwarzarbeit ausgeht. Die neue Rechtsprechung des BGH bestätigt diese Auslegung.

Die Nichtigkeit des Werkvertrags i.S.v. § 134 BGB ist konsequenterweise auch trotz der Nachträglichkeit der Abrede anzunehmen, denn würde man die ursprüngliche Vertragsabrede und den nachträglichen Änderungsvertrag über die „Ohne Rechnung Abrede“ getrennt betrachten, liefe dies dem Sinn und Zweck des Gesetzes zur Bekämpfung von Schwarzarbeit zuwider. Sowohl die Schwarzgeldabrede im Vorhinein als auch die nachträgliche sollten daher dazu führen, dass der zugrunde liegende Vertrag nichtig wird. Die „Ohne Rechnung Abrede“ und der ursprüngliche Vertrag sind daher als Gesamtheit zu betrachten. 


2. Ergebnis
Der Werkvertrag ist gem. § 134 BGB i.V.m. § 1 II Nr. 2 SchwarzArbG nichtig. Damit bestehen keine Ansprüche auf Rückgewähr des gezahlten Entgelts aus Rücktrittsrecht.


II. Anspruch des Bestellers aus § 812 I 1 Alt. 1 BGB oder § 817 S. 1 BGB

Der Besteller könnte gegen den Werkunternehmer aber einen Kondiktionsanspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung aus § 812 I 1 Alt. 1 BGB oder § 817 S. 1 BGB haben.

1. Anspruchsgegner hat „etwas erlangt“
Der Werkunternehmer hat einen Auszahlungsanspruch gegen seine Bank gem. §§ 700 I 1, 2, 3, 488 I 2, 697, 695 BGB bzw. aus abstraktem Schuldversprechen gem. §§ 780, 781 BGB und zudem Eigentum und Besitz an den Bargeldscheinen erlangt.

2. Durch Leistung
Fraglich ist, ob der Besteller dies durch Leistung des Werkunternehmers erlangt hat. Leistung ist jede bewusste, zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens. Der Besteller leistete bewusst und zweckgerichtet, um seine Verpflichtung aus dem Werkvertrag zu erfüllen.

3. Ohne Rechtsgrund
Die Leistung erfolgte zudem ohne Rechtsgrund, s.o.

4. Kein Ausschluss
Der Anspruch könnte jedoch wegen § 817 S. 2 BGB ausgeschlossen sein. § 817 S. 2 BGB findet auf alle Leistungskondiktionen als Ausschlussgrund analog Anwendung, mithin auch auf § 812 I 1 Alt. 1 BGB.
Die Rückforderung ist demnach ausgeschlossen, wenn dem Leistenden (Besteller) ebenfalls ein Gesetzesverstoß zur Last fällt. Hier liegt ein beidseitiger Verstoß gegen das SchwarzArbG vor, s.o.  Der Anspruch aus § 812 I 1 Alt. 1 BGB ist damit ausgeschlossen.

Der Anspruch aus § 817 S. 1 BGB liegt aufgrund des Verstoßes gegen das SchwarzArbG auch vor, jedoch ist auf diesen § 817 S. 2 BGB direkt anzuwenden, sodass auch dieser Anspruch ausgeschlossen ist.


III. Gesamtergebnis
Dem Besteller stehen keine Ansprüche gegen den Werkunternehmer zu.

Ihr Team der Akademie Kraatz

 

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