Übersicht über die Rechtsfolgen einer Straftat nach dem Strafgesetzbuch
08.01.2025 I Hendrik HeinzeDie Rechtsfolgen der Tat im StGB und ihre Klausurbedeutung
Im Studium beschäftigt man sich überwiegend mit dem materiellen Strafrecht. Die Strafprozessordnung wird häufig stiefmütterlich behandelt oder Studierende lernen hier auf Lücke, obwohl das Strafprozessrecht Prüfungsstoff ist. Erst im Referendariat wird dann in der Regel das Strafprozessrecht vertieft.Die eigentlich spannende Frage des Strafprozesses nach der konkreten Strafe des Angeklagten bleibt dabei häufig außen vor. Jedoch sollten insbesondere die Referendare zumindest die Grundzüge der Strafzumessung kennen, da diese in jeder der unterschiedlichen Klausurtypen relevant werden kann:
In der Urteilsklausur liegt dies auf der Hand. Aber auch in der StA Klausur muss man bei der sachlichen Zuständigkeit des Gerichts oder der möglichen Entziehung der Fahrerlaubnis im B-Gutachten wissen, welche Rechtsfolgen einer Straftat drohen. In der Revisionsklausur werden ebenfalls häufig Fehler bei der Strafzumessung des Ausgangsgerichts eingebaut.
Tipp für das 1. Examen: Wenn Du in der mündlichen Prüfung einen Praktiker (Staatsanwalt, Verteidiger oder Strafrichter) als Prüfer hast, solltest Du Deine strafprozessualen Kenntnisse auffrischen. Praktiker stellen gerne Fragen aus ihrem Berufsalltag.
Übersicht über die Rechtsfolgen der Straftat
Hauptstrafe (§§ 38 ff. StGB)
Die Hauptstrafe kann in Form einer Freiheits- oder Geldstrafe ergehen.Freiheitsstrafe
Das Gesetz unterscheidet zwischen der zeitigen und der lebenslangen Freiheitsstrafe. Letztere wird nur von wenigen Straftatnormen (z.B. § 211 StGB) angedroht. Die zeitige Freiheitsstrafe kann zwischen einem Monat und 15 Jahren betragen.Kurze Freiheitsstrafen unter 6 Monaten werden jedoch nur in Ausnahmefällen verhängt, § 47 I StGB. Auch kann das Gericht die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe von bis zu 2 Jahren zur Bewährung gem. §§ 56 ff. StGB aussetzen.
Geldstrafe
Geldstrafen werden in Tagessätzen angegeben. Nach § 40 I 2 StGB beträgt der Strafrahmen bei Geldstrafen als Einzelstrafen mindestens 5 und maximal 360 Tagessätze. Die Höhe eines Tagessatzes gem. § 40 II 1, 2 StGB bestimmt sich nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters. Nach § 40 II 3 StGB kann 1 Tagessatz zwischen 1,00 EUR und 30.000,00 EUR betragen.Nebenstrafe (§ 44 StGB: Fahrverbot)
Eine Nebenstrafe gem. § 44 StGB ist eine Strafe, die neben der Hauptstrafe gem. §§ 38 ff. StGB verhängt werden kann.Das Strafgesetzbuch enthält als Nebenstrafe einzig das Fahrverbot gem. § 44 StGB, das von der Entziehung der Fahrerlaubnis gem. § 69 StGB als Maßregel der Besserung und Sicherung gem. §§ 61 ff. StGB abzugrenzen ist.
Nebenfolgen
Nebenfolgen sind Rechtsfolgen einer Straftat, die keinen Strafcharakter haben.Beispiele: Verlust der Amtsfähigkeit und des Stimmrechts gem. § 45 StGB; Einziehung gem. §§ 73 ff. StGB.
Hinweis: Die in § 45 I StGB genannten Nebenfolgen (Verlust der Amtsfähigkeit und Wählbarkeit) greifen gem. § 6 II JGG jedoch nicht bei Jugendlichen gem. § 1 II Alt. 1 JGG. Dasselbe gilt gem. § 105 I JGG auch bei Heranwachsenden gem. § 1 II Alt. 2 JGG, wenn nach einer Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters oder der Umstände der Tatbegehung die Tat eines Jugendlichen anzunehmen ist.
Maßregeln der Besserung und Sicherung (Entziehung der Fahrerlaubnis u.a.)
Maßregeln der Besserung und Sicherung gem. §§ 61 ff. StGB sollen die Allgemeinheit vor dem Täter schützen, wobei gleichzeitig seine Besserung bezweckt wird.Der wesentliche Unterschied zu Strafen besteht darin, dass die Strafe stets eine Schuld des Täters voraussetzt und ihre Höhe von der Schwere der Schuld abhängt. In diesem Sinne können Maßregeln der Besserung und Sicherung nicht nur gegen gem. § 21 StGB vermindert schuldfähige Täter, sondern zumeist auch gegen gem. §§ 19, 20 StGB gänzlich schuldunfähige Täter angeordnet werden (Schönke / Schröder – Perron / Weißer, § 20 StGB Rn. 43, § 21 StGB Rn. 26).
Hinweis: Zu den Maßnahmen der Sicherung und Besserung gehört auch die examensrelevante Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB.
Absehen von Strafe (§ 60 StGB)
Das Absehen von Strafe gem. § 60 StGB ist die schwächste Sanktionsform einer Straftat nach dem Strafgesetzbuch. Gerichtlich erfolgt nur ein feststellender Schuldspruch dahingehend, dass die vor-geworfenen Tatbestände tatsächlich von dem Angeklagten verwirklicht wurden. Auf eine darüber hinausgehende Strafe wird im Anschluss hingegen verzichtet.Zwingendes Absehen von Strafe
Wenn die Voraussetzungen des § 60 StGB vorliegen, ist ein Absehen von Strafe zwingend.Das Absehen von Strafe setzt gem. § 60 S. 1 StGB voraus, dass diejenigen Folgen der Tat, die den Täter selbst getroffen haben, so schwer sind, dass die Verhängung einer Strafe offensichtlich verfehlt wäre. Zwar ist § 60 StGB grds. bei allen Delikten anwendbar, ein Absehen von Strafe scheidet jedoch gem. § 60 S. 2 StGB dann aus, wenn der Täter für die Tat eine Freiheitsstrafe von mehr als 1 Jahr verwirkt hat. Ob eine Freiheitsstrafe von mehr als 1 Jahr verwirkt ist, hat das Gericht unter Berücksichtigung aller Strafzumessungsgründe zu entscheiden.
Ermessensentscheidung des Gerichts
Manche Normen des Strafgesetzbuches stellen ein Absehen von Strafe in das Ermessen des Gerichts. Diese haben jedoch kaum Klausurrelevanz.Beispiel: Bei der tätigen Reue gem. § 83a StGB besteht eine Ermessensentscheidung des Gerichts dahingehend, ob es in den Fällen des Hochverrats gem. §§ 81, 82 StGB oder der Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens gem. § 83 StGB die betreffende Strafe gem. § 49 II StGB mildert oder ob es gem. § 60 StGB von einer Strafe absieht.
Exkurs: Verhältnis zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OwiG)
Eine Straftat ist jedes rechtswidrige und schuldhafte Verhalten, das den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht. Straftaten werden durch Urteile und Strafbefehle geahndet (Fischer, Vorb. § 13 StGB Rn. 1).Eine Ordnungswidrigkeit gem. § 1 OWiG (Gesetz über Ordnungswidrigkeiten) ist jedes rechtswidrige und vorwerfbare Verhalten, das den Tatbestand eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt. In Einzelfällen sind auch zusätzliche Sanktionen möglich, wie ein Fahrverbot, § 25 StVG. Strafen in der Gestalt von Freiheits- oder Geldstrafen werden durch Ordnungswidrigkeiten hingegen nicht ausgelöst.
Hinweis für die mündliche Prüfung: Rechtssystematisch verfügt das Ordnungswidrigkeitenrecht über strafrechtliche Wurzeln, gehört jedoch zum Verwaltungsrecht. In diesem Sinne werden Sanktionen des Ordnungswidrigkeitenrechts durch die jeweils zuständige Behörde verhängt. Wenn jedoch eine Ordnungswidrigkeit mit einer Straftat zusammenfällt, ist gem. § 40 OWiG grds. die Staatsanwaltschaft auch im Hinblick auf die ordnungsrechtlichen Gesichtspunkte zuständig. Werden zusammenhängende Straftaten und Ordnungswidrigkeiten durch die Staatsanwaltschaft gemeinsam verfolgt, so ist gem. § 45 OWiG das für die Straftaten zuständige Strafgericht auch für die Ahndung der Ordnungswidrigkeiten zuständig.
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Hendrik Heinze
Geschäftsführer, Assessor Akademie Kraatz und Heinze GbR
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