Ein Musterfall aus dem Immobiliarsachenrecht zur Veranschaulichung:

Sachverhalt

V verkauft sein Grundstück an K und bewilligt ihm eine Auflassungsvormerkung. Diese wird auch eingetragen. Nun tritt K seine Ansprüche aus dem Kaufvertrag mit V an G ab. V veräußert das Grundstück zwischenzeitlich an D. D wird auch als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Den Vertrag mit K ficht V an.

Fallfrage: G verlangt von D Zustimmung zur Eintragung als Eigentümer des Grundstücks gem. § 888 BGB. Hat dieser Anspruch bestand?

 

Lösung:

Ein Anspruch auf Grundbuchberichtigung gem. § 894 BGB besteht nicht, denn der Inhalt des Grundbuchs stimmt mit der materiell-rechtlichen Eigentumslage überein. D hat von V wirksam Eigentum erworben, §§ 873, 925 BGB.



Anspruch aus § 888 BGB gegen D?

I. Der Erwerb des dinglichen Rechts bei D könnte relativ unwirksam sein gegenüber dem Vormerkungsberechtigten. Dann hätte dieser einen Anspruch gegen D auf Zustimmung zur Eintragung gem. § 888 BGB.

1. Die Übertragung des Grundstückseigentums hat wirksam stattgefunden, §§ 873, 925 BGB. Der Veräußerer V war auch verfügungsberechtigter Eigentümer, da die Veräußerung an K noch nicht vollzogen war.

2. Gegenüber G könnte der Erwerb aber relativ unwirksam sein gem. §§ 883 II BGB
Dann müsste G im Zeitpunkt des Erwerbs Inhaber einer wirksamen Vormerkung gewesen sein.

a) Eine Vormerkung ist zunächst zugunsten des K bewilligt worden.

b) G könnte also höchstens von K die Rechte an der Vormerkung erworben haben. Eine selbständige Übertragung der Vormerkung ist nicht möglich, da die Vormerkung streng akzessorisch zur gesicherten Forderung ist. Möglich ist aber der Übergang der Vormerkung im Wege der Abtretung der gesicherten Forderung gem. § 398 BGB nach Maßgabe des § 401 BGB analog. Die Vormerkung würde dann der abgetretenen Forderung nachfolgen.

Dann müsste die Forderung hier wirksam an G abgetreten worden sein, § 398 BGB.

Das setzte voraus, dass sich K und G über die Abtretung des Anspruchs des K gegen V aus dem Kaufvertrag gem. § 433 I BGB einig waren.

Eine Form ist nicht erforderlich, auch wenn die abgetretene Forderung aus § 433 I BGB hier auf einem formpflichtigen Rechtsgeschäft, nämlich dem Grundstückskaufvertrag, beruht. 

Hier war die Abtretung allerdings gegenstandslos, denn V hat den Kaufvertrag mit K angefochten gem. § 142 BGB. Dies hat die Folge der Nichtigkeit des Kaufvertrages mit Wirkung ex tunc. Eine Abtretung des Anspruchs an G ging damit ins Leere.

c) Die Forderung könnte aber gutgläubig erworben werden und damit auch die Vormerkung. Ein gutgläubiger Erwerb einer nicht existenten Forderung ist nur unter den engen Voraussetzungen des § 405 BGB möglich.

d) Die Vormerkung allein könnte jedoch von G gutgläubig erworben worden sein. Dies ließe sich ggfs. über § 892 BGB konstruieren. Der gutgläubige Erwerb der Vormerkung könnte abgelehnt werden, wenn diese zwar im Grundbuch eingetragen ist, die zu sichernde Forderung aber nicht besteht. Die Vermutung der Richtigkeit des Grundbuchs bezieht sich nur auf dessen Inhalt bezüglich dinglicher Rechte, nicht auf den Gutglaubensschutz bezüglich des Bestehens der zu sichernden Forderung. Diese kann nicht gutgläubig erworben werden, s.o.

Somit ist kein gutgläubiger Erwerb der Vormerkung durch G gem. § 892 BGB möglich.

e) Zwischenergebnis: G war damit im Zeitpunkt des Erwerbs durch D nicht Inhaber einer wirksamen Vormerkung. Das Rechtsgeschäft war damit auch nicht gegenüber G relativ unwirksam gem. § 883 II BGB.

II. Ergebnis: Es besteht kein Anspruch des G gegen D auf Zustimmung zu seiner Eintragung als Eigentümer ins Grundbuch aus § 888 BGB.

Ihr Team der Akademie Kraatz und der Assessor Akademie

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