Fallkonstellation (Was sind „Laserdromes“?)

So „Laserdromes“ sind große Spielhallenflächen, in denen ein weitläufiges Labyrinth mit hohen Stellwänden installiert wird, welches eine kriegerische Situation nachstellen soll. Durch Hindernisse, Tarnnetze, Nebeleffekte und Laserwaffen wird eine Atmosphäre hergestellt, in denen die Spieler einen authentischen Nahkampf simulieren. Die Bewaffnung hat dabei große Ähnlichkeit mit echten Maschinenpistolen. Mit ihnen soll auf die Mitspieler geschossen werden, denen auf ihren Tarnwesten technische Zielscheiben anhaften, durch die die Trefferzahl des gegnerischen Teams registriert wird. Durch diese Zielsetzung werden die Spieler veranlasst, auf Menschen zu schießen und eine Tötungssituation zu simulieren, es entstehen kriegsähnliche Spielsituationen, die Lust am Töten generieren. Die kriegerische Ausstattung und das realitätsnahe Zubehör tragen zu mehr Realitätsnähe bei. 

 

Wie lautet die Fallfrage bzw. der Bearbeitungsauftrag? 

In so gelagerten Fällen stellt sich meist die Frage danach, wie das Verwaltungsgericht über ein etwaiges Verbot eines Laserdromes entscheiden werde, nachdem eine örtlich zuständige Behörde den betreffenden Betrieb anlässlich von Anwohnerbeschwerden und eigener konkreter Bedenken untersagt hat. Meist wird zunöchst zwischen Behörde und Betreiber versucht, einen Kompromiss zu erzielen, bspw. dahingehend, dass das Tötungsspiel durch ein weniger gewaltsames eher sportlich ausgerichtetes Spiel ersetzt wird, welches eine ähnliche Wettkampfsituation erzeugen würde. Nur wenn diese Verhandlungen keine Früchte tragen, wird zu härteren Maßnahmen, etwa einer Betriebsuntersagung, gegriffen. Diese wird damit begründet, dass die „Tötungsanlage“ nicht mit der Menschenwürde vereinbar sei, auch wenn Tötungen nur simuliert werden. Das Spiel stelle eine Verherrlichung von Gewalt dar und eine Verletzung des inneren Friedens.
Der Betrieber der Anlage beantragt nach erfolglos durchgeführtem Vorverfahren erwartungsgemäß die Rücknahme der Untersagungsverfügung vor Gericht, damit er sein Gewerbe weiter fortsetzen könnte. 

 

Schwerpunkte des Falles

Im Schwerpunkt solcher Fälle steht die richtige Befugnisnorm für die Untersagungsverfügung des betreffenden Gewerbes und in diesem Zusammenhang die Menschenwürde als taugliches Schutzgut im Sinne des Gefahrenabwehrrechts (öffentliche Sicherheit). 
 


Falllösung hinsichtlich der Schwerpunkte des Falles

Zulässigkeit

Die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs unterliegt keinen Bedenken. Das Verwaltunsgericht ist sachlich zuständig. Das klägerische Begehren ist gerichtet auf die Aufhebung der Verbotsverfügung und des Widerspruchsbescheides, damit ist die Anfechtungsklage die statthafte Klageart, § 42 I 1. Alt. VwGO. Auch die besonderen Sachurteilsvoraussetzungen der Anfechtungsklage (Klagebefugnis, Vorverfahren, Klagefrist) sind erfüllt. 



Begründetheit

In der Begründetheit ist zu prüfen, ob der Verwaltungsakt (die Untersagungsverfügung) rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt, § 113 I 1 VwGO. Der Kläger könnte in seinen Grundrechten aus Art. 12 I und Art. 14 I GG verletzt sein, wenn die Verfügung objektiv rechtswidrig ist. 

Für die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes müsste zunächst eine einschlägige Rechtsgrundlage vorhanden sein, auf die die Behörde ihr Handeln stützt. Sodann müssten dessen Voraussetzungen in formeller und materieller Hinsicht vorliegen. 

 

Welche Rechtsgrundlagen kommen für die Untersagung des Laserdrome-Betriebs infrage? 

Die Behörde stützt ihr Handeln auf § 35 I 1 GewO, § 15 II GewO und § 17 ASOG. 

§ 35 I 1 GewO ist als Rechtsgrundlage nicht einschlägig, da die Vorschrift nicht anwendbar ist. Für den Laserdrome hat die Behörde eine Erlaubnis nach § 33i GewO zum Betrieb einer Automatenspielhalle erteilt. Eine solche Erlaubnis ist nach dem Gesetz zu versagen, wenn der Antragsteller unzuverlässig ist, § 33i II Nr. 1 iVm § 33c II Nr. 1 GewO. Ist die Erlaubnis dennoch erteilt worden, kann sie nach §§ 48 f. VwVfG zurückgenommen bzw. widerrufen werden. Die Vorschriften über Rücknahme (§ 48 I 1 VwVfG) und Widerruf (§ 49 II 1 Nr. 3 VwVfG) sind vorrangig gem. § 35 VIII GewO, da mit § 33i II Nr. 1, § 48 I 1 VwVfG, § 49 II 1 Nr. 3 VwVfG besondere Vorschriften vorhanden sind über den Entzug einer Gewerbeerlaubnis wegen Unzuverlässigeit, die die Anwendung von § 35 I 1 GewO sperren. 

Außerdem kann sich die Behörde darauf berufen, dass der Betrieb mangels der erforderlichen Genehmigung untersagt werden kann. Insoweit kann es sich auf § 15 II GewO stützen. Fraglich ist abere schon, ob sich die Behörde überhaupt auf mehrere unterschiedliche Ermächtigungsgrundlagen stützen kann. Dies ist zu bejahen, denn im Verwaltungsrecht kann eine Auslegung von behördlichen Erklärungen erforderlich werden, aus denen unterschiedliche Auslegungsergebnisse hervorgehen können. Vorliegend geht es aus Sicht der Behörde um die Gewerbeuntersagung. Es ist zulässig, wenn man eine Gewerbeuntersagung auch daraufhin überprüft, ob sie (wenn nicht auf Grundlage des § 35 I 1 GewO) ggfs. als Untersagungsverfügung Bestand haben kann gem. § 15 II GewO. Das nennt man Austausch der Rechtsgrundlage.
Allerdings liegen materiell die Voraussetzungen für eine Untersagung nach § 15 II GewO nicht vor, wenn eine Genehmigung vorliegt. Nur wenn ein Gewerbe ohne die erforderliche Genehmigung betrieben wird, kann es untersagt werden. Wenn ein Genehmigungsbescheid seitens der Behörde aber vorliegt und dieser auch nicht auf eine bestimmte Spielart beschränkt ist, kann die Behörde den Betrieb nicht unterbinden, da er nicht insgesamt illegal betrieben wird. Mit § 15 II GewO lassen sich eben nicht bestimmte Spielarten untersagen, sondern nur der Betrieb insgesamt, wenn dieser ohne Erlaubnis aufgenommen wurde. Deswegen ist auch § 15 II GewO nicht die einschlägige Rechtsgrundlage für die Gewerbeuntersagung. 


Da der Verwaltungsakt zum jetzigen Stand der Prüfung fehlerhaft wäre und einer Rechtsgrundlage mangelt, wäre die Maßnahme der Behörde eigentlich rechtswidrig. Es könnte jedoch im Wege der Umdeutung nach § 47 VwVfG die Fehlerhaftigkeit überwunden werden. Dann müsste die Behörde nicht nur die Begründung ihres Verwaltungsaktes ändern, sondern es durch eine ganz andere Maßnahme (sog. aliud) im Wege der Umdeutung ersetzen.  

Eine Umdeutung nach § 47 I VwVfG kann bei einem fehlerhaften Verwaltungsakt wie hier der Gewerbeuntersagung stattfinden, wenn die Ordnungsverfügung nach § 17 ASOG auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenen Behörde in der geschehenen Weise ordnungsgemäß hätte erlassen werden können und wenn die materiellen Voraussetzungen für den Erlass vorlägen. 

Problematisch erscheint in materieller Hinsicht, ob § 17 ASOG hier überhaupt anwendbar ist und ob damit letztlich das Verbot auch gerechtfertigt werden kann. 

Wegen § 1 I GewO könnte das Gewerberecht das allgemeine Gefahrenabwehrrecht sperren. Beschränkungen sollen nur auf der Grundlage der GewO ausgeprochen werden können. Allerdings weist die GewO für die durch das Lasergame auftretende spezielle Gefahr gar keine Reglementierungsmöglichkeit auf. Es handelt sich hierbei nämlich nicht um eine Gefahr, die allgemein von der Räumlichkeit auf die Nachbarschaft ausgeht, sondern um eine atypische Gefahr, die den oben beschriebenen Spielbetrieb als solchen betrifft. Diese Gefahr hat die GewO nicht bedacht. Inhaltlich unerwünschte Automatenspiele können also auf Grundlage der GewO nicht kontrolliert werden. Ein Rückgriff auf ads ASOG ist daher systematisch möglich. 

Fraglich ist, ob § 17 ASOG auch grundrechtlich als als Schranke für Art. 12 I GG und Art. 14 I GG einen Eingriff in diese Grundrechte rechtfertigen kann. 
Die ordnungsbehördliche Generalkkausel ist zwar geeignet, Inhalt, Zweck und Schranken des Eigentums zu konkretisieren. Aber es ist fraglich, ob damit eine berufsrechtliche Regelung getroffen werden kann, denn hier wird mit dem Rückgriff auf die Generalermächtigung eine gewerbliche Tätigkeit reglementiert.
Auch die Generalklausel muss in Hinsicht auf die Vielgestaltigkeit der Lebensgebiete als Gesetz die Berufsausübung regeln können, vgl. Gesetzesvorbehalt in Art. 12 I 2 GG. Zwar steht es im Widerspruch zum Gesetzesvorbehalt, ein so weites Gesetz als ausreichende Eingriffsgrundlage in die Berufsausübung anzuerkennen. Allerdings soll dies, zumindest solange noch keine neue gesetzliche Regelung zur Durchführung von Spielen in Laserdromes besteht, zulässig und möglich sein. Insofern ist die Generalklausel hier anwendbar.

Sie ist auch nicht mangels ausreichender Bestimmheit verfassungswidrig und damit ungültig. Sie bedarf zwar der Auslegung und Konkretisierung, aber wurde in jahrzehntelanger Entwicklung durch Rechtsprechung und Lehre nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend präzisiert, in ihrer Bedeutung geklärt ind im juristischen Sprachgebrauch verfestigt.

Die Generalklausel ist auch nicht als solche an Art. 12 GG zu messen, weil sie keine berufsregelnde Tendenz aufweist. Sie steht daher nicht im Widerspruch zur Berufsfreiheit und auch nicht zum Eigentumsschutz, da sie keine besondere, gegen die Eigentumsgarantie gerichtete Tendenz aufweist. 

 

Liegen die Voraussetzungen dieser Rechtsgrundlage vor? 

Für den Erlass der Ordnungsverfügung müsste eine drohende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung sowie die Ordnungspflichtigkeit des Betreibers vorliegen. 

Schutzgut der öffentlichen Sicherheit ist unter anderem das geschriebene Recht. Der Betreiber müsste also als Handlungshaftender gem. § 13 ASOG gegen eine Rechtsvorschrift verstoßen haben, an welche er gebunden ist. In Betracht kommt die Menschenwürde. Sie richtet sich in Form des Grundrechts nicht nur an den Staat, der diese Achten und schützen soll. Der Staat wird auch verpflichtet, mit hoheitlichen Mitteln Angriffe gegen die Menschenwürde, die von Privaten ausgehen, abzuwehren. DerbSchutz der Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG ist dfamit auch geschriebenes Recht, was den Betreiber als Privaten bindet, sodass es unter den Tatbestand der öffentlichen Sicherheit subsumiert werden kann.

Sodann ist zu entscheiden, ob die beschriebene Spielhandlung gegen die Menschenwürde verstößt. Art. 1 Abs. 1 GG ist ein tragendes Konstitutionsprinzip im System der Grundrechte, das den sozialen Achtungsanspruch des Menschen schützt und es verbietet, den Menschen als Objekt herabzustufen oder ihn einer herabwürdigenden Behandlung auszusetzen. Geschützt ist auch die Würde des Menschen als Gattungswesen, nicht nur die inividuelle Würde der Einzelperson. Auch die Spielhandlung könnte im Hinblick auf den Grundrechtsgehalt problematisch sein, denn der Staat schützt und garantiert die Würde des Menschen unabhängig davon, ob sie vom Staat oder von Privaten ausgeht. 

Hier wird bei den Spielern der Eindruck erzeugt, der Wert- und Achtungsanspruch könne in der Spielsituation geleugnet werden. So soll gerade das Vergnügen an Gewaltakten gegen Menschen verstärkt werden. Dadurch wird die Vorstellung von der Qualität des Menschen als bloßes Objekt erzeugt, dessen körperliche Integrität und Leben angreifbar ist. Auch die Ausstrahlungswirkung in die Gesellschaft, die von der Toleranz derartiger Spielarten ausgeht, riskiert eine Bagatellisierung von Krieg und Gewalt und kann potenziell die Wertvorstellungen in der Gemeinschaft verändern. Dafür ist es egal, ob die Gewalt tatsächlich nur inszeniert wird. 
Außerdem soll gerade auf den Menschen als Zielscheibe geschossen werden. Der Reiz des Spiels besteht im Vergnügen an simulierten Tötungshandlungen. Es werden kriegsähnliche Verhaltensmuster erzwungen, die durch entsprechendes Zubehör real wirken und den Anschein einer echten Kriegssituation erwecken.
In der Gesamtschau wird das Spiel dem Respekt vor der Menschenwürde nicht gerecht, es trivialisiert vielmehr die grundrechtlich in besonderem Maße geschützten Rechtsgüter wie das menschliche Leben. Das Spiel ist daher behördlich nicht zu dulden. Da die Werteordnung des Grundgesetzes nicht disponibel ist, ändern daran auch ein Einverständnis der Spieler nichts. 

Damit ist die öffentliche Sicherheit verletzt. Der Betreiber ist Störer iSd § 13 ASOG, zumindest aber Zweckveranlasser, da die Störung der Spieler ihm zuzurechnen ist, der diese Art des Spiels anbietet und billigend in Kauf nimmt.

Damit sind die Voraussetzungen für die Anwendung des § 17 ASOG erfüllt, eine Umdeutung kann stattfinden. Ermessen war aufgrund des Stellenwertes des Schutzes der Menschenwürde nicht eröffent, sodass eine Umdeutung ohne Ermessensausübung auch rechtmäßig stattgefunden hat. Der Verstoß gegen Art. 1 Abs. 1 GG muss zwangsläufig zum behördlichen Verbot führen, sodass das in § 17 ASOG eröffnete Ermessen auch im Hinblick auf die Berücksichtugung anderer Grundrechte auf null zu reduzieren war. 

Ergebnis: Die Betriebsuntersagung war als Ordnungsverfügung gestützt auf § 17 ASOG rechtmäßig. Der Betreiber ist nicht in seinen Grundrechten verletzt. Die Anfechtungsklage ist damit unbegründet.

Ihr Team der Akademie Kraatz und der Assessor Akademie 
 

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