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Was ist das Versammlungsrecht bzw. wo ist es geregelt?

Das Versammlungsrecht basiert auf dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit aus Art. 8 GG. Es wird durch das Versammlungsgesetz des Bundes (VersG) konkretisiert und beschränkt. Nachdem im Zuge der Föderalismusreform 2006 das Versammlungsrecht aus der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes herausgefallen ist, haben einige Länder ihre Ersetzungsbefugnis genutzt und bereits eigene Versammlungsgesetze erlassen (Versammlungsgesetze der Länder). Aus diesen Rechtsquellen leitet sich das ab, was wir allgemein als „Versammlungsrecht“ bezeichnen

 

Art. 8 GG

Art. 8 GG gewährleistet in sachlicher Hinsicht die Versammlungsfreiheit, d.h. das Recht, mit mehreren (mindestens zwei) Personen zusammenzukommen, um einen gemeinsamen Zweck zu verfolgen. Ob ein gemeinsamer Zweck im Einzelfall verfolgt wird, hängt davon ab, welche Kriterien an diesen Begriff gestellt werden.

Nach dem weiten Versammlungsbegriff sollen keine hohen Anforderungen an die inhaltliche Qualität des verfolgten Zwecks der Versammlung gestellt werden. Es reicht demnach jeder Zweck aus, um eine Ansammlung von Menschen, die deren Persönlichkeitsentfaltung dient, als eine Versammlung i.S.d. Art. 8 GG anzusehen.

Nach dem engen Versammlungsbegriff sollen Versammlungen vor allem politisch geprägt sein, so hatte der Verfassungsgeber bei der Konzeption des Art. 8 GG gerade an Demonstrationen, die öffentliche Angelegenheiten betreffen, gedacht. Damit werden bestimmte Ansprüche an die inhaltliche Qualität des Zwecks gestellt. Nur wenn diesen genügt ist, fällt die Zusammenkunft unter den Schutz des Art. 8 GG.

Das Bundesverfassungsgericht hat einen Kompromiss zwischen diesen beiden Begriffen herbeigeführt und festgestellt, dass die Versammlungsfreiheit zusammen mit der Meinungsfreiheit zu lesen sei. Damit muss der gemeinsame Zweck der Versammlung primär der Schutz der kollektiven Meinungsäußerung sein. Es ist dabei irrelevant, ob die Meinungen private oder öffentliche Angelegenheiten betreffen. Diese Auffassung erscheint vorzugswürdig

Der sachliche Schutzbereich wird durch den Verfassungstext dahingehend eingegrenzt, dass nur friedliche Versammlungen ohne Waffen in den Schutzbereich fallen.

Friedlich ist eine Versammlung dann nicht, wenn sie einen gewalttätigen und aufrührerischen Verlauf nimmt. Gewalt kann sich auch gegen Sachen richten, aber muss eine gewisse Aggressivität aufweisen. Aufrührerisch meint den aktiven Widerstand der Teilnehmer gegen Vollstreckungsbeamte. Das Verhalten Einzelner kann nicht der gesamten Versammlung zugerechnet werden. Es ist dann nur ihnen der Grundrechtsschutz zu versagen.

Ohne Waffen meint zum einen Waffen im Sinne des WaffG wie Stichwaffen, Stoßwaffen, Schlagwaffen oder Wurfwaffen. Auch erfasst sind gefährliche Gegenstände, die Menschen Verletzungen zufügen können und die erkennbar zu diesem Zwecke mitgeführt werden, bspw. Baseballschläger.

Zudem unterscheidet das Grundgesetz in Art. 8 GG zwischen Versammlungen unter freiem Himmel und in geschlossenen Räumen. Versammlungen unter freiem Himmel sind potenziell gefährlicher als solche in geschlossenen Räumen, weshalb sie stärker beschränkt werden können. Bei der Bewertung, ob eine Versammlung unter freiem Himmel stattfindet, kommt es nicht auf den Wortsinn an, sondern es ist zu prüfen, ob der Zugang zum Versammlungsort begrenzt ist.

In persönlicher Hinsicht können sich Deutsche auf das Grundrecht aus Art. 8 GG berufen. Wegen Art. 18 AEUV sollen sich aber auch EU-Ausländer auf das Deutschengrundrecht berufen können. Nicht-EU-Ausländer können sich allenfalls auf Art. 2 I GG berufen.

 

Das VersG

Das Versammlungsgesetz gilt im Gegensatz zu Art. 8 GG nur für öffentliche Versammlungen, vgl. § 1 VersG. Öffentliche Versammlungen sind für jedermann zugänglich. Demgegenüber stehen die nicht-öffentlichen Versammlungen, bei denen der Kreis der Teilnehmenden begrenzt ist. Letztere sind vom  Versammlungsgesetz nicht erfasst, Art. 8 GG nimmt diese Unterscheidung nicht vor.

 

Das Versammlungsgesetz - wichtige Befugnisse im Rahmen von Versammlungen

Die Polizei darf bei Versammlungen grundsätzlich nur auf Grundlage des Versammlungsgesetzes einschreiten. Dort gelten strengere Rechtfertigungsmaßstäbe für das Eingreifen in Versammlungen als in den weitreichenden polizeilichen Befugnissen der Landespolizeigesetze. Soweit das VersG also anwendbar ist, ist das Polizeirecht hinsichtlich etwaiger Maßnahmen im Zusammenhang mit Versammlungen gesperrt.



Wichtige Befugnisse, die sich aus dem VersG entnehmen lassen, sind:

Das Versammlungsverbot im Voraus (§ 15 I VersG),

die Durchführung der Versammlung unter Auflagen (§ 15 I VersG),

die Versammlungsauflösung (§ 15 III VersG).

 

(Minus-)Maßnahmen nach dem Polizeigesetz im Rahmen von Versammlungen

Eigentlich soll das VersG die Versammlungsteilnehmer vor unverhältnismäßigen Eingriffen bewahren. Der Rückgriff auf das Polizeirecht ist daher im Anwendungsbereich des strengeren VersG ausgeschlossen. Allerdings kann es in bestimmten Situationen statthaft sein, wenn im konkreten Fall eine polizeirechtliche Maßnahme milder ist als eine Maßnahme nach dem Versammlungsgesetz, mit der das selbe Ziel verfolgt wird. Es ist dann verfassungsrechtlich geboten, auf diese ebenso für die Erreichung des Zwecks geeignete sog. „Minusmaßnahme“ zurückzugreifen.

 

Wann ist das VersG nicht anwendbar?

Nicht nur bei Minusmaßnahmen, sondern auch in Situationen, wo das VersG schon gar nicht anwendbar ist. So gilt das VersG nicht für Maßnahmen im Vorfeld der Versammlung, wenn beispielsweise Durchsuchungen stattfinden. Hier ist das Polizeigesetz des jeweiligen Landes einschlägig. Auch nach Beendigung der Versammlung oder nach der Auflösung durch die Polizei greift das Polizeirecht. So können etwa Teilnehmer nach Ende der Versammlung nach Maßgabe des Polizeigesetzes vom Platz verwiesen werden.

Ihr Team der Akademie Kraatz und der Assessor Akademie

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