Zulässigkeit der Revision imvStrafrecht: Die Statthaftigkeitverständlich erklärt

01.07.2024 | von Hendrik Heinze



Der vorliegende Blogbeitrag behandelt die Statthaftigkeit der Revision gem. §§333 ff. StPO. Um bei der Wahl der Revision als richtiges Rechtsmittel nicht nur auf auswendig gelerntes Wissen zurückgreifen zu müssen, sondern auf ein systematisches Verständnis der Strafprozessordnung, ist eine ausgeprägte Kenntnis des strafprozessualen Instanzenzuges unumgänglich.
 

Die Revision (§ 333 StPO) im Strafrecht

Bei der Revision gem. §§ 333 ff. StPO findet eine Urteilsüberprüfung in bloß rechtlicher Hinsicht statt. Deswegen wird keine neue Tatsacheninstanz eröffnet, sondern es wird lediglich überprüft, ob das Urteil verfahrensrechtlich ordnungsgemäß zustande gekommen ist und ob das Gericht das materielle Recht richtig angewendet hat. Dies ist ein erheblicher Unterschied zu der Berufung gem. §§ 312 ff. StPO, bei der eine Urteilsüberprüfung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht stattfindet. In diesem Sinne wird eine neue Tatsacheninstanz eröffnet, bei der die Hauptverhandlung, einschließlich der Beweisaufnahme gem. §§244ff. StPO selbstständig neu durchführt wird. Nach § 323 III StPO besteht hierbei auch die Möglichkeit, neue Beweismittel in den Strafprozess einzuführen. Letztendlich erfolgt durch das Berufungsgericht eine neue Beweiswürdigung. Auf Grundlage des hierdurch festgestellten Sachverhalts nimmt das Berufungsgericht somit eine neue materiell-rechtliche Würdigung und eine neue Strafzumessung vor.


Die Zulässigkeit der Revision

Die Zulässigkeit der Revision hat den folgenden Aufbau, wobei die Statthaftigkeit der erste Prüfungspunkt ist:


Statthaftigkeit der Revision (§ 333 StPO)


Nach § 333 StPO ist die Revision gem. §§ 333 ff. StPO gegen erstinstanzliche Urteile und Berufungsurteile des Landgerichts (Strafkammern und Schwurgerichte) und gegen erstinstanzliche Urteile des Oberlandesgerichts statthaft.
 

Erstinstanzliche Zuständigkeit des Landgerichts

Nach § 74 I, II GVG sind bei Tatbestandsverwirklichungen mit einer Straferwartung von über 4 Jahren Freiheitsstrafe die Landgerichte erstinstanzlich zuständig. Nach § 76 I 1 Alt. 1 GVG entscheiden die großen Strafkammern in den Fällen des§ 76 II 3 Nr. 1–3 GVG durch 3 Berufsrichter und 2 Schöffen. Hierzu zählen insbesondere Entscheidungen der großen Strafkammern als Schwurgerichte gem. § 76 II 3 Nr. 1 GVG bei den in § 74 II 1 Nr. 1–29 GVG aufgezählten Tatbestandsverwirklichungen (z.B. Delikte mit Todesfolge, wobei bereits der Versuch dieser Taten oder die Teilnahme hieran ausreichend ist). Ebenfalls umfasst werden Entscheidungen der großen Strafkammern bei einer besonders komplizierten Sach- oder Rechtslage gem. §76II3Nr. 3 GVG, die v.a. bei einem besonders großen Umfang des Rechtsstreits, einer schwierigen Sachverhaltsaufklärung sowie umstrittenen Rechtsfragen anzunehmen ist. Nach § 76 II 4 GVG entscheiden die großen Strafkammern im Übrigen durch 2Berufsrichter und 2 Schöffen.


Landgericht als Berufungsgericht

Nach § 74 III GVG sind die Landgerichte bzgl. der Berufung gem. §§ 312 ff. StPO zuständig, wenn in der ersten Instanz ein Amtsgericht (Strafrichter oder Schöffengericht) zuständig war. Gemäß § 76 I 1 Alt. 2 GVG entscheiden die kleinen Strafkammern grds. durch 1Berufsrichter und 2 Schöffen. Nach § 76 VI 1 GVG entscheiden die kleinen Strafkammern hingegen durch 2Berufsrichter und 2 Schöffen, wenn in der ersten Instanz das Urteil eines erweiterten Schöffengerichts vorliegt.
 

Erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts

Bei Staatsschutzdelikten gem. § 120 I, II GVG und in Bestechungsfällen gem.§120b GVG sind die Oberlandesgerichte erstinstanzlich zuständig. Nach § 122 I GVG entscheiden die Strafsenate grds. durch 3 Berufsrichter. Gemäß § 122 II GVG wird über die Eröffnung des Hauptverfahrens in der ersten Instanz hingegen mit 5 Berufsrichtern entschieden. Mit der Eröffnungsentscheidung ist auch darüber zu beschließen, ob die Hauptverhandlung mit 3 oder 5 Berufsrichtern durchgeführt wird. Letzteres erfolgt dann, wenn die Hinzuziehung zweier weiterer Richter angesichts des Umfangs (z.B. aufgrund der Anzahl der Angeklagten und der angeklagten Delikte)oder der Schwierigkeit der Sache notwendig erscheint.


Statthaftigkeit der Sprungrevision (§ 335StPO)

Nach § 335 StPO ist die Sprungrevision gegen Urteile des Amtsgerichts statthaft. Bei der Sprungrevision wird dieBerufungsinstanz übersprungen.
 

Erstinstanzliche Zuständigkeit des Amtsgerichts

Nach § 24 GVG besteht eine Regelzuständigkeit der Amtsgerichte, wobei sie nicht auf eine höhere Strafe als von 4 Jahren Freiheitsstrafe erkennen dürfen. Gemäß § 25 Nr. 1 GVG entscheiden bei ihnen die Strafrichter im Hinblick auf Vergehen gem. § 12 II StGB, die im Wege der Privatklage gem. §§ 374 ff. StPO verfolgt werden, und gem. § 25 Nr. 2 GVG im Hinblick auf Vergehen, bei denen keine höhere Freiheitsstrafe als von 2 Jahren zu erwarten ist. Nach §§ 28, 29 I GVG liegt die Entscheidungsgewalt bei den Schöffengerichten. Gemäß § 29 I GVG bestehen die Schöffengerichte aus 1 Berufsrichter und 2 Schöffen. Nach § 28 GVG entscheiden sie bei Vergehen gem. § 12 II StGB, bei denen eine Freiheitsstrafe zwischen 2 und 4 Jahren zu erwarten ist und bei Verbrechen gem. §12 I StGB, bei denen keine höhere Freiheitsstrafe als von 4 Jahren zu erwarten ist. Nach §§ 28, 29 II GVG kann die Entscheidungsgewalt bei den erweitertenSchöffengerichten liegen. Nach § 29 II GVG bestehen die erweiterten Schöffengerichte aus 2 Berufsrichtern und 2 Schöffen. Eine derartige Besetzung kann durch das Amtsgericht bei einem besonders großen Umfang des Rechtsstreits auf Antrag der Staatsanwaltschaft gem. § 29 II 1 GVG beschlossen werden. Eines solchen Antrags bedarf es gem. § 29 II 2 GVG hingegen nicht, wenn ein Gericht höherer Ordnung (ggü. dem Schöffengericht ist das erweiterte Schöffengericht kein Gericht höherer Ordnung, sondern „nur“ das gleiche Gericht in erweiterter Besetzung: KG, NStZ-RR 2016, 119; OLG Hamm, MDR 1988,696; Karlsruher Kommentar zur StPO–Barthe, § 29 GVG Rn. 6) das Hauptverfahren vor dem Schöffengericht eröffnet (vgl. § 209 I StPO) und die Zuziehung eines zweiten Richters beschließt (KG, JR 1976, 209).
 

Anfechtbarkeit nichtiger Urteile durch die Revision

Auch nichtige und damit unwirksame Urteile können mit der Revision angefochten werden, da die Möglichkeit bestehen muss, den Rechtsschein der unwirksamen Entscheidung aufzuheben (Meyer-Goßner/Schmitt–Schmitt, Einl.Rn. 109).
 

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Hendrik Heinze Geschäftsführer der Assessor Akademie Kraatz und Heinze GbR

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