Der Darlehensvertrag – eine Einführung

02.10.2024 I Sophie Goldenbogen



In unserem heutigen Blogbeitrag wollen wir den Darlehensvertrag näher kennenlernen. Der Darlehensvertrag hat eine für die Examensklausur nicht zu unterschätzende Bedeutung. Denn das sogenannte Kreditsicherungsrecht kann entweder mit Hypotheken, Grundschulden und Pfandrechten, also mit dem Sachenrecht verknüpft werden, oder aber mit einer Bürgschaft und sonstigen schuldrechtlichen Fragestellungen, also mit dem Vertragsrecht.

Einführung

Eingangs sei erwähnt, dass es in diesem Blogbeitrag um den Darlehensvertrag für einen Geldbetrag geht, also um einen Darlehensvertrag im Sinne des § 488 BGB. Diesen sollte man klar unterscheiden können von dem sogenannten Sachdarlehensvertrag, der in § 607 BGB geregelt ist. Bei einem Sachdarlehensvertrag „leiht“ man einer anderen Person zum Beispiel einen Apfel. Die andere Person verspricht, wieder einen Apfel derselben Art und Güte zurückzugeben. Wir wollen heute aber darüber sprechen, dass eine Person einer anderen Person Geld „leiht“, wie man so schön sagt. Bekanntlich ist das aber dann keine Leihe im Sinne des § 598 BGB, denn bei einem Leihvertrag muss man ja genau die entliehen geliehene Sache wieder zurückgeben. Und damit sind wir eben bei unserem heutigen Thema: Der Gelddarlehensvertrag im Sinne des § 488 BGB.

Der Rückzahlungsanspruch

Alle Studierenden beherrschen seit dem ersten Semester die Prüfung eines Anspruchs des Verkäufers gegen den Käufer auf Zahlung des Kaufpreises (vgl. § 433 Abs. 2 BGB). Hierzu braucht man immer einen Kaufvertrag, das heißt zwei korrespondierende Willenserklärungen. Mehr nicht? Doch, der Anspruch muss natürlich jedenfalls immer auch fällig sein, was aber gemäß § 271 BGB immer der Regelfall ist. Genau das ist der entscheidende Unterschied beim Gelddarlehensvertrag. Schauen wir uns das an einem kleinen Beispielsfall an.

Fall

Der Darlehensnehmer N fragt seinen Kumpel, den Darlehensgeber G, ob er ihm nicht mal eben zwei Euro leihen könne. G erwidert: „Kein Problem“. Er gibt ihm großzügig die zwei Euro.
Frage: Hat G einen Anspruch auf Rückzahlung von zwei Euro?
Damit der G einen Anspruch auf Rückzahlung aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB hat, muss nicht nur ein Darlehensvertrag im Sinne des § 488 BGB abgeschlossen worden sein, was hier der Fall ist. Denn die Parteien haben sich darüber geeinigt, dass der N zwei Euro bekommt und konkludent wird natürlich gesagt, dass der N auch zwei Euro zurückzahlen soll. Zinsen hat der G netterweise nicht verlangt. Dass die beiden von einer Leihe sprechen, ist natürlich nur ein kleines Auslegungsproblem.

Die Fälligkeit

Damit ein Darlehensgeber die Darlehenssumme wieder zurückgezahlt bekommt, braucht er aber nicht nur ein Darlehensvertrag, sondern er muss selbstverständlich auch den Darlehensbetrag ausgezahlt haben. Damit haben wir schon zwei Prüfpunkte:
1. Darlehensvertrag,
2. Auszahlung des Darlehensbetrages

Jetzt stellt sich nur die entscheidende Frage: Wann ist eigentlich der Rückzahlungsanspruch fällig? Im Unterricht antworten die Studierenden jetzt meistens: „Na, sofort!“ Genau das ist der große Irrtum. Selbst wenn ein Freund einem anderen Freund am Kiosk zwei Euro leiht, kann der Darlehensgeber die zwei Euro, wenn nichts anderes vereinbart ist, erst zurückverlangen, wenn er das Darlehen „gekündigt“ hat. Das ergibt sich ganz eindeutig aus § 488 Abs. 3 Satz 1 BGB. Wenn man also nicht gesagt hat, dass man das Geld gleich am nächsten Tag wieder zurückhaben möchte, hängt die Fälligkeit des Anspruchs davon ab, dass man das Darlehen kündigt, was so viel bedeutet wie, dass man zum Ausdruck bringt, dass man das Geld zurückhaben will.
Aber selbst dann ist der Anspruch nicht sofort fällig, wie viele irrtümlich glauben. Aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB ergibt sich, dass die Kündigungsfrist grundsätzlich drei Monate beträgt. Das heißt nichts anderes, als dass der Schuldner (N) nach der Kündigung noch drei Monate Zeit hat, das Geld zurückzuzahlen. Das gilt selbst bei so mickrigen Beträgen wie in unserem Fall.

Kreditsicherheiten

In vielen Klausuren geht es nun darum, dass ihr im Rahmen einer Kreditsicherheit (Beispiele: Pfandrecht, Hypothek, Grundschuld) das Bestehen einer akzessorischen Forderung prüft. Hier müsst ihr also inzident den Rückzahlungsanspruch prüfen. Aber Achtung! Für die Entstehung einer Kreditsicherheit ist es gerade nicht erforderlich, dass der Rückzahlungsanspruch fällig ist. Aber man muss natürlich, wenn man die Sicherheit verwerten will, die gesicherte Forderung grundsätzlich durch eine Kündigung fällig stellen (Ausnahmen denkbar).

Verbraucherdarlehnsverträge

Schließlich wollen wir noch auf die Besonderheit des Verbraucherdarlehensvertrags im Sinne des § 491 BGB hinweisen. Bei einem Darlehensvertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher gelten nämlich ergänzend besondere Vorschriften. Klausurrelevant ist hier vor allem der § 492 BGB. Ein Verbraucherdarlehensvertrag muss die Schriftform einhalten. Die Besonderheit hierbei ist, dass nicht die Schriftform des § 126 BGB eingehalten werden muss. Demnach müssten die Parteien eigentlich beide auf demselben Dokument unterschreiben. § 492 Abs. 1 Satz 3 BGB macht hiervon einer Ausnahme, weil Antrag und Annahme hiernach durch die Vertragsparteien jeweils getrennt schriftlich erklärt werden können. Außerdem ist es von höchster Bedeutung, dass ihr wisst, dass bei einem Verbraucherdarlehensvertrag der Verbraucher ein Widerrufsrecht gemäß §§ 495, 355 BGB hat.

Fazit

Wir haben heute wichtiges Grundwissen zum Darlehensvertrag kennengelernt. Übrigens: der Darlehensvertrag, bei dem keine Zinsen verlangt werden, ist nur ein sogenannter „zweiseitiger“ Vertrag. Er ist insbesondere kein gegenseitiger Vertrag im Sinne der §§ 320 ff. BGB. Solche gegenseitigen/synallagmatischen Verträge sind nur dann gegeben, wenn die eine Seite etwas gibt, um auch etwas zu erhalten. Das ist aber beim Darlehensvertrag nur der Fall, wenn der Darlehensgeber Zinsen will, denn dann gibt er ja das Darlehen, um Zinsen zu erhalten. Auch der normale Leihvertrag ist aus diesen Gründen kein synallagmatischer Vertrag. Wenn ihr euch an die letzten Blogbeiträge erinnert, ist also vor allem der § 326 BGB nicht auf den Leihvertrag und den Darlehensvertrag ohne Zinsabrede anwendbar.
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Sophie Goldenbogen
 


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