Die Rechte des Käufers: Die Struktur der Gewährleistungsrechte und des Schadenersatzes

17.01.2025 I freilassen



Das Kaufrecht gehört zweifellos zu denjenigen Rechtsgebieten im Zivilrecht, das einem am häufigsten in Studium und Prüfungen begegnet. Gleichzeitig hat das Kaufrecht natürlich auch für jeden privat eine gewisse Relevanz, da man sich ja im Grunde fast täglich eine Sache kauft. Während im Alltag (hoffentlich) meistens weniger die eigenen gekauften Gegenstände bemängelt werden, kommt eine kaufrechtliche Zivilrechtsklausur im Grunde nicht umhin, dass die vom Käufer gekaufte Sache mangelhaft ist und der Käufer sich dann fragt, inwiefern er Gewährleistungsrechte hat. Die Ausgangslage ist also oft die gleiche: Käufer K kauft beim Verkäufer V eine Sache und nimmt sie mit nach Hause. Welche Rechte hat nun ein Käufer, wenn er zu Hause feststellt, dass die Sache mangelhaft ist. Um dieses Thema soll es heute in unserem Beitrag gehen.

Gewährleistungsrechte

Im Unterricht stellt man immer wieder fest, dass die Studierenden auch bis in hohe Semester nicht genau wissen, was eigentlich die Gewährleistungsrechte bei einem Kaufvertrag sind. Im Unterricht macht man sich daher manchmal den Spaß und bittet den Teilnehmer in einfachen Worten zu beschreiben, welche Rechte man hat, wenn man eine mangelhafte Sache gekauft hat. Schließlich stellt man zum Beispiel die Frage, wann denn ein Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten kann. Zur mehr oder weniger großen Überraschung bekommt man dann oft zu hören, dass der Käufer zurücktreten kann, wenn die Nacherfüllung zweimal fehlgeschlagen ist. Das ist natürlich ein fataler Irrtum. Im Übrigen sind auch die sonstigen Zusammenhänge von Minderung und Schadensersatz oft nicht hinreichend deutlich verstanden worden.

Überblick und Aufbau

Im Grunde kann man die Gewährleistungsrechte in einfachen Worten wie folgt zusammenfassen: Wenn ein Käufer eine mangelhafte Sache kauft, dann hat er in allererster Linie einen Anspruch auf Nacherfüllung.


Für diesen Anspruch auf Nacherfüllung gemäß §§ 437, 439 BGB braucht man also einen Kaufvertrag und eine mangelhafte Sache. Jeder weiß: Die Sache muss natürlich bei Gefahrübergang mangelhaft gewesen sein. Preisfrage: Ist hiermit eigentlich die Leistungsgefahr oder die Preisgefahr gemeint? Wenn du dir nicht mehr sicher bist, schau doch mal in unserem Beitrag über das Unmöglichkeitsrecht vorbei! Mit Gefahrübergang an unserer Stelle der Prüfung meint man den Preisgefahrübergang und er sagt im Grunde folgendes: Die Sache muss natürlich grundsätzlich gem. § 446 S. 1 BGB bei der Übergabe der Sache an den Käufer bereits mangelhaft gewesen sein. Wenn ein Gegenstand nach der Übergabe i.S.d. § 446 S. 1 BGB mangelhaft wird, weil z.B. der Käufer die Sache fallen lässt und deshalb die Sache nicht mehr funktioniert, hat natürlich der Käufer keine Gewährleistungsrechte gegen den Verkäufer, weil die Sache ja im „Gefahrenbereich“ des Käufers kaputt bzw. mangelhaft wurde. Vorläufiges Zwischenergebnis: Den Anspruch auf Nacherfüllung hat ein Käufer, wenn die Sache bei Gefahrübergang mangelhaft ist.


So weit, so gut. Der Käufer ist jetzt zum Verkäufer hingegangen und hat um Nacherfüllung gebeten, der Verkäufer verweigert aber die Nacherfüllung. Was kann ein Käufer als Nächstes tun? Und die einfache Antwort lautet: Er kann jetzt entweder mindern oder zurücktreten. Aus Sicht des Käufers ist der Unterschied von Minderung und Rücktritt nur jener, ob er die Sache in seinem mangelhaften Zustand behalten will und stattdessen nur einen Teil seines Kaufpreises wiederbekommt oder, ob er die Sache zurückgibt und den gesamten Kaufpreis im Gegenzug erhält. Aus Sicht der Bearbeiter ist der ganz entscheidende Unterschied zwischen Minderung und Rücktritt in der Prüfung der Voraussetzungen jetzt aber, und das wird ausgesprochen oft übersehen, dass der Rücktritt nur dann möglich ist, wenn der Mangel nicht unerheblich ist. Das steht so in § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB. Die Minderung verweist in § 441 Abs. 1 BGB auf den Rücktritt. Dort steht „statt zurückzutreten“. Das bedeutet, dass dieselben Voraussetzungen wie für den Rücktritt vorliegen müssen. Aber § 441 Abs. 1 Satz 2 BGB stellt klar: Der Ausschlussgrund des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB greift bei der Minderung gerade nicht. Die Voraussetzungen von Minderung und Rücktritt sind also die gleichen, der Unterschied ist nur, dass beim Rücktritt dieser Ausschlussgrund greift und natürlich sind auch die Rechtsfolgen unterschiedlich.

Zwischenergebnis

Das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht verfolgt also einer stufenweise Reihenfolge. Für die Nacherfüllung braucht man eine mangelhafte Sache, für die Minderung noch zusätzlich den Fristablauf und für den Rücktritt noch zusätzlich die Erheblichkeit des Mangels.

Diese drei Ansprüche und Rechte stellen die verschuldensunabhängigen Rechte und Ansprüche eines Käufers dar. Das bedeutet, dass grundsätzlich ein Verkäufer nicht verweigern kann, diese Rechte zu gewähren.

Die weiteren Rechte

Dem Käufer stehen aber sogar noch weitere Rechte zu, wenn sich der Verkäufer für die mangelhafte Leistung oder das Ausbleiben der Nacherfüllung nicht exkulpieren kann. Dann stehen dem Käufer noch Ansprüche auf Schadens- oder Aufwendungsersatz zu. Typischerweise sollte man hier an den Schadensersatz statt der Leistung, sowie an den Schadensersatz statt der ganzen Leistung denken. Der Unterschied zwischen den beiden Ansprüchen ist der gleiche wie der Unterschied von Minderung und Rücktritt.
Der Schadenersatzanspruch statt der Leistung hat zur Folge, dass der Käufer die mangelhafte Sache behält. Weil der Mangel auch im Rahmen einer Fristsetzung nicht behoben wurde, bekommt er den Schaden ersetzt, der z.B. entstanden ist, weil der Käufer die Sache jetzt von jemand anderem reparieren lässt. Der Schadensersatz statt der Leistung ist insofern der große Bruder beziehungsweise die große Schwester der Minderung: Der Käufer behält die mangelhafte Sache, aber lässt sie von einer anderen Person reparieren.

Der Schadensersatzanspruch statt der ganzen Leistung hingegen ist der große Bruder beziehungsweise die große Schwester des Rücktritts. Der Käufer will also die mangelhafte Sache zurückgeben, weil die Sache trotz der Chance zur Nacherfüllung für den Verkäufer immer noch mangelhaft ist. Wie beim Rücktritt will der Käufer die Sache zurückgeben und seinen Kaufpreis wiederhaben. Aber weil er zum Beispiel den Gegenstand, den er wollte, nun woanders teurer kaufen muss, will er von dem Verkäufer zusätzlich die Mehrkosten für dieses Deckungsgeschäft. Der Schadenersatz statt der ganzen Leistung erinnert uns also an den Rücktritt. Und was war noch mal der entscheidende Unterschied zwischen Minderung und Rücktritt? Beim Rücktritt durfte der Mangel gemäß § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB nicht nur unerheblich gewesen sein. Und siehe da, ein Käufer hat den Schadensersatzanspruch statt der ganzen Leistung bei einer Schlechtleistung gemäß § 281 Abs. 1 Satz 3 BGB auch nur dann, wenn die mangelhafte Leistung nicht unerheblich mangelhaft war.

Der Dritte im Bunde: Schadenersatz neben der Leistung

Von den zwei Ansprüchen auf Schadensersatz statt der Leistung und dem Schadensersatz statt der ganzen Leistung zu unterscheiden ist der Anspruch des Käufers auf Schadensersatz neben der Leistung. Von einem Schadensersatzanspruch neben der Leistung werden in Kaufrechtsklausuren in aller Regel solche Schäden erfasst, die, unabhängig von einer etwaigen Nacherfüllung bereits endgültig, kausal-adäquat, durch die mangelhafte Leistung verursacht wurden.

Ein Beispiel: Der Verkäufer V liefert dem K eine mangelhafte Mikrowelle. Bei der Inbetriebnahme explodiert die Mikrowelle und verursacht Schäden an der Küche des K. Der Käufer hat hier gegen den Verkäufer unter Umständen einen Anspruch auf Schadensersatz neben der Leistung gemäß §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB. Neben der Leistung bedeutet nämlich, dass der Käufer daneben noch eine neue Mikrowelle über seinen Nacherfüllungsanspruch bekommen kann. Natürlich muss der Verkäufer den Schaden an der Küche nur dann ersetzen, wenn er für die mangelhafte Leistung verantwortlich war, woran meistens die Ansprüche scheitern, da ja ein Verkäufer in aller Regel nichts für die Qualität der Produkte kann, sondern der Hersteller der Ware.

Fazit

Wir sehen: Eigentlich sind die Ansprüche eines Käufers gegen einen Verkäufer recht übersichtlich, wenn es darum geht, sich vor Augen zu halten, was der Käufer verlangen kann. Etwas schwieriger sind noch die Fragen rund um den Aufwendungsersatz des Käufers gemäß § 284 BGB. Auf den Aufwendungsersatz werden wir jedoch erst in einem gesonderten Beitrag eingeben. Wenn ihr diesen und viele andere Beiträge zu spannenden und examensrelevanten Themen nicht verpassen wollt, dann abonniert doch unseren Newsletter.
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Sophie Goldenbogen
 


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