Grundlagen des Grundstückrechts


14.02.2025I Sophie Goldenbogen

In unserem heutigen Blogbeitrag sehen wir uns ein paar Grundlagen des Grundstückrechts an. Insbesondere soll es um die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zum Immobiliarsachenrecht gehen. Das hilft dabei, verknüpft zu lernen und das BGB langfristig als geschlossenes System zu begreifen. Außerdem wollen wir an einen unserer letzten Beiträge anknüpfen und uns das Anwartschaftsrecht im Vergleich zur Vormerkung genauer ansehen. Als wir dort nämlich das Wesen des Anwartschaftsrechts am Eigentum kennengelernt haben, wurde darauf verwiesen, dass die Vormerkung im Grundstücksrecht eine ganz ähnliche Wirkung hat wie das Anwartschaftsrecht: Die Vormerkung ist ein Sicherungsrecht. Nach dem heutigen Blogbeitrag könnte also einiges klarer sein, in Bezug auf Übereignung von Grundstücken und den Schutz vor Zwischenverfügungen im Grundstücksrecht.

Die Basics

Die meisten Studierenden kennen den Prüfungsaufbau einer Übereignung einer beweglichen Sache gemäß § 929 S.1 BGB:

Die Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache setzt also einen dinglichen Vertrag voraus und einen Publizitätsakt. Im Grundstücksrecht ist das ganz ähnlich. Zur Übertragung von Eigentum an einem Grundstück braucht man auch eine dingliche Einigung. Gem. § 925 BGB nennt man diese Einigung auch Auflassung. Die Auflassung muss entgegen verbreiteter Ansicht übrigens nicht notariell beurkundet werden. Gemäß § 311b Abs. 1 S.1 BGB muss ein Kaufvertrag notariell beurkundet werden, nicht aber die dingliche Einigung. § 925 BGB schreibt nur vor, dass die zwei dinglichen Übereignungserklärungen gleichzeitig vor einem zum Beispiel Notar als zuständiger Stelle i.S.d. § 925 Abs. 1 BGB abgegeben werden. Der Notar muss die Erklärungen ausdrücklich nicht beurkunden. An dieser Stelle sei aber erwähnt, dass in der Praxis natürlich mit dem Kaufvertrag in der ganz überwiegenden Regel auch die Auflassung in einer Urkunde notariell beurkundet wird. Das hat zwei Gründe: zum einen kann man durch die notarielle Beurkundung gemäß § 873 Abs. 2 BGB eine Bindungswirkung für die Auflassung erzeugen. Die Parteien können dann bis zur Eintragung des neuen Eigentümers ihre Auflassungserklärungen nicht mehr widerrufen. Aus dem beweglichen Sachenrecht kennen wir den Prüfungspunkt „Einigsein bei Übergabe“. Wenn nämlich der dingliche Übereignungsvertrag und die Übergabe der Sache zeitlich auseinanderfallen, kann man die dingliche Erklärung im Sinne des § 929 S. 1 BGB noch widerrufen. Im beweglichen Sachenrecht gibt es also grundsätzlich eine freie Widerrufbarkeit der Erklärung. (Bitte nicht mit den schuldrechtlichen Willenserklärungen verwechseln, dort gibt es eine solche Möglichkeit natürlich nicht, bzw. nur sehr eingeschränkt, siehe § 145 BGB).
Mit der Beurkundung der Auflassung kann man also verhindern, dass die dingliche Willenserklärung noch einmal widerrufen wird.
Der eine Grund für die notarielle Beurkundung der Auflassung ist also eine gewisse Rechtssicherheit. Der zweite Grund, weshalb man praktischerweise beim Notar nicht nur den Kaufvertrag notariell beurkunden lässt, sondern zeitgleich auch die dinglichen Auflassungserklärungen liegt darin, dass das Grundbuchamt gem. § 29 GBO die Eintragung des neuen Eigentümers nur vornimmt, wenn ihm die Auflassung öffentlich beglaubigt wurde. Wenn man also die Auflassung zwar formgerecht im Sinne des § 925 BGB vor dem Notar abgibt, sie aber nicht notariell beurkunden lässt, muss man sozusagen noch mal zum Notar, damit dann die erstrebte Eintragung vom Grundbuchamt vorgenommen wird. Das wäre wenig ökonomisch.
Wir sehen: Zur dinglichen Einigung im Rahmen einer Übereignung eines Grundstücks gibt es wesentlich mehr zu sagen als bei der Übereignung einer beweglichen Sache.
Die zweite Gemeinsamkeit ist ferner das Erfordernis eines Publizitätsaktes. Dieser Punkt dient dazu, den Eigentümerwechsel anhand eines Realaktes sichtbar zu machen. Im beweglichen Sachenrecht ist das die Übergabe. Grundstücke können zwar auch übergeben werden, § 873 Abs. 1 BGB legt aber fest, dass die Umtragung der Rechtsposition im Grundbuch der entscheidende Realakt ist. Das bedeutet: Der alte Eigentümer wird aus dem Grundbuch gestrichen und der neue Eigentümer wird eingetragen.
Als Nächstes prüft man auch bei der Übereignung eines Grundstücks das Einigsein im Zeitpunkt der Eintragung, wobei dieser Prüfung wegfällt, wenn die Auflassung bereits gemäß § 873 Abs. 2 BGB die Bindungswirkung erzeugt hat.
Als Letztes prüft man natürlich, wie bei jeder Verfügung, die Berechtigung des Verfügenden. Verfügungsbefugt ist natürlich nur der Eigentümer oder der vom Eigentümer gemäß § 185 BGB Ermächtigte.

Die Vormerkung

Während bei der Übereignung einer beweglichen Sache zwischen der dinglichen Einigung und dem Publizitätsakt (Übergabe) oft nicht viel Zeit vergeht, vergehen im Grundstücksrecht zwischen der Auflassung und der Eintragung oft mehrere Monate. In dieser Zeit ist der Verkäufer natürlich noch Eigentümer des Grundstücks. Und wir erinnern uns an viele Probleme aus dem beweglichen Sachrecht: Als Eigentümer kann der Verkäufer in dieser Zwischenzeit noch eine oder mehrere weitere Verfügungen treffen. So auch im Grundstücksrecht. Er kann sich also noch mal mit einem anderen Käufer treffen und bei einem Notar einen Kaufvertrag schließen und die Auflassung erklären. Diese Verfügung nennt man Zwischenverfügung.

In einem der letzten Beiträge haben wir gelernt, dass man sich im beweglichen Sachenrecht vor so einer Zwischenverfügung nur dadurch schützen kann, dass man sich bereits ein Anwartschaftsrecht an der Sache geben lässt. Man lässt sich also die bewegliche Sache unter der aufschiebenden Bedingung übereignen, dass die letzte Rate gezahlt wird. Dadurch greift zugunsten des Erwerbers der § 161 Abs. 1. BGB. Der beschreibt, dass jede weitere Verfügung im Falle des Bedingungseintritts unwirksam ist. Im Grundstücksrecht geht das so nicht. Denn man kann sich das Eigentum an einem Grundstück nicht unter einer aufschiebenden Bedingung übertragen lassen. Das stellt § 925 Abs. 2 BGB klar. Im Grundstücksrecht muss man sich stattdessen eine Vormerkung i.S.d. § 883 BGB geben lassen. Auch im Grundstücksrecht dient die Vormerkung als Sicherungsrecht des Käufers, dass er garantiert Eigentümer wird. Die Vormerkung sichert gemäß § 883 Abs. 1 BGB den schuldrechtlichen Anspruch des Käufers auf Übereignung des Grundstücks. Denn wir sehen in § 883 Abs. 2 BGB eine dem Wortlaut des § 161 Abs. 1 BGB sehr ähnliche Formulierung:

„Eine Verfügung, die nach der Eintragung der Vormerkung über das Grundstück oder das Recht getroffen wird, ist insoweit unwirksam, als sie den Anspruch vereiteln oder beeinträchtigen würde. Dies gilt auch, wenn die Verfügung im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch den Insolvenzverwalter erfolgt.“

Wer also auf ein Grundstück vorgemerkt ist, dem kann quasi nichts passieren. Denn selbst wenn jetzt ein Verkäufer in der Zeit, in der der Käufer auf seine Eintragung als Eigentümer wartet, an einen anderen übereignen will und dieser nächste Erwerber sogar vorher in das Grundbuch als neuer Eigentümer eingetragen wird, so bestimmt § 883 Abs. 2 BGB, dass diese Verfügung letztlich für den Erstkäufer keine Gültigkeit hat. Stattdessen kann dieser Käufer viel mehr über § 888 BGB von dem anderen Erwerber, dem eingetragenen Eigentümer, die Zustimmung zur Umtragung verlangen.

Übrigens: In aller Regel hat in so einer Konstellation der Grundbuchbeamte einen Fehler gemacht. Wenn der zweite Käufer als Eigentümer eingetragen wurde und damit zunächst einmal wirksam Eigentümer wurde, so wurde der unter Umständen früher gestellte Antrag des ersten Käufers offensichtlich übersehen. Denn gemäß § 17 GBO soll ein Grundbuchbeamter grundsätzlich die gestellten Anträge in der Reihenfolge des Eingangs abarbeiten.

Fazit

Im Grundstücksrecht braucht man ein gewisses Verständnis für die Abläufe im Grundbuch. Was wird wann eingetragen und wieso. Was kann nicht eingetragen werden. Wo können Fehler passieren? Das Grundstücksrecht weist ferner viele Überschneidungen zum beweglichen Sachenrecht auf, aber gerade die Unterschiede sind von großer Bedeutung. In der Examensvorbereitung beschäftigt man sich mit dem Immobiliarsachenrecht oft erst ganz zum Schluss, es empfiehlt sich aber auch für diesen Themenbereich genug Zeit einzuplanen. Wenn ihr über aktuelle Fragen rund um das Grundstücksrecht informiert sein möchtet, abonniert gerne unseren Newsletter.
Solltet Ihr Euch im Zivilrecht noch nicht examensreif fühlen, oder während des Studiums merken, dass etwas Unterstützung nicht schaden könnte, dann vereinbart gerne einen kostenlosen Probetermin. Unsere erfahrenen Dozenten der Kraatz Group, Akademie Kraatz und der Assessor Akademie stehen Euch vom Grundstudium bis zum 2. Staatsexamen mit Rat und Tat zur Seite.

Sophie Goldenbogen
 


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