Unbedingt vermeiden! Häufige und typische Fehler in Jura-Klausuren

10.07.2024 | von Dr. Robert König

Kein Gutachtenstil & Co.: Vermeide diese Fehler in Deiner Jura Klausur

Im Nachgang möchte ich Dir einige gängige und mitunter gravierende "Patzer präsentieren, die Studenten der Rechtswissenschaften in Zwischenprüfungen, Hauptstudiumsklausuren, im Schwerpunktbereich und auch noch im Staatsexamen besonders häufig passieren.
Damit Du von Beginn an solche Fauxpas vermeiden kannst, möchte ich Dir anhand von Beispielen einschlägige Fehler verdeutlichen. Ich drücke Dir die Daumen für Deine nächste Klausur!

Den Sachverhalt ignorieren

Eine Klausur im Öffentlichen Recht und dann der Schock: Drei Seiten klein geschriebener Text und darunter noch jede Menge unbekannter, exotischer Normen. Gerade im öffentlichen Recht sind komplexe Sachverhalte keine Seltenheit. Viele Prüflinge werden dann schludrig und ignorieren Informationen aus dem Sachverhalt bei der Klausurlösung.
Die Hauptaufgabe eines guten Klausurbearbeiters besteht darin, viele konkrete Sachverhaltsumstände in die eigene Lösung zu integrieren. Alle Angaben im Sachverhalt haben ihren Sinn und gerade im Ersten Staatsexamen ist nichts davon überflüssig. Das gilt neben dem Öffentlichen Recht auch für das Strafrecht und das Zivilrecht.

Sachverhaltsquetsche

Ein ebenso schlimmer Fehler im Hinblick auf den Sachverhalt ist die sog. Sachverhaltsquetsche. Manche Klausurbearbeiter überdehnen die erlaubte sog. lebensnahe Sachverhaltsauslegung und schaffen sich munter ihren eigenen Sachverhalt oder interpretieren Dinge hinein, die so nicht im Sachverhalt stehen. Dieser weitverbreitete Fehler führt häufig zu Klausuren, die unter dem Strich liegen. Mache es Dir vom ersten Semester an zur Devise, dass der Sachverhalt „gottgegeben“ und unabänderlich ist.

Bearbeitervermerk nicht beachten

Der Grund für einen äußerst ärgerlichen und besonders überflüssigen Fehler ist, dass die Bearbeiter und Bearbeiterinnen den Bearbeitervermerk nicht oder nicht hinreichend genau lesen. Dadurch werden Ansprüche, Tatbeteiligte oder Tatbestände untersucht, die vom Bearbeitervermerk nicht erfasst werden. Nicht nur, dass dies fehlerhaft ist, sondern es verursacht auch noch Zeitverlust.
Tipp: Gewöhne es Dir von Anfang des Studiums an, zuerst den Bearbeitervermerk und dann erst den restlichen Sachverhalt zu lesen. Schreibe Dir die wichtigsten Informationen aus dem Bearbeitervermerk als ersten Punkt in Deine Lösungsskizze.

Falsches Zitieren von Normen

Ein weiterer typischer Fehler ist das fehlende oder falsche Zitieren von Normen. Die Prüfer erwarten, dass man am Gesetz arbeitet. Daher musst Du immer diejenigen Normen zitieren, die Du gerade bearbeitest.
Anstelle von „A und B schlossen einen Kaufvertrag“ solltest Du daher „A und B schlossen einen Kaufvertrag nach § 433 BGB“ schreiben.
Ferner solltest Du darauf achten, die jeweiligen Normen möglichst genau zu zitieren.
Beliebter Fehler: „B könnte einen Anspruch gegen C gem. § 812 BGB haben.“ Dieser Satz ist höchst ungenau, da § 812 BGB mehr als eine Anspruchsgrundlage enthält. Korrekt wäre daher z.B. „B könnte einen Anspruch gegen C gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB haben.“

Falsche Verwendung des Gutachtenstils

Die fehlende oder fehlerhafte Anwendung des Gutachtenstils ist eine bedeutende Quelle für Fehler. Jeder Student sollte den Gutachtenstil beherrschen und ihn in der Klausur korrekt verwenden, da er das „Handwerkszeug“ des Juristen darstellt. 
 

Aufbau des Gutachtenstils

Der Gutachtenstil basiert auf einem Vierschritt.
1. Es muss zunächst ein Obersatz formuliert werden.
2. Alsdann folgt die Definition.
3. Darauf folgt die Subsumtion, die den im Sachverhalt festgelegten Ereignisablauf mit der Definition vergleicht.
4. Im abschließenden Schritt wird das Ergebnis ermittelt, d. h., ob das geprüfte Merkmal vorhanden ist oder nicht.


Der Gutachtenstil fehlt vielen Studenten schwer, da er sich stark von dem „normalen“ Sprachstil der Aufsätze des Abiturs unterscheidet. Da hilft nur eins: Von Anfang an viele Probeklausuren schreiben. In der Theorie gelerntes Wissen allein führt zu keiner guten Note in einer juristischen Klausur. Du musst dieses auch in der Klausur richtig anwenden können.

Verhältnis zum Feststellungs- und Urteilsstil

Der Gutachtenstil dient nicht als Selbstzweck, sondern dazu, problematische Punkte zu behandeln. Nur an diesen Punkten ist er vollständig anzuwenden. Falls etwas nicht problematisch ist, sollte man eine Formulierung im Feststellungsstil bzw. verkürzten Urteilsstil wählen. Zum Beispiel ist ein Handy ein physischer Gegenstand und somit eine Sache gemäß § 303 I StGB. Wer an dieser Stelle nicht den Feststellungsstil nutzt, sondern in den Gutachtenstil verfällt, zeigt mangelndes Problembewusstsein und eine falsche Schwerpunktsetzung. In den reinen Urteilsstil sollte man hingegen nicht verfallen.

Unvollständige Gliederung

Gliedere sauber und richtig. Üblich sind die Gliederungsebenen A. I. 1. a) aa) (1) (a). Um Deine Klausur nicht zu stark zu „zergliedern“, solltest Du auch möglichst wenige Ebenen nutzen.
Typischer Fehler: Auf a) folgt kein b). Öffne nur eine neue Gliederungsebene, wenn Du mindestens 2 Gliederungspunkte behandeln willst. Dies hört sich kleinlich an, aber die Erfahrung zeigt, dass fast alle Korrektoren hierauf achten.

Fehlerhafte Schwerpunktsetzung

Die fehlerhafte Schwerpunktsetzung ist einer der gravierendsten Fehler im Jurastudium und Examen. Kaum etwas langweilt den Korrektor mehr, als Ausführungen im Stil eines Lehrbuchs zu gänzlich unproblematischen Gesichtspunkten zu lesen. Unterlasse in diesem Kontext die sog. Kopflastigkeit. Viele Studenten neigen dazu, am Anfang einer Klausur möglichst viel abstraktes Wissen abzuladen, sodass diese kopflastig wird. Hingegen gilt: Je wichtiger ein Prüfungspunkt für die Klausur ist, desto ausführlicher musst Du ihn darstellen.
Die fehlerhafte Setzung von Schwerpunkten ist schon für sich genommen ein Fehler. Im Rahmen von Remonstrationen lese ich häufig in der Korrektur folgenden Satz: „Der Verfasser setzt keine Schwerpunkte“ oder „Die Verfasserin muss an ihrer Schwerpunktsetzung arbeiten“. Ferner führt eine fehlerhafte Schwerpunktsetzung dazu, dass Dir wertvolle Klausurzeit für die wesentlichen Punkte der Klausur am Ende fehlt.
Typischer Fehler: Die Zulässigkeit einer Klage umfasst als Faustregel selten mehr als 25 - 30 % einer Klausur im Öffentlichen Recht. Die Begründetheit bringt letztlich die Punkte, weshalb sie immer der Schwerpunkt der Klausur im Öffentlichen Recht ist. Daher ist es ein häufiger Fehler, wenn Bearbeiter mehr als 50 % ihres Gutachtens auf die Zulässigkeit verwenden.

Meinungsstreitigkeiten fehlerhaft darstellen

Im Bereich der Falllösung ist die Bearbeitung von umstrittenen Rechtsfragen die größte Schwierigkeit und am anspruchsvollsten. Viele Grundsemester (aber auch zum Teil noch Examenskandidaten) haben Schwierigkeiten, Meinungsstreitigkeiten auf eine saubere und verständliche Weise zu formulieren und in der Argumentation überzeugend zu lösen. Zu der korrekten Darstellung von Streitständen haben wir einen ausführlichen Artikel verfasst, den ich an dieser Stelle verlinke.

Äußere Form & Layout

Auf den ersten Blick mag es zwar unwichtig erscheinen, aber die Auswirkungen der äußeren Form auf den Korrektor sollten nicht unterschätzt werden. Die Korrektoren werden nicht nach Arbeitszeit, sondern pro Klausur bezahlt, sodass ihre Laune sinkt, wenn sie etwas nicht entziffern können. Allerdings können alle, die eine „Sauklaue“ haben (mich eingeschlossen), aufatmen: Das E-Examen  am Computer wird nach und nach in ganz Deutschland eingeführt.
Tipp: Setzte auch gelegentlich einen Absatz und nutze Überschriften, um den Lesefluss des Korrektors zu verbessern.

Sprachliche Ungenauigkeiten, Füllwörter, falscher Ausdruck & schlechte Rechtschreibung

Jura lebt von der Sprache und einer präzisen Ausdrucksweise unter Verwendung der Fachtermini. Dass dazu auch eine korrekte Rechtschreibung gehört, muss eigentlich nicht erwähnt werden.
  • Der „Wunsch“ nach gut formulierten Texten wird häufig durch Füllwörter („klar“, „zweifelsohne“), Floskeln, Schachtelsätze und zu viele Passiv-/Nominalsätze behindert. Jura ist kein „Labberstudium“, sondern lebt von Präzision und Genauigkeit. Nutze daher kurze, im Aktiv formulierte Sätze. Achte außerdem darauf, verständlich zu formulieren. Nichts ärgert einen Korrektor mehr, als wenn er unnötig viel Zeit auf das Entschlüsseln Deiner Klausurbearbeitung verwenden muss.
  • Umgangssprache sollte vermieden werden (z. B. „bekommen“ anstelle von „kriegen“; holprige Verben wie „tun“ und „machen“ vermeiden).
  • Eine ungenaue Beschäftigung mit der juristischen Terminologie deutet auf ein mangelndes Verständnis des Themas hin. An dieser Stelle sind die Prüfer besonders kleinlich. „Vertretenmüssen“ steht beispielsweise nicht für „Verschulden“! Und wer Besitz und Eigentum verwechselt oder gar das Abstraktionsprinzip missachtet, muss sich nicht über 2 Punkte wundern.
  • „Kreative Definitionen“: Es ist ein verbreiteter Fehler, im Eifer des Gefechts und unter Zeitdruck sich kreative Definitionen zu erfinden. Definitionen, allen voran im Strafrecht, müssen schlicht auswendig gelernt werden. Wenn Du z.B. bei dem Diebstahl gem. § 242 Abs. 1 StGB nicht die gängigen Definitionen bringst, führt das immer zu Punktabzügen.
  • Auch auf die Rechtschreibung und Kommasetzung musst Du achten; schließlich ist Deutsch die Gerichtssprache, vgl. § 184 GVG.

Fazit zu den häufigsten Fehlern in der Jura Klausur

Nur Übung macht den Meister. Schreibe von Anfang Deines Jurastudiums an möglichst viele Übungsklausuren. Wer dabei die hier aufgezeigten Fehler vermeidet, ist jedenfalls auf dem richtigen Weg hin zu einem guten Examen.
Damit Du dieses Ziel erreichst, stehen Dir die Kraatz Group, die Akademie Kraatz (Jurastudium & 1. Examen) und die Assessor Akademie (2. Examen) mit unserer effektiven Individual Jura Nachhilfe stets zur Seite. Ruf uns gerne an für einen kostenlosen Beratungstermin und überzeuge Dich selbst!

Dr. Robert König
Geschäftsführer Jura Essentials Verlag

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