In unserem früheren Beitrag Möglichkeiten und Engagement an der juristischen Fakultät haben wir Sie bereits über eine handvoll fachspezifische Möglichkeiten informiert, wie und in welchem Rahmen Sie sich neben Studium sinnvoll beschäftigen bzw. an Ihrer Fakultät einbringen können. In diesem Beitrag soll es um ein weiteres renommiertes Angebot von Jurafakultäten gehen, was seiner Komplexität wegen im Folgenden skizzenartig
erklärt wird. 

Im Laufe Ihres Jurastudiums werden Sie sicherlich immer wieder mitbekommen (haben), wie in Vorlesungen durch Professorinnen und Professoren, AG-Leiterinnen und AG-Leiter oder juristische Vereine dafür geworben wird, sich für so genannte „Moot Courts“ zu bewerben. Doch was verbirgt sich hinter dem Begriff und warum gibt es dieses Veranstaltungsformat für Jurastudenten?

 

Was ist ein Moot Court?

Bei einem Moot Court wird eine Verhandlung vor Gericht simuliert. Das Simulieren von Gerichtsverhandlungen als Praxiserfahrung für angehende Juristinnen und Juristen wird als „Mooting“ bezeichnet. Die Teilnehmer, also Jurastudenten (oftmals)  beliebiger Fachsemester, werden in diesem Zusammenhang als „Mooties“ bezeichnet und treten in kleinen Teams vor Gericht im Wettbewerb gegeneinander an.

 

Wer ist in ein Moot Court involviert?

Für gewöhnlich sitzen einem Moot Court mehrere Richterinnen und Richter vor, die sich ehrenamtlich dazu bereiterklären, den fingierten Streit vor Gericht zu entscheiden und ein Urteil zu fällen - und so gesehen auch ein Gewinnerteam auszuwählen. Die fiktiven oder realen Fälle, die von den Mooties in oft monatelanger Vorbereitung erarbeitet und verhandlungsreif aufbereitet worden sind, werden dementsprechend so konzipiert, dass potenziell sowohl die Seite des Kläger- als auch des Beklagtenteams den Sieg ergattern könnte. Das Siegerteam wird am Ende gekürt und erhält in aller Regel auch einen Preis für seine gute Performance vor Gericht.
Die Richterinnen und Richter sind oftmals Professorinnen und Professoren der Rechtswissenschaft auf dem den Moot Court betreffenden Rechtsgebiet, es können aber auch erfahrene Anwältinnen und Anwälte eingesetzt werden, die zu diesem Zwecke in die Rolle eines Richters schlüpfen, sowie sonstige Volljuristen mit entsprechender Expertise.
Ansonsten wird die Regie und das Rahmenprogramm des Moot Courts vom jeweiligen Organisatorenteam übernommen. Dies können z.B. lokale juristische Vereine sein, die regelmäßig ehrenamtlich Moot Courts organisieren und an den lokalen Jurafakultäten anbieten. Es haben sich aber auch eine Reihe von renommierten internationalen und englischsprachigen Moot Courts etabliert, die als Wettbewerbe zwischen Hochschulen weltweit Gerichtsverhandlungen austragen und Teams gegeneinander antreten lassen, wie beispielsweise der Willem C. Vis Moot Court oder der Price Media Law Moot Court.



Wer kann an einem Moot Court teilnehmen?

Die Teilnahme an einem Moot Court ist grundsätzlich für alle Studentinnen und Studenten der Rechtswissenschaft offen und freiwillig. Es ist nicht bei allen, aber zumindest bei den sehr beliebten größeren Moot Courts, die manchmal auch mit längeren Reisen, attraktiven Workshops und Wochenendausflügen verbunden sind (und im Übrigen auch abseits davon ein enorm hohes wöchentliches Arbeitsaufkommen mit sich bringen) erforderlich, sich förmlich mit einer Auswahl an Unterlagen zu bewerben und eventuell sogar entsprechende Bewerbungsgespräche mit den Moot Court Teams zu führen. Vielmals sind aber keine besonders hohen Hürden an die Teilnahme gestellt, da es eine Möglichkeit und ein zusätzliches Angebot für jede und jeden sein soll, eine Gerichtsverhandlung aus der Anwaltsposition mitzuerleben und zu gestalten sowie sein Auftreten vor Gericht zu üben bzw. mit Blick auf die spätere Berufsentscheidung auszutesten. Eine Grundvoraussetzung für die Teilnahme sollte aber in jedem Fall Ihre Motivation und Leistungsbereitschaft sein. Die Vorbereitung auf den Verhandlungstag ist aufwändiger als es sich der eine oder die andere im Vorhinein vorgestellt hat, weswegen Sie jedenfalls zu den angebotenen Terminen entsprechende  Informasionstreffen besuchen sollten, bei denen Sie die Möglichkeit haben werden, mit ehemaligen Teilnehmern, Organisatoren und Coaches über das Arbeitsaufkommen und die Kompatibilität mit ihrem individuellen Studienstandpunkt zu sprechen.

 

Was bringt die Teilnahme an einem Moot Court für Jurastudenten?

Nun stellt sich die Frage, weshalb Sie sich neben Ihrem ohnehin schon intensiven Jurastudium noch freiwillig mit einem Moot Court belasten sollten - dazu gehören  immerhin die Einarbeit in ein häufig unbekanntes Rechtsgebiet, die Ausarbeitung von Schriftsätzen, das Rhethoriktraining, zahlreiche Probeverhandlungen an der Uni und in Kanzleien sowie die Vorbereitung auf das mündliche Plädoyer. Schließlich müssen Sie am Ende auch noch in der Lage sein, das Erarbeitete vor Gericht überzeugend zu präsentieren, häufig in einer anderen Sprache. Viele Studentinnen und Studenten nehmen sich ganz und gar ein Semester frei oder zumindest mit Klausuren und Hausarbeiten stark zurück, um das ohnehin schon anspruchsvolle Studienpensum mit dem Moot Court ohne viel zusätzlichen Stress in Einklang bringen zu können. Wie Sie effizient arbeiten und die knappe Ressource Zeit in einem Studium wie dem der Rechtswissenschaft sinnvoll einsetzen, haben wir bereits in einem früheren Blogbeitrag für Sie dargestellt (Zeitmanagement im Jurastudium). Den Freischuss kann man an vielen Unis mit dem Vorweis einer Moot Court Teilnahme um ein Semester nach hinten verschieben.
Wozu nun aber der zusätzliche Stress?
Ein Moot Court ist eine wertvolle Erfahrung, die Sie von vielen Ihrer Kommilitonen, nämlich all denen, die in ihrer Studienzeit nicht an einem Moot Court teilgenommen haben, abhebt. Sie entwickeln sich in der Vorbereitung und vor allem im Wettbewerb und durch das Zusammentreffen mit anderen Teams persönlich weiter und lernen, zu argumentieren und was es bedeutet, andere von ihren juristischen Ansichten zu überzeugen. An der Uni lernen Sie, in der Theorie Sachverhalte zu lösen. Sie verfassen keine Schriftsätze und treten nicht vor Gericht gegen Ihren Klagegegner an. Wenn Sie die Möglichkeit einer Moot Court Teilnahme in Ihrem Studium nicht wahrnehmen, ist es sehr wahrscheinlich, dass Sie erst als Referendarinnen bzw. Referendare das erste Mal vor Gericht einem Richter gegenüber stehen und ihren Standpunkt vertreten werden. Die Möglichkeit, diese Erfahrung schon früher zu machen, bieten Ihnen Moot Courts im Rahmen seiner abschließenden Verhandlung, die meistens auch authentisch in einem echten Gerichtsgeböude simuliert wird.

 

Zusammenfassung 

Abschließend ist festzuhalten: Ein Moot Court bringt Sie juristisch, sprachlich und persönlich ohne Zweifel weiter. Sie lernen auch ihre Kommilitonen besser kennen und gewöhnen sich daran, juristische Sachverhalte als Team zu erschließen und zu diskutieren und nicht wie in Klausuren in sturer Einzelarbeit. Sie sollten sich allerdings früh genug mit den Rahmenbedingungen Ihrer Teilnahme auseinandersetzen und die Umstände auf die zusätzliche auf sie zukommende Belastung anpassen, damit Ihnen nicht Studium, Moot Court oder schlimmstenfalls beides zu irgendeinem Zeitpunkt über den Kopf wächst.

Annalena Horn

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